Wenn Süsses Wind macht
Bestimmte Zuckerarten können Blähungen auslösen. Mit dem neuartigen Fodmap-Konzept soll es möglich sein, die Peiniger aufzuspüren.
aktualisiert am 24. Oktober 2018 - 15:24 Uhr
Das Abendessen mit Freunden hat geschmeckt. Doch jetzt rumpelt und schmerzt der Bauch. Das vermiest die schöne Stimmung. Dann fragt man sich, was man denn noch essen kann.
Antworten gibt es vielleicht in Australien. Dort nimmt man an, dass bestimmte Zuckerarten, Fodmap genannt, Verdauungsprobleme auslösen. Fodmap ist die Abkürzung für fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide sowie Polyole. Gemeint sind Zuckerverbindungen wie Fruktose, Laktose und Zuckeraustauschstoffe wie Sorbit. Sie kommen in Nahrungsmitteln natürlich vor oder werden bei der Verarbeitung zugesetzt.
Fodmap werden im Dünndarm nicht verdaut, sondern im Dickdarm von Bakterien vergoren. Bei den meisten Menschen ist das problemlos. Andere reagieren mit Blähungen , Krämpfen, Völlegefühl, Durchfall oder Verstopfung. Das ist etwa beim Reizdarmsyndrom der Fall, einer ungefährlichen, aber belastenden Funktionsstörung. Oder bei Unverträglichkeit einiger Zuckerarten (siehe Infobox unten: «Das hilft gegen Blähungen»).
Mit dem Fodmap-Konzept spürt man die Auslöser auf. Zunächst verzichten Betroffene auf Nahrungsmittel, die viele der Zuckerarten enthalten. So lässt sich herausfinden, ob die Beschwerden nachlassen. Dann testet man, welche Lebensmittel in welchen Mengen verträglich sind.
«An dritter Stelle steht eine individuelle Langzeiternährung», sagt Fodmap-Spezialistin Beatrice Schilling aus Baden AG. Das heisst: die Beschwerden möglichst ohne Einschränkungen in den Griff bekommen. Eine ausgewogene, vielseitige Kost hilft.
Das klingt nach einem ausgeklügelten Plan und kann für Laien schwierig werden. Fodmap kommen in Lebensmitteln wie Äpfeln, Hülsenfrüchten oder Vollkornbrot vor. Wer sie länger weglässt, handelt sich unter Umständen Mängel ein. Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (SGE) empfiehlt, sich von einer Fachperson beraten zu lassen. Wichtig ist zudem eine ärztliche Untersuchung, um Krankheiten wie Darmkrebs auszuschliessen.
Ob das Konzept etwas bewirkt, wird weltweit erforscht. Studienergebnisse deuten darauf hin, dass eine Fodmap-arme Ernährung bei einigen Erkrankungen lindernd sein kann. Die Methode probieren auch Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen oder solche, die Operationen im Bauchraum hinter sich haben. Voraussetzung auch hier: Ausdauer, Geduld und manchmal die bittere Einsicht, dass man ausgerechnet auf seine Leibspeise verzichten muss.
- Darmgase entstehen, wenn unverdauliche Nahrungsbestandteile wie Ballaststoffe im Dickdarm vergoren werden. Das ist bis zu einem gewissen Grad normal, kann aber störend wirken. Dann sollte man blähende Lebensmittel wie Lauchgewächse, Kohl, Hülsenfrüchte oder Steinobst vermeiden.
- Gut verträglich sind weisser Reis, geschälte Kartoffeln, Bananen, gekochte Zucchetti und gekochte Rüebli. Tipp: Man mischt Gerichten Anis, Fenchel, Ingwer oder Kümmel bei oder bereitet sich damit Tee zu.
- Statt «Winde» zu verklemmen, sollte man sie entweichen lassen. Zu wenig Bewegung, Schlafmangel und Stress sowie hastiges und unregelmässiges Essen sind ungesund. Wer den Lebensstil ändert, entlastet seinen Darm.
- Eine Unverträglichkeit von bestimmten Zuckerarten kann ebenfalls Blähungen auslösen. Zum Beispiel Milchzucker (Laktoseintoleranz). Unverträglichkeiten werden oft mit dem Alter stärker.
- Wenn Blähungen sich häufen und einschränkend sind, wenn Schmerzen oder Durchfall hinzukommen, sollte man zum Arzt gehen. Ein Wasserstoff-Atemtest zeigt zum Beispiel, ob der Grund eine Laktoseintoleranz ist. Manchmal kann dann schon helfen, auf Milch zu verzichten und nur noch verträglicheren Joghurt oder Käse zu essen.
Weitere Infos und Fodmap-Listen: www.fodmap.ch