Joggen auf der Hochpreisinsel
Die Schweizer Laufschuhe von On gibts viel günstiger in den USA. Die Gründe dafür klingen altbekannt.
Veröffentlicht am 9. März 2020 - 11:58 Uhr
Déjà-vu kürzlich beim «Kassensturz». Als wäre es eine Szene aus dem US-Spielfilm «Und täglich grüsst das Murmeltier»: Moderator Ueli Schmezer hantiert neben zwei Einkaufskörben, einem mit Waren aus Deutschland, einem mit identischen Waren aus der Schweiz. Dann sagt er: «Dr gross Unterschied, dir ahnets, isch dr Priis.»
Dass sich die TV-Beiträge wiederholen, hat einen einfachen Grund: Es hat sich hierzulande schlicht nichts getan in den letzten Jahren. Für die gleichen Dinge bezahlt man in der Schweiz immer noch viel mehr als ennet der Grenze. So belasteten die Waren aus Deutschland das Kassensturz-Budget im jüngsten Test rund 60 Prozent weniger.
Stets gleichlautend sind auch die Stellungnahmen von Lidl und Co. Ihr Hochpreisinsel-Mantra lautet: höhere Kosten, Mieten, Gebühren, Löhne. Auch wenn dies zutreffen mag, haben viele genug davon, für alles immer mehr zu bezahlen. In dieser Woche stimmt der Nationalrat über die Fair-Preis-Initiative
und den indirekten Gegenvorschlag ab.
Auf medialer Achterbahnfahrt befindet sich derzeit der Schweizer Turnschuh-Hersteller On. Gefeiert wurde etwa der Einstieg Roger Federers als Investor. Oder der Auftritt von Dwayne «The Rock» Johnson beim Superbowl, den der Hollywoodstar in On-Tretern absolvierte. Weniger imagefördernd hingegen war das Lamentieren von AfD-Politikerin Alice Weidel in der ARD-Talkshow «Anne Will» – mit On-Turnschuhen an den Füssen.
Aus dem Zürcher Start-up ist ein international bekannter Konzern geworden. On stellt seine Schuhe in Vietnam her, die Kleider in China. Verkauft wird weltweit, auch in den USA. So warb kürzlich der kalifornische Outdoor-Händler REI in einem Newsletter mit On-Laufschuhen. Das Modell «Cloudflow» kostet in San Francisco 140 Dollar. Im Schweizer Onlineshop bezahlt man dafür 210 Franken – ein happiger Preisunterschied.
Ein Mail an die On-Zentrale wird von Jo beantwortet, dem «Happiness Deliverer». On sei als Schweizer Marke bestrebt, allfällige Preisdifferenzen so gering wie möglich zu halten und möglichst vielen Schweizerinnen das Laufen auf Wolken zu ermöglichen. Für die Preisunterschiede seien zwei Gründe verantwortlich. Einerseits die höheren Kosten in der Schweiz. Andererseits, einigermassen überraschend: Wechselkursunterschiede. Ein Dollar kostet derzeit 94 Rappen. Der Cloudflow kostet in den USA also umgerechnet bloss 131 Franken. «Wir hoffen trotzdem, dass du schon bald mit grosser Freude auf Wolken unterwegs sein wirst.»
Auf den Hinweis, man hätte eigentlich lieber mit einer Presseverantwortlichen gesprochen als mit dem «Happiness Deliverer», schaltet sich Vesna Stimac, Head of Communications Europe, in die Diskussion ein. Grundsätzlich sei es so, dass in der Schweiz Laufschuhe sämtlicher Anbieter teurer angeboten werden als in den USA. On produziere zwar in Asien, die Forschung und Entwicklung fänden jedoch in der Schweiz statt.
In einem Interview mit der «Handelszeitung» sagten die On-Gründer schon vor drei Jahren: «Wir richten uns nach dem lokalen Markt und positionieren On auf dem gleichen Preis-Niveau wie andere Premium-Laufschuhe.» Man müsse in der Schweiz weltweit immer noch am kürzesten arbeiten, um einen On zu kaufen. Ja, wir hatten es geahnt.
Etikettenschwindel, falsche Preisangaben, haarsträubende Werbung oder sonst ein Reinfall: Für Ärger von Konsumentinnen und Konsumenten ist leider nur allzu häufig gesorgt. Auch Beobachter-Redaktorinnen und -Redaktoren fühlen sich öfters für dumm verkauft. Was sie dabei erleben, lesen Sie unter dieser Rubrik.
3 Kommentare
Ob hier oder in den USA: die Sohlen sind Kieselsteinsammler.
Was hält wohl Herr Federer davon?
Diese Antworten sind schlicht „zum Kotzen“. Irgendwann wird die Welt an der Geldgier untergehen.