Mit Vollgas in die Leasing-Falle
Thomas Lehmann hätte sein Fahrzeug besser bar bezahlt, statt es zu leasen. Jetzt ist er um 26'000 Franken ärmer. Die Geschichte eines Enttäuschten.
Veröffentlicht am 14. Oktober 2019 - 10:18 Uhr
Neun Ratenzahlungen muss der Thurgauer Thomas Lehmann noch leisten, dann läuft der Leasingvertrag für den Seat Leon aus. Lehmann wird dann 30'200 Franken bezahlt haben. Und wegen gefahrener Mehrkilometer droht ihm eine Nachzahlung von 26'000 Franken. Macht 56'200 Franken für ein Auto, das ihn bar bezahlt 34'670 Franken gekostet hätte und jetzt ihm gehören würde. Mit der Leasinglösung hat er – nichts.
Auf die Frage, wie es dazu gekommen ist, gibt es zwei Antworten. Die von Lehmann lautet so: Vor fünf Jahren war er auf der Suche nach einem neuen Auto. Zusammen mit seinem Kollegen Amir Bekiri besuchte er den Autohändler Elite Sportwagen in Sirnach TG. Seine Wahl fiel auf einen Seat Leon. Er entschied sich nach dem Beratungsgespräch für einen Leasingvertrag , weil der Zins niedriger sei als bei einem Barkredit, so der Verkäufer.
Für Lehmann war klar: Am Ende der Leasinglaufzeit wollte er den Wagen übernehmen. «Das sei kein Problem, versicherte mir der Verkäufer», sagt Lehmann. Und: Es spiele in diesem Fall keine Rolle, wie viele Kilometer er pro Jahr fahre. Deshalb hätten sie sich dann auf 10'000 Kilometer pro Jahr geeignet. Lehmanns Kollege Bekiri bekräftigt: «Der Verkäufer sagte, die Übernahme des Autos sei ohne Weiteres möglich.»
Heute hat der Seat über 120'000 Kilometer auf dem Tacho, 70'000 Kilometer mehr als vertraglich vereinbart. Und die Firma Elite Sportwagen will vom Versprechen, das sie gemäss Lehmann abgegeben hat – er könne den Seat übernehmen –, nichts mehr wissen. Sie hat eine andere Sicht der Dinge.
«Wir haben Herrn Lehmann im Februar 2016 angeboten, das Fahrzeug am Ende zu übernehmen. Er hat jedoch die entsprechende Vereinbarung nie unterzeichnet», sagt Markus Felix, Geschäftsführer von Elite Sportwagen. Der Verkäufer habe nie behauptet, die Zahl der gefahrenen Kilometer spiele keine Rolle. «Es ist ja offensichtlich, dass die Kalkulation eine ganz andere ist. Der Wertverlust ist umso höher, je mehr das Auto gebraucht wird.» Die Vereinbarung ist aber missverständlich formuliert. «Mir wurde von einer Unterzeichnung abgeraten», sagt Lehmann.
Pro gefahrenen Mehrkilometer sollen gemäss Vertrag 37 Rappen fällig sein. «Das ist Wucher, ein Fantasiepreis. Es würde mich sehr wundern, wenn ein Gericht das akzeptieren würde», sagt Mario Roncoroni von der Berner Schuldenberatung. «Ich kann mich nicht erinnern, dass ich bei einer Schuldensanierung je einen Betrag in solcher Höhe akzeptiert hätte.»
Roncoroni wendet eine andere Berechnungsmethode an: Der Eurotax-Wert wird durch 200'000 geteilt. Hat das Auto einen Eintauschwert von 20'000 Franken, bewirkt jeder zusätzliche Kilometer eine Wertverminderung von 10 Rappen. «In der Auseinandersetzung mit Leasinggesellschaften gibt diese Grösse in etwa die ausserordentliche Abnützung an. Mehr ist nicht geschuldet, weil der Mieter sich nicht im Voraus verpflichten kann, bei Rückgabe der Sache mehr als echten Schadenersatz zu leisten», so Roncoroni.
Der Mehrkilometer-Betrag kommt zwar dem Autohändler zugute. Den Betrag festgesetzt hat aber das kreditgebende Institut: die Cembra Money Bank . «Der Preis für die gefahrenen Mehrkilometer wird von unserem System kalkuliert. Die Konditionen waren dem Kunden bekannt, als er den Leasingvertrag unterzeichnete», teilt Cembra mit.
Für Lehmann besonders bitter: Das Geld, das er für die Übernahme des Fahrzeugs auf die Seite gelegt hat, wird er für die Bezahlung der Mehrkilometer aufwenden müssen. «Ich habe mich mittlerweile fast damit abgefunden. In Ordnung finde ich es deshalb noch lange nicht. Ich kann über das Verhalten von Elite Sportwagen nur den Kopf schütteln.»
Wie viel verlangen die Leasing-Gesellschaften für die gefahrenen Mehrkilometer? Das möchte der Beobachter herausfinden und dann darüber berichten. Wir sind bei dieser Recherche auf Ihre Unterstützung angewiesen.
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- Wer das Leasingauto bei Vertragsende übernehmen will, sollte das beim Abschluss des Vertrags ausdrücklich mit der Leasinggesellschaft vereinbaren und schriftlich im Vertrag festhalten.
- Vereinbaren Sie eine realistische Kilometerzahl. Im Schnitt liegt die jährliche Laufleistung bei circa 15'000 Kilometern.
- Der Restwert ist nur eine kalkulatorische Grösse. Er bezeichnet nicht den Preis, zu dem das Auto nach Ende des Vertrags übernommen werden kann. Leasingfahrzeuge gehen bei Vertragsende standardmässig an die Leasinggesellschaft zurück.
- Weitere Tipps finden Sie hier .
Doris Huber
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1 Kommentar
Ich würde vorher einen Autokredit in der Schweiz beantragen. Bei Ecokredit habe ich die Vorteile gegenüber einem Leasing gelesen.