Statt Kinderwagen gabs Ärger
Zuerst lieferte der Onlineshop Babyjoe.ch die Ware nicht – dann liess das Geld auf sich warten. Dabei sollte ein Gerichtsentscheid genau das verhindern.
Veröffentlicht am 17. Mai 2023 - 17:14 Uhr
Die junge Mutter Miley Gross (Name geändert) brauchte einen Kinderwagen und einen Kindersitz für ihr Baby. Da kam ihr der Rabattgutschein von Babyjoe.ch gerade recht. Doch er entpuppte sich als Reinfall.
Statt 10 Prozent Preisvorteil gab es nur Probleme. Sie erhielt weder den Wagen noch den Sitz, den sie bestellt hatte. Und auch die rund 800 Franken, die sie per Vorauskasse bezahlt hatte, wurden ihr mehr als zwei Monate lang nicht zurückerstattet.
Den Gutschein erhielt Miley Gross über ihre Frauenärztin. Er steckte im Gratis-«Mama-Geschenkköfferli» der Firma Present-Service Henckel von Donnersmarck & Co., Zug. Viele Gynäkologinnen informieren Schwangere über dieses Köfferli.
Was dem Gutschein nicht anzusehen war: Der Onlineshop Babyjoe, der ihn ausgestellt hatte, war in einer schwierigen finanziellen Lage. Das Kreisgericht Wil SG hatte im Februar eine definitive Nachlassstundung verfügt. Das bedeutet: Die Firma hat zwar Probleme, aber sie sind lösbar. Nachlassstundung heisst nicht Konkurs.
Damit die Firma wieder gesund wird, setzte das Gericht das Treuhandbüro Altrimo in St. Gallen als Sachwalter ein. «Der Sachwalter hat die Aufgabe, die Handlungen des Schuldners zu überwachen», sagt Richter Stefan Schärli. «Die Bestellungen im Online-Shop müssten trotz der definitiven Nachlassstundung ausgeliefert werden können. Oder, falls das nicht möglich ist, müssten die Kunden das Geld dafür zurückerstattet erhalten.»
Kundschaft sollte Geld zurückerhalten
Das Treuhandbüro Altrimo darf der Geschäftsleitung von Babyjoe.ch bis am 24. August dieses Jahres Auflagen machen. Zum Beispiel sollen neue Schulden verhindert werden: «Deshalb haben wir die Geschäftsleitung verpflichtet, im Online-Shop nur Waren anzubieten, die lieferbar sind», sagt die Wirtschaftsprüferin Suzana Agatonovic vom Treuhandbüro Altrimo. «Sollte es dennoch Lieferschwierigkeiten geben, sorgt die Geschäftsleitung dafür, dass die Kundschaft das Geld zurückerhält.»
Doch genau hier haperte es. Miley Gross wartete seit März auf das Geld, das sie eigentlich «voraussichtlich in 14 Tagen» hätte zurückerhalten sollen. Doch statt des Geldes kamen Ausflüchte. Einmal schrieb Babyjoe, Rückzahlungen mache man nur alle vier Wochen. Einmal war der Buchhalter krank. Auch andere Kunden beschwerten sich in Online-Foren über die Firma in Nachlassstundung. Bei Miley Gross ging es erst schnell, als der Beobachter sich Anfang Mai einschaltete. Babyjoe erstattete das Geld einen Tag nach dem Telefonat mit dem Sachwalter des Gerichts zurück - zwei Monate nach der Stornierung des Auftrags.
Geschäftsführer Thorsten Vogel bedauert den Fall von Miley Gross. Er betont, dass die Firma genau das zu verhindern versuche. Sollte es dennoch Probleme geben, könne man sich direkt an die Buchhaltung wenden (stede@babyjoe.ch). Das Gericht habe seiner Firma gute Aussichten beschieden. Die Nachlassstundung sei nur bewilligt worden aufgrund einer «positiven Fortführungsprognose und eines entsprechenden Konzepts». Der Online-Shop habe viele zufriedene Kunden. Babyjoe.ch habe im Durchschnitt bessere Kundenbewertungen bei Google als Mitbewerber.
Tipp
Bezahlen Sie bei Online-Shops grundsätzlich nicht per Vorauskasse. Bei Babyjoe.ch verfällt die Zahlung bei Kreditkarte oder Paypal automatisch, wenn die Ware nach 30 Tagen nicht geliefert wird. Am besten ist es, wenn Sie gegen Rechnung bestellen können.