Steigende Handy-Abo-Preise wegen Teuerung: «Das ist absurd»
Nun gibt sich auch die Swisscom den Freipass, die Preise der Teuerung anzupassen. Das führt zu einem Teufelskreis.
Veröffentlicht am 5. April 2023 - 16:24 Uhr
Wenn die Swisscom die Preise erhöht, können Kundinnen kündigen – eigentlich. So steht es in den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Swisscom. Das bleibt auch so. Per Juni 2023 ergänzt aber ein folgenreicher Satz die AGB: «Swisscom ist berechtigt, die Preise an die Teuerung anzupassen, ohne dass dabei dem Kunden ein vorzeitiges Kündigungsrecht zusteht», lautet er.
Die Swisscom orientiert sich dabei am Landesindex der Konsumentenpreise (LIK). Dieser zeigt, ob Konsumgüter in der Schweiz teurer oder günstiger geworden sind. Er misst neben Budgetposten wie Nahrungsmitteln oder Wohnkosten auch die Preise der Telekommunikation. Wenn Telekommunikation also teurer wird, steigt der LIK. Und dann kann die Swisscom die Preise erhöhen.
Das führt zu einem Teufelskreis: Mit der Preiserhöhung steigt wiederum der LIK, und die Swisscom kann wieder erhöhen. «Das ist absurd», sagt Sara Stalder vom Konsumentenschutz. Auch wenn die Telekommunikation nicht einmal drei Prozent der Gesamtkosten ausmacht, kann die Swisscom so die Teuerung in die Höhe treiben.
Auch der Preisüberwacher Stefan Meierhans kritisiert diese potenziell automatischen Anpassungen. Und stellt fest, dass die grossen Telekommunikationsunternehmen in den letzten Jahren immer wieder nach Möglichkeiten gesucht haben, die Preise auf versteckte Weise zu erhöhen.
Wehren können sich Kunden nicht direkt. Die Swisscom informiert über die neue Regel, sie wird Bestandteil des Vertrags und ist gültig. Das gilt auch für Kundinnen von Wingo, M-Budget Mobile und Coop Mobile. Die Swisscom versichert zwar, dass aktuell keine Preisanpassung aufgrund der Teuerung geplant sei. Fakt ist aber: Die Mechanismen dafür werden geschaffen.
«Es ist unverständlich, dass die Swisscom auf diesen Zug aufspringt – zumal sie mehrheitlich dem Bund gehört»
Sara Stalder, Konsumentenschutz
Alle Swisscom-Kunden können zwar noch bis Ende Mai kündigen – aber bei den anderen Anbietern ist die Situation nicht besser. Salt hat bereits eine entsprechende Klausel. Das Unternehmen schreibt aber in seiner Stellungnahme: «Wir haben diese Klausel noch nie genutzt und haben auch nicht die Absicht, sie zu verwenden.» Auch Sunrise wird die Regel für Neukunden auf nächstes Jahr einführen. Dort klingt es weniger optimistisch: «Wir können Preisanpassungen zur Kompensation des Kostendrucks nicht ausschliessen», heisst es in der Stellungnahme von Sunrise.
Einen kleinen Hebel haben die Konsumentinnen und Konsumenten. Denn die Telefonanbieter stehen im Wettbewerb zueinander. Das kann man nutzen, sagt der Preisüberwacher. Indem man den Anbieter wechselt, wenn er die Preise erhöht - so könne eine Preisanpassungsspirale gebremst werden. Er rät deshalb, nicht nur auf das Preis-Leistungs-Verhältnis zu achten, sondern auch die Kündigungsfristen im Blick zu behalten.
Bei Ombudscom, der Schlichtungsstelle für Telekommunikation, sind noch keine Anfragen zu dem Thema eingegangen. Sie rechnet erst mit Reaktionen oder Schlichtungsbegehren, nachdem die neuen AGB in Kraft getreten sind.
Aber was heisst das nun konkret? Wie viel mehr müssen Kundinnen bezahlen, wenn die Telekomfirmen ihre Preise der Teuerung anpassen? Das hängt von der Teuerung ab in der Zukunft – und die lässt sich nicht voraussehen. Derzeit lässt sich nur mit Beispielwerten rechnen. Bei der Swisscom lautet die Formel so: bisheriger Preis mal aktueller Indexwert geteilt durch den Anfangsindex. Als Anfangsindex gilt der Stand des LIK am 1. Juni 2023. Dieser wird erst im Juli publiziert.
Angenommen, man hat ein Abonnement für 50 Franken pro Monat, der Anfangsindex beträgt 107, und der aktuelle Index im Jahr 2024 ist 110. Dann sieht die Rechnung so aus: 50 x 110 / 107. Die Swisscom kann also neu Fr. 51.40 verrechnen. Aufschlagen darf sie einmal pro Jahr.
«Es ist unverständlich, dass die Swisscom auf diesen Zug aufspringt – zumal sie mehrheitlich dem Bund gehört», sagt Sara Stalder. Nun bleibt zu hoffen, dass nicht weitere Unternehmen den gleichen Mechanismus einführen.
1 Kommentar
Besonders fatal wird es, wenn man ein Abo mit Mindestvertragsdauer hat und es kommt zu einer Hyperinflation. Nehmen wir einmal an, der LIK steige in einem Jahr auf das 3-fache. Dann gibt es nur noch eine Rettung: eine Vertragskündigung vor Ablauf unter Bezahlung der noch ausstehenden Summe, also einer Jahresrate, dafür Verzicht auf die Leistung. Wer auf das Internetabo angewiesen ist, hat keine Wahl: Annahme der Leistung unter Bezahlung des Dreifachen. Oder halt jeder Teuerungsrate, die dann bis Vertragsablauf halt zustande kommt. In jedem Fall gilt: Der Telecomanbieter gewinnt, der Kunde ist der Ausgeplünderte.