In der Nacht auf den 25. Juli hat eine unbekannte Frau das Babyfenster beim Kantonsspital Olten geöffnet. Sie legte ihr Neugeborenes ins warme Bettchen und verschwand wieder in der Dunkelheit. Dem Mädchen geht es gut, wie das Spital später vermeldete. Es wurde heimlich geboren, die Mutter konnte es nicht behalten.

Das erste Schweizer Babyfenster wurde 2001 beim Spital Einsiedeln eröffnet, es folgten sieben weitere. Das Hilfsangebot, auch Babyklappe genannt, richtet sich an Mütter in Notsituationen. Es soll verhindern, dass Neugeborene ausgesetzt oder sogar getötet werden.

Die wichtigsten Fragen und Antworten.

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Wie funktioniert ein Babyfenster?

Neben einem warmen Bettchen findet die Mutter einen Brief vor, der sie über das weitere Vorgehen und ihre Rechte informiert.

Sie darf ihrem Baby ebenfalls eine Botschaft zurücklassen, wenn sie möchte. Das können liebe Worte, aber auch Infos zur Herkunft oder zu den Umständen der Abgabe sein.

Danach schliesst sie das Fenster und geht. Kurz darauf bringt eine Hebamme das Neugeborene auf die Geburtsstation, wo es untersucht wird.

Wo gibt es Babyfenster?

Bisher an diesen acht Standorten:

Wer steckt dahinter?

Die Babyfenster in Basel, Bellinzona, Bern, Davos, Einsiedeln und Olten werden von den jeweiligen Spitälern betrieben und von der Schweizerischen Hilfe für Mutter und Kind (SHMK) finanziert. Die Stiftung steht auch hinter der Website www.babyfenster.ch und berät Personen, die durch eine Schwangerschaft oder die Geburt eines Kindes in Not geraten. Sie spricht sich gegen Abtreibungen aus und stand schon mehrfach in der Kritik. Zuletzt, weil sie Hormonbehandlungen vermittelte, die medikamentöse Schwangerschaftsabbrüche rückgängig machen sollten.

Das Zürcher Spital Zollikerberg und seine Babyklappe gehören zur Stiftung Diakoniewerk Neumünster. Das Babyfenster im Wallis wurde im Auftrag der kantonalen Behörden eingerichtet.

Wie viele Babys wurden schon abgegeben?

Ist es strafbar, sein Baby abzugeben?

Nein. Wer ein Neugeborenes ins Babyfenster legt, macht sich weder der Aussetzung noch der Verletzung der elterlichen Fürsorge- und Erziehungspflicht schuldig.

Es handelt sich um ein legales Angebot, das Babys zu einem sicheren Start ins Leben verhilft. Nach den Eltern wird nicht gesucht, sie bleiben anonym.

Gibt es auch kritische Stimmen?

Das Angebot wurde in verschiedenen Ländern kritisiert, etwa von Menschenrechtsaktivisten, Psychologinnen, Adoptionsdiensten und Kinderrechtsorganisationen. Die meisten Kritiker erkennen an, dass das Angebot helfen kann, weisen aber auch auf Probleme hin.

Das Netzwerk Kinderrechte Schweiz fasst das Dilemma zusammen: «Das anonyme Hinterlassen des Kindes in einem Babyfenster verletzt das Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Herkunft, kann unter Umständen aber Gefährdungen von Leib und Leben verhindern.»

Derselben Meinung ist der Kinderrechtsausschuss der Vereinten Nationen, der für eine Abschaffung der Babyfenster plädiert.

Beide Organisationen wollen die Möglichkeit einer vertraulichen Geburt fördern, wie sie in einigen Spitälern möglich ist. Dadurch sei auch die medizinische Versorgung der Mutter gewährleistet.

In der Schweiz gab es nach der Einführung der ersten Babyklappe mehrere parlamentarische Vorstösse, die eine Schliessung forderten. Der Bundesrat kam aber zum Schluss, dass es keine ideale Lösung für alle Parteien gebe. Ein Verbot könne dazu führen, dass eine Mutter in Not ihr Kind aussetze – das müsse verhindert werden.

Was passiert mit den Babys?

Zuerst wird das Neugeborene im Spital untersucht und betreut. Es hat nun den Status eines Findelkinds und wird unter Vormundschaft gestellt. Zuständig ist die Vormundschaftsbehörde der Gemeinde, in der das Baby gefunden wurde. In einem nächsten Schritt springt eine Pflegefamilie ein, bis Adoptiveltern gefunden werden. Dieser Prozess dauert mindestens ein Jahr.

Können leibliche Eltern ihr Kind zurückverlangen?

Ja, das ist vor dem Vollzug der Adoption möglich. Am besten wenden sich Eltern an die lokale Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb). Meist ist ein DNA-Test nötig. Dieser soll sicherstellen, dass ein Kind tatsächlich wieder bei den leiblichen Eltern landet.