Früher dachte ich, dass Menschen, die «ihre Batterien aufladen müssen», sich eine Auszeit nehmen oder Ferien machen. Heute weiss ich, dass sie alle zu Hause sitzen und die Akkus ihrer Geräte aufladen.

Das Aufladen und Austauschen von Batterien ist zum Vollzeitjob geworden – einer weiteren Verpflichtung, wie ein Haustier oder eine Drogensucht. So auch bei mir: Seit der Geburt unserer Tochter ist die Anzahl kleiner Stromfresser in der Wohnung explodiert. Jedes Spielzeug, jedes Puppenhaus – sogar Turnschuhe und Bücher brauchen jetzt ständig neue Batterien.

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Meine Tochter ­jubelt und feiert ­ihren Helden – ihren Prometheus in Trainerhosen.

AA, AAA, AAAA – schon die Bezeichnungen der Batterien klingen wie die Schreie, die ich produziere, wenn ich realisiere, welchen Geräten wieder der Saft ausgegangen ist. Täglich krieche ich über den Boden, um all den Plastikkram wieder zum Leuchten zu bringen. Meine Tochter jubelt und feiert ihren Helden – ihren Prometheus in Trainerhosen.

Der Kampf ist endlos. Und mit jedem kabellosen Gerät, das uns die Zukunft verspricht, holen wir eine weitere Maschine in die Wohnung, die unseren Strom und unsere Aufmerksamkeit verschlingt. Die Zimmerpflanze darf verdursten, aber wehe, wenn das iPad nicht täglich ans Netz gehängt wird.

Meine Tochter wird die Adapter erben

Jede Batterie ist anders. So sieht die Knopfbatterie CR2016 zwar aus wie das CR2025-Modell, ist aber komplett etwas anderes. Die Dinger sammeln sich bei uns an, und der Postbote liefert immer neue Knopfbatterien, die aus unverständlichen Gründen in gigantischen Kartonschachteln geliefert werden.

Damit noch nicht genug – denn jeder Akku kommt mit seinen eigenen Adaptern, Kabeln und Ladegeräten. Dieses Zubehör landet in einer eigens dafür eingerichteten Box und wird, einmal angeschafft, nie wieder entsorgt. Es kann ja sein, dass ich den Adapter irgendwann mal wieder brauche – auch wenn das dazugehörende Gerät schon lange auf dem Sondermüll gelandet ist. Diese Adapterbox wird später meine Tochter erben.

Seit wir unser Mobiltelefon auch als Geldbörse, Zugticket und Grosshirn benutzen, ist der Akkustand noch wichtiger geworden.

Seit wir unser Mobiltelefon auch als Geldbörse, Zugticket und Grosshirn benutzen, ist der Akkustand noch wichtiger geworden. Wer am Morgen mit 20 Prozent Akku aus dem Haus geht, spielt mit dem Feuer. Nichts ist so dramatisch wie die letzte Nachricht, die man unter Panik seinen Liebsten schickt: «Mein Akku ist gleich leer. Ich bin um acht zu Hause, falls ich den Weg finde. Falls man mich ohne Ticket Zug fahren lässt. Und ich unterwegs nicht vergesse, wer ich bin. Sag der Tochter, dass ich sie liebe.»

Meine Bewertung für Batterien: ★★☆☆☆

Zur Person
Patrick «Karpi» Karpiczenko