Es gibt so einiges, was man als Kind tut und im weiteren Verlauf des Lebens aufgibt. Zum Glück, denn vieles davon wäre im Erwachsenenalter recht befremdlich: Man stelle sich vor, man würde sich in einem langweiligen Meeting zur Belustigung die Hand in den sabbernden Mund schieben. Den Job dürfte man danach los sein.

Und auch wer beim ersten Date aus einer Laune heraus die Spaghetti an die Tapete wirft oder zu Hause den Lippenstift der Mitbewohnerin am Spiegel verschmiert, um die Konsistenz zu testen, dürfte damit auf wenig Verständnis stossen.

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Bei gewissen Verhaltensweisen tut man also gut daran, sie sich abzugewöhnen. Doch es gibt durchaus Dinge, die es lohnt, beizubehalten. Dem Ernst des Lebens gelegentlich mit Leichtigkeit und ein bisschen Blödsinn zu begegnen oder laut zu singen und durch die Wohnung zu tanzen, halte ich für sehr gesund. Zudem frische Luft und Bewegung: Was Kindern hilft, abends gut zu schlafen, kann für Erwachsene nicht verkehrt sein. Ebenso essenziell ist, Emotionen zu fühlen statt zu verdrängen. Nur dann gehen sie vorüber.

Aber das mit Abstand Beste an Kindertagen, das Erwachsene unbedingt beibehalten oder, falls vernachlässigt, wieder einführen sollten: das Nickerchen. Die Oase im durchgetakteten Alltag, die kleine Flucht aus dem Bewusstsein, die antikapitalistische Gesundheitsmassnahme, das Instant-Boost-Erlebnis! Hinlegen, Ohrstöpsel rein, Augenbinde auf und ab ins Nirvana. Tschüss, Überarbeitung; namaste, Nachmittagstief; sayonara, Stress; bye-bye, Burn-out. 10 bis 20 Minuten, und das Gehirn funktioniert besser, Immunsystem und Erinnerungsvermögen werden gestärkt.

Mehr Nappen bedeutet auch, öfter aufzuwachen – so kann man sich öfter darüber freuen, noch am Leben zu sein. Und falls man sich gerade nicht so sehr am eigenen Leben erfreuen kann, gilt der Grundsatz: Nach dem Nickerchen ist vor dem Nickerchen! Denn Schläfchen kann man jederzeit und überall einlegen – und sie sind gratis. Zudem hat es etwas Rebellisches, tagsüber zu schlafen: Man zeigt der ganzen geschäftigen Welt den metaphorischen Mittelfinger, aber auf sehr pazifistische Art und Weise, nämlich, indem man die Augen schliesst und friedlich wegdöst.

Kinder sind am friedlichsten, wenn sie schlafen – das gilt auch für Erwachsene. Würden Staatsoberhäupter mehr nappen, hätten sie weniger Zeit für Kriegsgeschäfte. Und davon würden ja wohl alle profitieren. Ich lade Sie also ein, die Welt schlummernd zu einem friedlicheren Ort zu machen. Und jetzt ab in die Horizontale!

Zur Person
Lisa Christ