Der Skandal war gross: Auf der Traumastation der psychiatrischen Klinik Clienia Littenheid waren über Jahre Verschwörungstheorien Grundlage von Behandlungen gewesen. Das brachte 2022 ein externes Gutachten nach verschiedenen Medienberichten an den Tag – als Erster hatte der Beobachter darüber berichtet.

Die Untersuchung zeigte auf, dass der Oberarzt besagter Station Anhänger der als «Satanic Panic» bekannten Verschwörungserzählungen war. Hunderte Krankenakten wiesen Hinweise auf Behandlungen mit dem Hintergrund von ritueller Gewalt und sogenannter Mind Control auf, beides Elemente von «Satanic Panic».

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«Die Zustände in Littenheid haben bei den betroffenen Patienten und deren Angehörigen unendlich viel Unheil angerichtet.» 

Gabriella Hagger, Mutter einer Betroffenen

Sowohl der Oberarzt als auch die Chefärztin der Klinik waren bereits ein halbes Jahr vor dem Gutachten entlassen worden. Das zuständige Gesundheitsdepartement des Kantons Thurgau büsste die Chefärztin damals mit 10’000 Franken und erlegte ihr zudem die Verfahrenskosten von weiteren 10’000 Franken auf. Sie habe ihre Aufsichtspflicht «nicht pflichtgemäss ausgeübt». 

Die Chefärztin reichte beim Thurgauer Verwaltungsgericht Beschwerde ein und erhielt dort recht. 

Der Thurgauer Regierungsrat wiederum zog das Verfahren ans Bundesgericht in Lausanne weiter. Dort wurde entschieden, dass die Chefärztin grundsätzlich eine Aufsichtspflicht hatte und die Busse des Regierungsrats damit eine gesetzliche Grundlage hat. Das oberste Gericht weist deshalb das Thurgauer Verwaltungsgericht an, den Fall unter diesen Voraussetzungen neu zu prüfen. Das berichtet die Onlineplattform «Medinside».

Viel Leid durch Fehlbehandlungen

«Die Zustände in Littenheid haben bei den betroffenen Patienten und deren Angehörigen unendlich viel Unheil angerichtet. Ich bin sehr erleichtert, dass das Bundesgericht so entschieden hat», sagt Gabriella Hagger zum Beobachter. Sie ist Mutter einer von den Fehlbehandlungen betroffenen Patientin. Für ihren Mut, mit der Leidensgeschichte ihrer Familie an die Öffentlichkeit zu gehen, wurde sie 2022 für den Prix Courage des Beobachters nominiert.