Es war ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Das «Hilfswerk für die Kinder der Landstrasse» nahm 600 jenische Kinder ihren Eltern weg. Ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, anerkennt der Bundesrat jetzt. An der Aufdeckung hatte der Beobachter entscheidenden Anteil.
Veröffentlicht am 20. Februar 2025 - 17:17 Uhr
Rast auf einer Lichtung: Bild aus einer Fotoreportage über Jenische in der Schweiz im Jahr 1954
Die kleine Ursula Kollegger – so der Mädchenname von Ursula Waser – war ein halbes Jahr alt, als die Polizei sie abholte und in ein Kinderheim steckte. Für Waser der Beginn einer schier endlosen, quälenden Reise durch insgesamt 20 Heime.
So wie Ursula Waser erging es zwischen 1926 und 1973 rund 600 jenischen Kindern. Sie wurden ihren Eltern weggenommen und zwangsweise in Heimen, Erziehungsanstalten und bei Pflegefamilien «versorgt». Weil ihre Eltern arm waren oder nicht nach der damaligen gesellschaftlichen Norm lebten. Erwachsene, die als Minderjährige fremdplatziert worden waren, wurden unter Vormundschaft gestellt, in Anstalten untergebracht, mit einem Eheverbot belegt und in Einzelfällen auch zwangssterilisiert.
Die Kindeswegnahmen erfolgten primär im Rahmen des «Hilfswerks für die Kinder der Landstrasse», eines Programms der Stiftung Pro Juventute. Neben Pro Juventute trennten auch kirchliche Hilfswerke und Behörden jenische Kinder von ihren Eltern, so dass von gegen 2000 Fremdplatzierungen ausgegangen werden muss.
Ein Beobachter-Interview als Auslöser
Das war nach heutigem Rechtsverständnis ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit – das anerkennt jetzt der Bundesrat. Er stützt sich dabei auf ein Rechtsgutachten des Zürcher Völkerrechtlers Oliver Diggelmann. Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider und ihr Departement werden im Dialog mit den Betroffenen bis Ende 2025 klären, ob es eine weitere Aufarbeitung braucht.
Auslöser für die Abklärungen des Bundes war ein Beobachter-Interview mit Strafrechtsprofessorin Nadja Capus. «Das erfüllt den Tatbestand des Völkermords», sagte sie vor zwei Jahren. Im Eidgenössischen Departement des Innern wirbelte das einigen Staub auf.
1972 aufgedeckt – ebenfalls durch den Beobachter
Schon bei der Aufdeckung des damaligen verbrecherischen Handelns von Pro Juventute, Kirchen und Behörden spielte der Beobachter eine zentrale Rolle. Im Jahr 1972 berichtete der Beobachter-Journalist Hans Caprez im Artikel «Die Klagen fahrender Mütter» von den brutalen Praktiken. Der Artikel mobilisierte die Öffentlichkeit, führte zur Auflösung des Hilfswerks und stiess einen Prozess zur Aufarbeitung und Entschädigung für die betroffenen Familien an, der seither andauert.
Medienmitteilung Eidgenössisches Departement des Innern: Der Bundesrat anerkennt Verbrechen gegen die Menschlichkeit an Jenischen und Sinti und bekräftigt Entschuldigung
1 Kommentar
Ist das die Moderne Art die grössten Verbrechen zu behandeln und zu beurteilen ??? Arme Justiz und sich dann nach 100 Jahren und 50 jahren damit auch noch in der Öffentlichkeit aufzutreten und zu erklären, dass dafür unmengen an Steuergeldern einfach für Neugierde und nicht für Gerechtigkeit zum Fenster herausgeworfen worden mit Namen, die sich dann auch noch riesen gross vorkommen ist eine Schande und kein Ruhm!!! Wenn die Justiz den Verbrechen so lange hinterherläuft, bis 50 Jahre vergangen sind, würden heute alle Mörder und Verbrecher der letzten 50 Jahr frei herumlaufen und Haftanstalten wären leer - sollte es irgendjemadem mal in den Sinn kommen seinen Horizont wenigstens bis über die Fusspitzen zu öffnen, dann kommen jedem ganz genau die selben Gedanken und Worte in den Sinn!!! Juristen werden offenbar mehr und mehr zu Archäologen und werden dafür eventuell auch noch bezahlt. Das In der Schweiz ganze soziale Gefüge völlige Schieflage haben und Schweizer Befölkerung sich selbst dezimiert, weil die Regierungen für Waffen und Lobyisten und unzählige Milliarden verstreut, statt ein Bildungssystem aufzubauen, das Schweizern eine Familiengründung erlaubt und auf dem 1. direkten Bildungsweg ein Niveau erreicht, mit dem man Familien ernähren kann, davon ist man hier weiter weg als man glaubt. Es gibt fast keine Schweizer mehr, die sich Familien wünschen und vorstellen können - Macht das niemanden Angst !!!!!!! Sie besuchen Kurse und Kurse, die Vermögen aus der Interesenten saugen und Mieten und Ansprüche sind einfach nur noch Familienuntauglich!!! Liebe Grüsse BLEZZ