Passagiere aus der Schweiz sind schlechter geschützt
Als die Swiss einen Flug nach Zürich annulliert, strandet eine Familie in Athen. Doch die Airline weigert sich, Entschädigungen zu zahlen.
Veröffentlicht am 18. Oktober 2024 - 15:10 Uhr
Sommer, Sonne und Tzatziki. Etwas wehmütig steht die vierköpfige Familie Meyer – die eigentlich anders heisst – an einem Samstagnachmittag am Flughafen in Athen. Die Sommerferien in Griechenland waren traumhaft.
Alle freuen sich aber auch aufs Daheim in Zürich. Am Abend will man den vierzigsten Geburtstag einer Freundin feiern, und die fünfjährige Tochter kann es kaum erwarten, am Montag mit dem Kindergarten zu starten.
Erst mal ab ins Hotel
Doch daraus wird nichts. Die Swiss annulliert den Flug. Einen Ersatzflug gibt es erst am Montag. Den Meyers bleibt nichts anderes übrig, als ein Taxi zu nehmen und sich in einem Hotel einzuquartieren.
Immerhin: Gemäss EU-Fluggastverordnung können Passagiere bei der Airline eine Entschädigung geltend machen, wenn ihr Flug annulliert wurde. Die Höhe ist abhängig von der Anzahl Flugkilometer. Bei der Strecke von Athen nach Zürich macht das 400 Euro pro Person.
Genau das fordern die Meyers. Swiss antwortet zwei Monate später. Der Flug sei annulliert worden, weil «ein elektrisches Anschlusssystem für die Stromversorgung offensichtliche Anzeichen von Feuer» zeigte, steht in einer E-Mail. Man sei aber bereit, die Taxi- und die Hotelkosten im Umfang von 570 Euro zu übernehmen.
Europäischer Gerichtshof ist streng
Zwar heisst es in der EU-Fluggastverordnung, dass Airlines keine Entschädigungen zahlen müssen, wenn die Annullierung auf «aussergewöhnliche Umstände» zurückgeht. Für den Europäischen Gerichtshof, der die Bestimmung auslegt, gelten technische Defekte, wie sie bei Flugzeugen gelegentlich auftreten können, aber nicht als solche. Es braucht schon mehr; technische Probleme aufgrund von Fabrikationsfehlern, Sabotageakten oder Terrorismus.
Vom Beobachter konfrontiert, antwortet die Medienstelle der Swiss. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, wonach technische Mängel nur selten als aussergewöhnliche Umstände gelten, sei für die Gerichte in der Schweiz nicht verbindlich.
Anwalt empfiehlt Anzeige
Rolf Metz ist Anwalt und Reiserechtsexperte. Er weiss, wie schwierig es ist, die EU-Fluggastverordnung in der Schweiz durchzusetzen. Die Gerichte in Basel und Bülach, also dort, wo die Swiss ihre Sitze hat, würden die Verordnung nur zurückhaltend anwenden. «Das spielt den Fluggesellschaften in die Hände.»
Anwalt Metz empfiehlt Betroffenen, eine Anzeige beim Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) zu machen. Dieses kann die Airlines aber nicht zur Zahlung zwingen. «Wenn der Abflugort in der EU ist, kann man die Entschädigung auch dort geltend machen. Dann kommt die strengere Praxis des Europäischen Gerichtshofes zur Anwendung.»
Passagiere aus der Schweiz sind also schlechtergestellt als Passagiere aus der EU. Das sieht auch Familie Meyer so. Ein Verfahren im Ausland ist ihnen zu aufwendig. Sie kämpfen nicht weiter.
Inkassofirmen, die Entschädigungen eintreiben
Wollen Sie Ihren Anspruch nicht selbst durchsetzen, können Sie sich auch an eine spezialisierte Inkassofirma wenden, etwa an:
Diese Firmen verlangen zwischen 20 und 50 Prozent Provision.
5 Kommentare
In dem Fall auf Swissness verzichten!
Uns hat LX/WK den Flug ex Zürich annulliert, ohne uns überhaupt zu informieren. Nur weil wir nochmals etwas an der Buchung prüften, haben wir 6 Tage vor Abflug von der Annullation überhaupt erfahren. Telefonische Anfrage, warum wir nicht informiert wurden, neben unfreundlich, keine Information. Schlussendlich mussten wir 3 Tage früher fliegen. Weder eine Entschädigung noch die zusätzlichen Hotelkosten wurden bis dato entschädigt; noch eine Meldung auf die Reklamation. Rückflug x Std Verspätung. Aufgrund des Nachtfluges, alle Restaurants bis auf 1 Bar schon geschlossen. Der Voucher für 1 Getränk galt nur für Süssgetränk, nicht mal ein Glas Wein. Die Menukarte war ein Graus. Auf einem anderen verspäteten Flug, war der einzige Terminal Takeout für Speis/Trank nur bis 22 Uhr offen, entsprechend die Wartezeit bis man Getränk kam. Dann warten bis 02 Uhr bis endlich ein Boarding angezeigt wurde und der verspätete Flieger endlich kam. usw usw
Also mit der Swiss fliege ich nicht mehr. Ist ein Schwindelname, denn sie gehört zur Lufthansa. Und mit Swissair hat sie schon seit langem nichts mehr zu tun, obwohl sie anscheinend noch immer vom Nimbus der alten Schweizer Luftfahrtsgesellschaft zehrt.
Es stimmt, aber auch andere Gesellschaften versuchen, sich um die Kompensation zu drücken. Beim mir wurde der Swiss-Flug in die Schweiz angeblich wegen eines Blitzschlages während des Vorfluges annulliert. Normalerweise führt das nicht zu Annullationen.
Ich habe dann die Blitzkarte im Internet konsultiert und festgestellt, dass an diesem Tag auf der Strecke, die das Flugzeug absolviert hatte nirgends Blitze aufgetreten sind. Etwas komisch. Klar war, dass der Flieger massiv verspätet gewesen wäre und wohl deshalb annulliert wurde, weil er sonst in die Nachtflugsperre geraten wäre. Immerhin hat mir die Swiss anstatt einer Auszahlung der Übernachtung, Nachtessen etc. einen Fluggutschein mit 50% höherem Wert angeboten. Die Kompensation wären 100 Fr, mehr gewsen, Deswegen habe ich den Gutschein akzeptiert, denn wegen 100 Fr. gross zu streiten war mir doch zu blöd.