Liebe Leserinnen und Leser

Willkommen zu «Das war richtig wichtig». Hier ordnen wir immer freitags die wichtigsten Nachrichten der vergangenen Woche für Sie ein. Es sind diesmal mehr als gewohnt, denn gerade tagt das Parlament zur Sommersession. Wir haben Ihnen am Schluss dieses Überblicks eine Handvoll weiterer wichtiger Nachrichten aufgelistet.

Diesmal:

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Anrede

Das Zitat der Woche

Das muss man schon erst mal schaffen. Am Mittwoch hat die Post eine Medienmitteilung verschickt – und die eigentliche Nachricht so gut darin versteckt, dass man sie sich selber zusammenrechnen muss. Hier der entscheidende Satz:

«Ihr Filialnetz entwickelt die Post weiter – physisch und digital.» – Medienmitteilung der Post

Klingt zunächst gut, oder? Hier die Übersetzung: Weiterentwickelt wird die Zahl der physischen Filialen – und zwar massiv nach unten. 170 Poststellen sollen bis 2028 verschwinden. Also jede fünfte. Damit passe man sich «dem Verhalten der Leute an», sagt Roberto Cirillo, der Chef der Post, im Interview mit SRF. So sei etwa die Anzahl der Einzahlungen am Schalter und der Briefsendungen massiv zurückgegangen. In der Politik kommt das vor allem links und in der Mitte nicht gut an, hatte die Post doch lange versprochen, die Zahl der Filialen bei 800 zu stabilisieren. Für manche Kundinnen und Kunden bringt die Schliessung allerdings auch Vorteile.

Missbrauch in der Kirche: Aufarbeitung zieht sich hin

Darum gehts: Am Montag hat die katholische Kirche informiert, was der Stand der Dinge in Sachen Missbrauchsbekämpfung ist. Im September 2023 präsentierten Forscherinnen und Forscher der Universität Zürich erste Resultate einer historischen Pilotstudie dazu. Und sprachen von über 1000 Fällen, ein Grossteil davon minderjährige Opfer. Seither haben die Bischofskonferenz, die Römisch-Katholische Zentralkonferenz (kantonale Kirchen) und die Ordensgesellschaften kaum nennenswerte Massnahmen umgesetzt.

Warum das wichtig ist: Im Herbst hatte die Kirche unter dem Eindruck der erschreckenden Forschungsresultate unter anderem unabhängige Anlaufstellen für Missbrauchsopfer versprochen. Stattdessen soll das nun 2025 den kantonalen Opferberatungsstellen übertragen werden. Auch das «Kirchengericht», das unabhängig von den Bischöfen Priester sanktionieren könnte, kommt nicht wie versprochen dieses Jahr. Und Assessments für künftige Priester lassen ebenfalls auf sich warten – es ist etwa immer noch unklar, wer diese Gespräche führen wird.

Das sagt der Beobachter: Besonders stossend: Die Kirche hat noch immer keine griffigen, glasklaren und für alle verpflichtenden Regeln, dass keine Akten zu Missbräuchen vernichtet werden dürfen. Stattdessen regelt sie das nun via eine sogenannte «Selbstverpflichtung». Bis heute ist nicht bekannt, welche Ordensgemeinschaften diese Selbstverpflichtung unterzeichnet haben. Den selbstherrlichen und schludrigen Umgang mit Archiven kritisiert der Beobachter seit Jahren.

Über «Das war richtig wichtig»

Was hat die Schweiz diese Woche gerechter, transparenter, fortschrittlicher gemacht? Und wo gings eher rückwärts? Wo weiterlesen, wenn Sie es genauer wissen möchten? Wir liefern Ihnen immer freitagmittags drei bis vier wirklich wichtige Nachrichten – kompakt, verständlich und mit Haltung aufgeschrieben. Auch als E-Mail abonnierbar.

Schulden: Eine überfällige Verbesserung wird endlich umgesetzt

Darum gehts: Nach dem Ständerat hat nun auch der Nationalrat entschieden: Steuern sollen ins «betreibungsrechtliche Existenzminimum» eingerechnet werden. Für Verschuldete sind das gute Neuigkeiten. Bisher sind Betroffene oft wegen Steuern, die sie unmöglich zahlen können, in eine Schuldenspirale geraten. 
Der Bundesrat begrüsst diesen Entscheid des Parlaments und wird nun einen konkreten Vorschlag für eine Gesetzesänderung ausarbeiten.

Warum das wichtig ist: Zum Problem wird die aktuelle Regel, wenn sich jemand so stark verschuldet, dass der Lohn gepfändet wird. Die betroffene Person erhält dann nur noch das Geld für die absolut nötigsten Sachen wie Miete oder Krankenkasse – das Existenzminimum. Das Bezahlen von Steuern ist aber laut Bundesgericht nicht überlebensnotwendig und zählt deshalb nicht dazu. Für die Betroffenen ist das fatal: Sie erhalten wegen ihrer hohen Schulden und der Lohnpfändung nicht genug Geld für die Steuern – und machen so ständig neue Schulden. Dies führt schon bald zur nächsten Pfändung und so weiter.

Das sagt der Beobachter: Diese Änderung ist überfällig. Die Lage ist für Betroffene sehr belastend: Viele finden aus der Schuldenspirale kaum noch heraus, geben auf oder werden krank. Auch dem Staat fehlen Steuereinnahmen, und er muss die Betroffenen finanziell unterstützen, wenn sie krank werden. Der Beobachter hat diese Änderung darum auch in den Gerechtigkeits-Check aufgenommen, als wichtige Massnahme für eine gerechtere Schweiz.

⇒ Jetzt lesen: Mehr Luft für Verschuldete

Asylbereich: Mehr Freiheit für Geflüchtete – und mehr Geld für die Bundeszentren

Darum gehts: Am Samstag tritt eine Reihe von neuen Regeln in Kraft, die es Asylbewerbern einfacher machen, umzuziehen, zu arbeiten und eine Ausbildung zu machen. Ausserdem hat der Ständerat diese Woche zusätzliche 239 Millionen Franken für die Schaffung von Plätzen in Bundesasylzentren gesprochen – nachdem dies der Nationalrat bereits früher getan hatte.

Warum das wichtig ist: Asylbewerber müssen eine ganze Menge Regeln einhalten. Die Änderungen, die per 1. Juni in Kraft treten, sollen es ihnen einfacher machen zu arbeiten. So sollen vorläufig in der Schweiz aufgenommene Personen ihren Wohnsitz künftig einfacher in einen anderen Kanton verlegen können, sofern sie dort arbeiten. Erwerbstätigkeit mit einem Bruttolohn unter 600 Franken muss nicht mehr gemeldet werden. Und abgewiesene Asylsuchende sowie jugendliche Sans-papiers können künftig einfacher eine Berufsausbildung absolvieren.

Das sagt der Beobachter: Die Änderungen sind sinnvoll – genauso die zusätzlichen Gelder für Unterkünfte. Es kann niemand ernsthaft ein Interesse haben, dass diese Menschen in überfüllten Zentren hausen müssen und sie daran gehindert werden, sich mit Arbeit oder einer Ausbildung etwas finanziellen Spielraum, Erfüllung und Beschäftigung zu schaffen. Es ist das pragmatisch-humane Gegenstück zu einer sich gerade verschärfenden Schweizer Migrationspolitik.

Auch sonst war diese Woche viel los. So hat das Parlament unter anderem diese Entscheide gefällt, die uns wichtig erscheinen:

  • Migrantinnen sind bald besser geschützt. Personen ohne Schweizer Pass sollen im Land bleiben dürfen, wenn sie sich wegen häuslicher Gewalt trennen. Dies hat nun auch der Ständerat beschlossen. Mehr dazu hier.
  • Der Nationalrat will Hausärzte stärker unterstützen. Er fordert eine Aufwertung der Hausarztmedizin im Tarifbereich. Der Bundesrat findet, das sei Sache der Tarifpartner.
  • Der Nationalrat will Medikamentenverschwendung bekämpfen. Der Preis soll künftig auch dadurch beeinflusst sein, ob Packungsgrösse, Dosisstärke oder Darreichungsform die Gefahr erhöhen, dass ein Teil des Medikaments ungenutzt im Müll landet. Auch der Bundesrat ist dafür.
  • Das Parlament spricht 1,15 Milliarden für die SBB, damit diese Schulden abbauen können. Das soll den SBB nach Angaben des Bundesrats helfen, die Folgen der Ertragsausfälle in der Corona-Pandemie zu bewältigen.
  • Die Mitglieder des eidgenössischen Parlaments wollen keine Transparenz über ihre Nebeneinkünfte. Der Ständerat versenkte einen Vorstoss, der verlangte, dass die Ratsmitglieder deklarieren, seit wann sie eine Nebentätigkeit ausüben und ob und, wenn ja, wie viel Entschädigung sie dafür erhalten.

Geschrieben haben diesen Überblick diesmal Oliver Fuchs und Andri Gigerl.

Bis nächste Woche. Wir bleiben für Sie dran.