So verkehren Sie richtig
Ab 2021 gelten neue Regeln im Strassenverkehr. Eine Übersicht, was man neu darf, was man neu muss und was neu verboten ist.
Veröffentlicht am 29. Dezember 2020 - 14:22 Uhr
Lernfahrausweis mit 17 Jahren
Wer die praktische Fahrprüfung mit einem Personenwagen
(Kategorie B) machen will, muss mindestens 18 sein. Dazu kommt eine Lernphase von 12 Monaten für alle, die noch nicht 20 sind. Damit das zeitlich auf den 18. Geburtstag aufgehen kann, gibt es den Lernfahrausweis neu bereits ab 17 Jahren. Voraussetzung ist natürlich, dass man die
Theorieprüfung bestanden hat.
Bei dichtem Verkehr rechts vorbei auf Autobahnen
Das Bundesgericht stellte 2016 fest: Passives Rechtsvorbeifahren bei dichtem Verkehr ist mittlerweile alltäglich, lässt sich kaum vermeiden und führt nicht per se zu erhöhter Gefahr. Neu darf man deshalb bei dichtem Verkehr auf der Autobahn bei gleichbleibender Geschwindigkeit und mit der nötigen Vorsicht rechts an Fahrzeugen auf der Überholspur vorbeifahren. Verboten bleibt das eigentliche Rechtsüberholen, also das Auffahren und Ausscheren von der Überholspur auf die Normalspur, um zu überholen.
Kurse und Prüfungen gelten ohne Ablaufdatum
Ein besuchter Verkehrskundekurs, eine erfolgreich bestandene Theorieprüfung oder praktische Fahrprüfung haben kein Ablaufdatum mehr; neu gelten sie unbefristet. Einzige Ausnahme: Wenn der Führerausweis auf Probe annulliert wird, weil man zweimal gegen das Strassenverkehrsgesetz verstossen hat, muss man wieder ganz von vorn anfangen – inklusive Theorieprüfung.
Einstieg ins Motorradfahren ab 15 Jahren
Die schweizerischen Motorradkategorien werden mit der EU harmonisiert. Deshalb dürfen Jugendliche neu ab 16 Jahren mit Motorrädern der 125er-Klasse (Kategorie A1) fahren. Bei Kleinmotorrädern mit Höchsttempo 45 beträgt das Mindestalter sogar nur 15 Jahre.
Tempo 100 für Autos mit Anhänger
Mit einem Führerausweis der Fahrzeugkategorie B ist ein Anhänger mit 750 Kilo Gesamtgewicht erlaubt. Falls er schwerer ist, darf er das Gesamtzugsgewicht von 3500 Kilo nicht übersteigen. Für das Tempo gilt neu maximal 100 Kilometer pro Stunde (früher 80), sofern Anhänger und Zugfahrzeug für diese Geschwindigkeit zugelassen
sind.
Rechtsabbiegen mit Velo bei Rot
Radfahrerinnen und Mofafahrer dürfen neu auch bei Rot rechts abbiegen. Allerdings muss an der Ampel ein entsprechendes Signal angebracht sein.
Bis 12 mit dem Velo aufs Trottoir
Bisher durften nur Kinder, die noch nicht schulpflichtig sind, mit dem Velo auf dem Trottoir fahren
. Neu gilt das für Kinder bis 12 Jahre – wenn es keinen Radweg oder Radstreifen gibt. Zudem müssen sie Rücksicht auf Fussgänger nehmen und ihnen jeweils den Vortritt gewähren.
12 Monate Fahrpraxis
Wer noch nicht 20 ist, muss eine Fahrpraxis von 12 Monaten vorweisen können – mit einem Fahrlehrer oder einer Privatperson. Mit über 20 Jahren gilt keine Mindestdauer für die Fahrpraxis.
Reissverschlussprinzip bei Spurabbau
Platz machen, damit der Verkehr weiterfliessen kann: Wenn wegen einer Baustelle oder eines Unfalls eine Spur wegfällt, ist neu das Reissverschlusssystem gesetzlich vorgeschrieben. Autofahrerinnen müssen die Fahrzeuge auf der abgebauten Spur einbiegen lassen. Wer diese Pflicht missachtet, kann mit einer Ordnungsbusse von 100 Franken bestraft werden.
Rettungsgasse für Ambulanzen
Bei Verkehrsunfällen mit Verletzten
zählt jede Sekunde. Die Vorschriften für Rettungsgassen wurden deshalb präzisiert. Automobilisten müssen zwischen der linken und der rechten Spur – und bei dreispurigen Strassen zwischen der linken und den beiden rechten Spuren – genügend Platz für die Rettungsfahrzeuge freilassen, ohne dabei den Pannenstreifen zu belegen. Sonst droht eine Ordnungsbusse von 100 Franken.
Finden Sie die neuen Regeln sinnvoll oder stört Sie etwas besonders? Schreiben Sie es in die Kommentare!
Direkteinstieg in die grosse Motorradkategorie
Zu leistungsstärkeren Motorrädern der Kategorie A kann nur noch direkt übergehen, wer beruflich darauf angewiesen ist – etwa als Motorradmechaniker, Polizistin oder Verkehrsexperte. Alle anderen müssen zuerst mit einem gedrosselten Motorrad herumfahren. Wer zwei Jahre einwandfreie Fahrpraxis vorweisen kann, darf ein Gesuch für einen schwereren Töff stellen.
Der Rasertatbestand ist seit 2013 in Kraft. Er ist erfüllt, wenn jemand die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit wie folgt überschreitet:
- in der Tempo-30-Zone: um 40 km/h
- innerorts (50 km/h): um 50 km/h
- ausserorts (80 km/h): um 60 km/h
- auf Autobahnen (120 km/h): um 80 km/h
Solche Geschwindigkeitsexzesse werden seither mit einer Freiheitsstrafe zwischen einem und vier Jahren geahndet – und das Gericht kann das Auto verwerten lassen. Zudem muss der Raser den Führerausweis für mindestens zwei Jahre abgeben .
Dem Parlament waren diese Konsequenzen aber schon bald zu hart. Auf seine Veranlassung ordnet der Bundesrat nun definitiv an: Neu sollen die Gerichte im Einzelfall die konkreten Umstände prüfen und frei entscheiden können, welches Strafmass angemessen ist.
Weitere Erklärungen inklusive Videos zu den neuen Verkehrsregeln ab 2021 finden Sie auf der Website des Bundesamts für Strassen (Astra).
Zu Verkehrsregeln existieren viele Mythen bei Fahrzeuglenkern. Der Beobachter räumt mit Unsicherheiten auf: Mitglieder informieren sich hier nicht nur über aktuelle Änderungen im Strassenverkehrsrecht, sondern sehen zum Beispiel auch im Bussenkatalog, wie hoch die Geldstrafe je nach Geschwindigkeitsüberschreitung ist.
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1 Kommentar
Ich versuche meine Bedenken in einem Satz zum Ausdruck zu bringen: Die grössten Gefahren der neuen Verkehrsregeln sehe ich in der zunehmenden Verkehrsdichte einerseits und der damit einhergehenden zwangsläufigen Zunahme von rücksichtslosem Verhalten aller Verkehrsteilnehmer. In vielen Lockerungen (Beispiele u.a.: Rechtsvorfahr-Erlaubnis auf Autobahnen, Velobenützung auf Trottoirs durch Kinder) ist unübersehbar ein Laissez-faire zu beobachten, um die Massen der Verkehrsteilnehmer wenigstens einigermassen noch bewältigen zu können. Auf die Dauer kann das nicht gut gehen.