Warum zahlt die Versicherung nicht?
Ich wurde von einem E-Bike angefahren. Doch die Versicherung des Fahrers lehnt jegliche Leistung ab. Sein Verschulden sei nicht nachgewiesen. Zu Recht?
aktualisiert am 8. November 2018 - 11:20 Uhr
Ja. Bei Unfällen mit E-Bikes sind Fussgänger schlechter geschützt als bei Kollisionen mit einem Auto. Denn ein Autohalter haftet unabhängig davon, ob ihn ein Verschulden trifft – er muss für die sogenannte Betriebsgefahr einstehen, die sein Motorfahrzeug mit sich bringt.
E-Bikes gelten zwar auch als Motorfahrzeuge, doch der Gesetzgeber hat die Haftung entschärft. E-Bike-Fahrer haften nur, wenn ihnen ein Fehlverhalten und damit ein Verschulden nachgewiesen werden kann. Das gilt auch für «schwere» E-Bikes, also jene mit einer Tretunterstützung bis 45 Kilometer pro Stunde .
Bei E-Bikes ist es oft unmöglich, den Hergang des Unfalls und damit das Verschulden der Beteiligten zu eruieren. Meistens gibt es keine Bremsspuren, das Fahrzeug wird vor Eintreffen der Polizei weggeräumt, und es gibt keine Blechschäden, die Rückschlüsse ermöglichen. Wenn das Verschulden nicht beweisbar ist, verlieren die Geschädigten jegliche Ansprüche auf Schadenersatz. Dann muss auch die Versicherung des E-Bike-Fahrers nichts bezahlen.
Verschiedene Juristen und Verkehrsexperten sind der Ansicht, dass die verminderte Haftung der Realität nicht gerecht wird und E-Bikes wie Autos behandelt werden sollten. Grund ist die Physik: Auch wenn ein E-Bike «nur» doppelt so schnell fährt wie ein normales Velo, hat es die vierfache Energie. Entsprechend länger wird der Bremsweg. Dass vermehrt Personen damit fahren, die nicht fit genug für ein normales Fahrrad sind, mindert die Gefahr auch nicht gerade.
Auf jeden Fall gilt: Geben Sie nicht zu rasch auf und lassen Sie sich beraten, zum Beispiel vom Beobachter-Beratungszentrum. Sie können sich so mit Argumenten «bewaffnen», um die Versicherung umzustimmen. Und vielleicht sind sogar die Strafbehörden zum Schluss gekommen, dass der E-Bike-Fahrer den Unfall schuldhaft verursacht hat. Schliesslich bliebe Ihnen noch die Möglichkeit, sich an den Ombudsmann der Privatversicherung zu wenden.
Wie bei den Vierrädern gelten auch für Zweiräder gewisse Regeln. Erfahren Sie als Beobachter-Mitglied, welche speziellen Verkehrsregeln Velofahrer beachten sollten, wie Sie und Ihre Kinder mit dem Drahtesel am sichersten unterwegs sind und ob auf dem Velo eine Helmpflicht gilt.