Alle Mieterinnen und Mieter verlieren ihre Wohnung, wenn Vermieter ihre Liegenschaft sanieren wollen. Das geschieht immer wieder. Wie etwa im Fall der sogenannten Sugus-Häuser in Zürich: Kurz vor Weihnachten 2024 schickte die Eigentümerin allen Mietern die Kündigung.

Laut Zahlen der Zürcher Kantonalbank passiert das bei jährlich 2000 Mehrfamilienhäusern. 30’000 Bewohnerinnen und Bewohner sind davon betroffen, besonders in Städten und Tourismuszentren. Immerhin: In den Jahren 2022 und 2023 wurden weniger Häuser leergekündigt. Für 2024 gibt es noch keine Zahlen.

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Betroffene Mieterinnen und Mieter brauchen Zeit, um eine neue Lösung zu finden. Denn oft ist es schwierig, im Quartier oder gar in der Region wieder eine bezahlbare Wohnung zu finden.

Wie viel Vorlaufzeit bekommen die Mieterinnen, wann erfahren sie vom Vorhaben der Vermieterschaft? Durchschnittlich drei Jahre, wie die Zahlen zeigen. Bei Gebäuden im Kanton Zürich, die im Verlauf des Jahres 2023 geräumt sein mussten, zogen die ersten Bewohner bereits 2021 aus. 2023 wohnte nur noch gut die Hälfte der ursprünglichen Mieterschaft in den Gebäuden (siehe Grafik unten).

Betroffene fragen sich: Sind die Arbeiten tatsächlich nur möglich, wenn die Wohnungen leer sind, oder wollen die Eigentümer die Wohnungen nach der Sanierung einfach teurer vermieten? Diese Frage kann man von der Schlichtungsbehörde für Mietsachen prüfen lassen. Kommt es nicht zu einer Einigung, ist die nächstmögliche Instanz das Mietgericht.

Der Beobachter zeigt, worauf es ankommt, wenn Sie von einer geplanten Sanierung oder einer Leerkündigung betroffen sind. 

1. Schliessen Sie sich zusammen!

Viele Vermieter sind fair und informieren die Bewohner längere Zeit im Voraus über grosse Sanierungspläne. Dann gilt: Gemeinsam ist man stärker. 

  • Untereinander kommunizieren: Organisieren Sie sich und entwickeln Sie gemeinsam eine Strategie. Und bestimmen Sie allenfalls eine Sprecherin oder einen Sprecher, der mit der Vermieterschaft kommuniziert.
  • Möglichst viele Informationen sammeln: Was ist genau der Plan des Hauseigentümers, was hat er vor? Gibt es ein konkretes Bauvorhaben, und ist dieses schon bewilligt?
  • Anwalt beauftragen: Mieterinnen und Mieter können zusammen eine auf Mietrecht spezialisierte Anwältin engagieren. Damit sind die Kosten für den Einzelnen tiefer.
  • Medien und Politik einbeziehen: Besonders bei grösseren Bauvorhaben kann das etwas bringen.

Das Wichtigste: Bieten Sie sofort an, während der Sanierungsarbeiten auszuziehen.

2. Vor der Kündigung

Solange Sie noch keine Kündigung erhalten haben, können Sie nicht viel machen. Etwas sollten Mieterinnen und Mieter aber unbedingt tun:

  • Vorübergehenden Auszug anbieten: Und zwar möglichst sofort und per Einschreiben, damit es beweisbar ist. Denn: Wenn die Vermieterschaft dann trotzdem kündigt, ist das missbräuchlich. Das hat das Bundesgericht entschieden. Die Folge: Das Gericht kann die Kündigung aufheben. Mehr dazu am Schluss.
  • Beim Bauvorhaben mitreden: Die Mieterinnen können versuchen, die Vermieterschaft von baulichen Alternativen zu überzeugen, die weniger einschneidend sind. Falls das nichts bringt, können sie Einsprache gegen das Baugesuch erheben. Die Erfolgschancen sind aber nicht gross, wenn alle Bauvorschriften eingehalten sind.
Haben Sie rechtliche Fragen?

Die Expertinnen und Experten des Beobachter-Beratungszentrums haben auf fast alles eine Antwort und helfen gerne weiter. Hier finden Sie unser Angebot. 

3. Wenn die Kündigung auf dem Tisch liegt

Vermieter müssen bei einer Kündigung einige Vorschriften einhalten. Prüfen Sie deshalb die Kündigung genau.

  • Amtliches Formular: Die Kündigung ist nichtig, wenn sie nicht mit dem amtlich genehmigten Formular erfolgt. Bei Familienwohnungen müssen beide Ehegatten je einen Brief bekommen – auch wenn nur einer der Partner im Vertrag steht.
  • Fristen und Termine: Der Vermieter muss die Kündigungsfristen und Termine im Vertrag einhalten.
  • Rechtzeitig anfechten: Wer die Kündigung anfechten will, muss dies innert 30 Tagen tun.

Ist das Bauvorhaben nicht ausgereift oder die Finanzierung nicht gesichert, stehen die Chancen der Mieter gut.

4. Wann eine Kündigung missbräuchlich ist

Falls die Schlichtungsbehörde oder das Gericht zum Schluss kommt, dass die Kündigung missbräuchlich ist, wird sie aufgehoben, und ein dreijähriger Kündigungsschutz beginnt zu laufen. Missbräuchlich kann die Kündigung im Einzelfall sein, wenn …

  • … die geplante Sanierung auch im bewohnten Haus ohne wesentliche Verzögerung oder Komplikationen möglich wäre. Etwa wenn nur die Wände neu gestrichen, Balkone angebaut oder die Fassaden renoviert werden sollen.
  • … der Vermieter «auf Vorrat» gekündigt hat, wenn also das Bauvorhaben zum Zeitpunkt der Kündigung noch nicht ausgereift ist. Das ist dann der Fall, wenn es nur einen einfachen Entwurf für die nötigen Arbeiten gibt, noch gar kein Baugesuch eingereicht wurde, nur ein Investitionsplan vorliegt oder die Finanzierung ungesichert ist.
  • … wenn die Sanierung nicht realitätsnah oder sogar unmöglich erscheint. 

Falls die Kündigung rechtens ist, können Mieterinnen und Mieter dennoch verlangen, dass das Mietverhältnis erstreckt wird. 

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