Ein Haus nach Mass
Immer mehr Wohnhäuser sind für Interessengruppen gebaut. Vier Beispiele aus der Schweiz zeigen die Idee.
Veröffentlicht am 16. September 2013 - 18:12 Uhr
Mettmenstetten ist eine beliebte Wohngemeinde im Einzugsgebiet von Zürich und Zug. In den siebziger und achtziger Jahren erfüllten sich hier viele Familien den Traum vom eigenen Haus in ländlicher Umgebung mit guten Verbindungen in die Städte. Rund 350 der 500 Eigenheimbesitzer in Mettmenstetten sind unterdessen 50 Jahre alt oder älter – ein Zeitpunkt, zu dem sich viele Gedanken machen, wie sie im fortgeschrittenen Alter wohnen möchten. Die meisten blieben auch dann gern in der Gemeinde wohnen, wenn das Haus mit seinen Treppen und dem Garten zu mühsam würde – doch bisher fehlte ein passendes Wohnungsangebot für einen Umzug. Das Projekt «Maettmi 50 plus», das 2015 bezugsbereit ist, füllt nun genau die Lücke: Es umfasst 18 altersgerecht ausgebaute Mietwohnungen im Dorfzentrum, in der Nähe von Einkaufsmöglichkeiten, des öffentlichen Verkehrs und medizinischer Versorgung. Die Initianten stammen alle selbst aus dem Ort und haben eine Genossenschaft gegründet. Diese zählt inzwischen 50 Mitglieder und wird die Wohnungen an Leute aus dem Ort wie auch an Auswärtige vermieten. Die Mieterinnen und Mieter geniessen ein lebenslanges Wohnrecht. Das Projekt hat Modellcharakter für zahlreiche andere Agglomerationsgemeinden mit demselben Problem. Kein Wunder, wurde es bereits mit einem Preis der Heinrich-und-Erna-Walder-Stiftung ausgezeichnet.
Verschiedene Gemeinden in der Schweiz haben sich zum Ziel gesetzt, die Vorgaben der 2000-Watt-Gesellschaft zu erfüllen. Das heisst, jeder Einwohner soll künftig im Schnitt nicht mehr als 2000 Watt Leistung benötigen – das entspricht zwei auf vollen Touren laufenden Haarföhnen. Heute benötigen wir eine Leistung von 5000 bis 6000 Watt, entsprechend hoch fällt der Gesamtenergieverbrauch aus. Da fast 50 Prozent unseres Energiebedarfs für die Beheizung von Gebäuden verbraucht werden, sind besonders sparsame Wohnhäuser oder -siedlungen wichtig für die 2000-Watt-Gesellschaft. Mit dem Projekt «Schorenstadt» des Baukonzerns Implenia entsteht in der Nähe des Badischen Bahnhofs in Basel derzeit eine solche 2000-Watt-Siedlung. Die 43 Reihenhäuser und zwei Mehrfamilienhäuser mit 22 Eigentumswohnungen werden aus Holz gebaut und erfüllen den strengen Energie- und Ökologiestandard Minergie-P-Eco. Damit vor allem Menschen in die «Schorenstadt» ziehen, die grundsätzlich Wert auf einen ökologischen Lebensstil legen, gibt es auf der Website des Projekts einen Test zum Ausfüllen. Zudem müssen die Käufer eine Charta unterschreiben, die sie zum ökologischen Handeln auffordert.
Gut die Hälfte der Haushalte in den grossen Deutschschweizer Städten verfügt über kein Auto. Noch immer verlangen die meisten Baugesetze aber, dass pro Wohnung mindestens ein Parkplatz gebaut wird. Viele dieser Plätze stehen dann leer, belasten aber die Wohnkosten. Vor allem gemeinnützige Wohnbauträger engagieren sich deshalb seit längerem für den Bau von autofreien Siedlungen. Dort darf gemäss Definition pro fünf Wohnungen maximal ein Parkplatz gebaut werden. Das erste Projekt dieser Art ist die vor drei Jahren fertiggestellte Siedlung «Burgunder» in der Nähe des Berner S-Bahnhofs Bümpliz. Initianten waren die gemeinnützigen Wohnbauträger NPG und WOK Burgunder aus Bern. Den Bewohnern der 82 Wohnungen stehen lediglich sechs Parkplätze für Besucher und einer für ein Mobility-Auto zur Verfügung, dafür aber 120 Veloabstellplätze. Möglich war diese Abweichung von den üblichen Parkplatznormen dank dem Berner Baugesetz, in dem die Zahl der Parkplätze gemäss der Nutzung festgelegt wird. Da alle «Burgunder»-Bewohner sich vertraglich verpflichten müssen, kein Auto zu besitzen, war die Voraussetzung für den Verzicht auf die sonst nötigen 80 bis 100 Parkplätze gegeben. Das Vorbild der Siedlung hat unterdessen zu ähnlichen Projekten in anderen Schweizer Städten geführt.
Das ursprüngliche Dorfleben war geprägt von einem Nebeneinander und Miteinander der Generationen. Die heutige Gesellschaft – insbesondere im städtischen Umfeld – hat sich zum Teil weit davon entfernt. Die Bevölkerung wird immer älter, und viele wollen den Lebensabend nicht in einem Altersheim verbringen. Um diese Herausforderung zu bewältigen, werden derzeit neue Wohnmodelle erprobt, darunter Mehrgenerationenhäuser oder -siedlungen. Sie kopieren das Vorbild des dörflichen Lebens und sorgen mit einem passenden Wohnungsangebot dafür, dass Menschen verschiedener Generationen sich im Wohnalltag wieder näherkommen. Ein Leuchtturmprojekt dieser neuen Wohnform ist das Mehrgenerationenhaus «Giesserei» der Wohngenossenschaft Gesewo in Winterthur, das im letzten Winter bezogen wurde. Es umfasst 155 Wohnungen verschiedener Grössen, Wohngemeinschaften für behinderte Menschen, eine Kinderkrippe, medizinische Praxen, eine Bibliothek, ein Velogeschäft, ein Restaurant, verschiedene Gemeinschaftsräume sowie eine «Pantoffelbar» im Dachgeschoss, in der sich die Bewohner treffen können. Ein Hausverein, der das Projekt initiiert hat, kümmert sich um das Zusammenleben und eine gute Durchmischung der Bewohnerschaft.
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1 Kommentar
Jede Wohnung hat seine vor und nachteile das muss jeder für sich selbst bestimmen und ich finde für mich ist halt eine wohnung mit der freundin ist halt besser als wg