Wenn der Tod die Eltern scheidet
Der Vater oder die Mutter stirbt: Wie wird das Erbe aufgeteilt? Worauf muss man achten? Eine Anleitung.
Nach dem Tod einer verheirateten Person mit Kindern müssen sich die Hinterbliebenen früher oder später mit der Erbschaft beschäftigen. Häufig wird hierbei vergessen, dass man vor einer Erbteilung zunächst die güterrechtlichen Verhältnisse des Erblassers klären muss. Erst dann kann die Hinterlassenschaft zwischen dem überlebenden Ehegatten und den Kindern geteilt werden.
Schliesslich hat der überlebende Ehegatte bereits aus dem Güterrecht Anspruch auf einen Teil des ehelichen Vermögens, da die Ehe auch eine Vermögensgemeinschaft ist. Diese muss zuerst aufgelöst werden. Das Güterrecht hat somit einen massgeblichen Einfluss darauf, was überhaupt zur Erbmasse gehört.
Hat ein Ehepaar keinen Ehevertrag abgeschlossen, gelten für die güterrechtliche Abrechnung die gesetzlichen Bestimmungen über die Errungenschaftsbeteiligung. Dabei besteht das eheliche Vermögen aus vier Massen: aus dem Eigengut (1) und der Errungenschaft (2) des Mannes sowie aus dem Eigengut (4) und der Errungenschaft (3) der Frau.
Güter- und Erbrecht: Wer bekommt was?
Zum Eigengut gehören Vermögensbestandteile, die schon vor der Ehe vorhanden waren, oder Schenkungen und Erbschaften während der Ehe. Ausserdem fallen darunter Gegenstände, die ausschliesslich dem persönlichen Gebrauch dienen, wie Kleider und Schmuckstücke. Die Errungenschaft dagegen umfasst alle anderen Vermögenswerte, die ein Ehepartner während der Ehe entgeltlich erworben hat. Dazu zählen auch Einkommen aus Arbeitserwerb oder Sozialversicherungen sowie Erträge des Eigengutes.
Stirbt eine verheiratete Person, muss zuerst geklärt werden, wer Eigentümer der Vermögensgegenstände ist und zu welcher Gütermasse sie gehören. Das kann nach vielen Ehejahren schwierig sein. Darum sieht das Gesetz Folgendes vor: Ist nicht beweisbar, wem eine Sache gehört, wird Miteigentum der Eheleute angenommen.
Sodann muss der Gegenstand der jeweiligen Errungenschaft oder dem jeweiligen Eigengut zugeordnet werden. Ist unklar, wohin er gehört, fällt er im Zweifel in die Errungenschaft. Jeder Ehegatte kann dann seine Schulden von der Errungenschaft abziehen.
Ist das Ergebnis nach Abzug der Schulden positiv, spricht man von Vorschlag. Ist es negativ, heisst dies Rückschlag. Bei vielen Vermögensgegenständen - Liegenschaften, Kunstgegenständen, Autos und so weiter - muss eine Bewertung eingeholt werden. Massgebend ist der Verkehrswert.
Ein Erbe teilen zu müssen, kann unter Umständen zu Unstimmigkeiten führen. Doch jede Teilungshandlung braucht Einstimmigkeit. Beobachter-Mitglieder erfahren, wie sie innerhalb der Erbengemeinschaft eine gütliche Lösung finden können und welche Teilungsregeln beim Erben gelten.
- 1Teilungsregeln beim Erben
- 2Verzicht auf den Erbteil zugunsten des verwitweten Elternteils
- 3Schenkungen und Erbvorzüge ausgleichen
- 4Erbteil abtreten oder verkaufen
- 5Testament des Erblassers verletzt Pflichtteile
- 6Neue Pflichtteile mit der Erbrechtsrevision
- 7Mediation bei streitenden Erben
- 8Wert einer geerbten Liegenschaft
Der Stichtag für die güterrechtliche Auseinandersetzung ist der Todestag, nicht die Erbteilung. Der überlebende Ehegatte behält sein Eigengut (4) und jeweils die Hälfte des Vorschlages (2 und 3). Am Rückschlag (negative Errungenschaft) muss sich der andere Ehegatte nicht beteiligen.
In den Nachlass fallen das Eigengut (1) und die Hälfte des Vorschlages des Verstorbenen (2). Ausserdem muss der überlebende Ehegatte auch die Hälfte seines eigenen Vorschlages (3) rechnerisch zum Nachlass hinzufügen.
Steht die Erbschaft fest, kann die Erbteilung
vorgenommen werden. Auf den überlebenden Ehegatten entfällt wertmässig die Hälfte, die andere Hälfte steht den Nachkommen des Verstorbenen zu.
Der überlebende Ehegatte und die Nachkommen bilden ab dem Todestag automatisch eine Erbengemeinschaft und bleiben dies bis zur Erbteilung. Diese kann auch erst nach einigen Jahren oder sogar erst nach Jahrzehnten erfolgen. Besteht aber ein Erbe auf seinem ihm gesetzlich zustehenden Anteil, kann er ihn jederzeit einfordern.
Wollen die Ehegatten sich gegenseitig stärker begünstigen, stehen ihnen verschiedene Möglichkeiten offen: Mit einem Ehevertrag kann zum Beispiel die gesamte Errungenschaft dem überlebenden Ehegatten hinterlassen werden. Weitere Möglichkeiten bieten sich mit dem Testament oder einem Erbvertrag an.
Genügt ein Ehevertrag fürs Erben?
Frage einer Leserin: Gemäss unserem Ehevertrag erhält mein Mann bei meinem Tod unser gesamtes angespartes Vermögen. Braucht es noch ein Testament?
Antwort von Cornelia Döbeli, Beobachter-Beraterin im Fachbereich Erbrecht
Ja, das ist zu empfehlen. Denn wenn die Bank von einem Todesfall erfährt, sperrt sie in der Regel das Konto der verstorbenen Person . Zugang gewährt sie erst, wenn ein Erbschein vorliegt und die aufgeführten Erben ihr Einverständnis gegeben haben. Das kann lange dauern.
Wenn Sie Kinder haben, gehören diese zu den gesetzlichen Erben und werden deshalb auf dem Erbschein aufgeführt. Das gilt auch, wenn Sie die ganze Errungenschaft im Ehevertrag dem überlebenden Ehegatten zugewiesen haben und das eheliche Vermögen nur aus Errungenschaft besteht, also aus dem, was Sie während der Ehe aus Einkommen angespart haben. Damit die Kinder nicht auf dem Erbschein erscheinen, müssen Sie und Ihr Mann noch zusätzlich in je einem Testament den überlebenden Ehegatten als Alleinerben einsetzen. Damit verlieren die Kinder ihre Erbenstellung, und der Erbschein lautet allein auf den überlebenden Gatten.
Wie hoch ist der gesetzliche Erbanteil der Kinder oder des (Ehe-)partners? Kann man diesen mit dem Pflichtteil weiter begrenzen? Testen Sie den Erbrechner des Beobachters und finden Sie es anhand Ihrer Lebens- und Familiensituation heraus.