Was der höhere Leitzins für uns bedeutet
Die Nationalbank hat den Leitzins erneut erhöht – Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Veröffentlicht am 23. Juni 2023 - 16:25 Uhr
Erhalte ich jetzt mehr Zins auf dem Sparkonto?
Theoretisch ja: Laut ökonomischen Lehrbüchern sollte ein höheres Zinsniveau – und genau das will die Schweizerische Nationalbank (SNB) – zu höheren Zinsen auf Sparkonten führen. Die Vergangenheit zeigt aber, dass die Banken meist erst reagieren, wenn der Markt sie dazu zwingt. Innert eines Jahres ist der Leitzins
insgesamt um 2,5 Prozentpunkte gestiegen, der durchschnittliche Sparzins der Banken laut SNB-Statistik aber nur um 0,3 Prozentpunkte. Insbesondere Banken, die
nach dem Zusammenbruch der Credit Suisse ohnehin überrannt werden, haben wohl vorerst keinen Anlass, mit höheren Zinsen noch mehr Kundschaft anzulocken.
Für Inhaberinnen und Inhaber eines Sparkontos heisst das: Fragen Sie Ihre Bank, wann sie die Zinsen erhöht. Tut sie dies nicht, vergleichen Sie die Konditionen mit jenen anderer Banken (zum Beispiel auf Moneyland) und wechseln Sie zu einer Bank mit besserem Zins. Dies ist wichtig, denn die Inflation frisst das Sparguthaben
auf: Geht es so weiter, ist das aktuelle Bankguthaben in 30 Jahren nur noch halb so viel wert.
Der Wechsel ist mit bescheidenem Aufwand verbunden. Beachten Sie aber allfällige Kündigungsfristen und Rückzugsbedingungen Ihres bestehenden Sparkontos.
Was heisst das für meine Hypothek?
Bei bestehenden Festhypotheken ändert sich bis zum Ablauf des Vertrags nichts. Saron-Hypotheken (ehemals Libor) hingegen werden teurer: Der höhere SNB-Leitzins wird sich praktisch 1:1 auf den massgeblichen Saron-Zinssatz auswirken; Saron-Kundinnen und -Kunden müssen darum 0,25 Prozentpunkte mehr Zins bezahlen, sobald dies laut ihrem Vertrag vorgesehen ist.
Wer demnächst seine Hypothek erneuern muss oder neu eine braucht, steht vor einem schwierigen Entscheid. Jahrelang gab es einen grossen Zinsvorteil zugunsten der Saron-Hypothek, dieser ist aktuell praktisch verschwunden, die Unterschiede zwischen den Zinssätzen von Saron-, kurz-, mittel- und langfristigen Hypotheken sind ungewöhnlich klein. Das vermag viele zu einer möglichst langfristigen Festhypothek verleiten. Falls der Saron-Zinssatz aber in Zukunft wieder sinkt – was möglich, aber nicht sicher ist – ist man dann noch jahrelang an einen zu teuren Vertrag gebunden.
Steigt jetzt mein Mietzins?
Nicht sofort, aber mittelfristig wohl schon. Der höhere SNB-Leitzins verteuert die Hypothekarzinsen, und sobald der durchschnittlich bezahlte Hypothekarzins, der sogenannte Referenzzinssatz, um 0,25 Prozentpunkte steigt, ist auch eine (erneute) Erhöhung der Mietzinse erlaubt. Bereits per Anfang Juni stieg der Referenzzinssatz um 0,25 Prozentpunkte, was eine Mietzinserhöhung von bis zu 3 Prozent auslösen kann. Ob die Leitzinserhöhung bereits Auswirkungen auf den nächsten Stichtag (1. September) oder erst später hat, ist aber noch ungewiss.
Welche Auswirkungen hat der SNB-Entscheid auf die Teuerung?
Es ist widersprüchlich: Die SNB erhöht den Leitzins, weil sie damit die Inflation bremsen will. Denn höhere Zinsen kühlen die Kauflaune von Konsumenten und Unternehmen, weil Kredite teurer werden. Das bremst das Wachstum, und die Nachfrage nach Gütern sinkt.
Zunächst aber heizt der höhere Leitzins die Teuerung erst recht an, etwa wenn die Mietzinse steigen . In den letzten Monaten ist die Teuerung zwar tendenziell gesunken, sie ist aber im Mai mit 2,2 Prozent immer noch zu hoch, nämlich über der von der SNB definierten Limite von maximal 2 Prozent. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass die SNB in einigen Monaten den Leitzins noch einmal erhöht.