Niemand glaubt mir, wenn ich sage, dass ich regelmässig jogge. Selbst meine Freunde brechen meistens in Gelächter aus, wenn sie mich per Zufall auf meiner Joggingstrecke antreffen. Sie fragen dann, ob ich gerade zum ersten Mal jogge. Was entweder an meinem drolligen Laufstil liegt oder an meinem Outfit: einer Trainerhose und einem Kapuzenpulli.

Partnerinhalte
 
 
 
 

Damit bin ich natürlich underdressed. Auf Schweizer Joggingstrecken darf man sich ohne hautenges Hightech-Outfit nicht blicken lassen.

Aber das will ich nicht. Bevor ich viel Geld für atmungsaktive Thermoleggins und Goretex-Jacken ausgebe, klebe ich mir lieber eine Tausendernote an die Stirn. Schützt auch besser vor Regen.

Dass ich beim Joggen blöd aussehe, macht mir nichts aus. Ich jogge nicht für die anderen, ich jogge für mich. Früher, um den Kopf zu lüften, heute – nach der Geburt unserer Tochter –, um den Kontakt mit meinem Körper nicht ganz zu verlieren.

Joggen ist der Sport, mit dem ich mich am meisten identifiziere. Ich bin zu faul zum Schwimmen und zu asozial für Teamsport. Bei keinem anderen Sport kann man mental auf ein Ziel zurennen und gleichzeitig vor seinen Problemen davonrennen. Und all das mit einem Podcast im Ohr. Perfekt.

Bereits unsere prähistorischen Vorfahren waren Jogger. Sie sind ihrem Jagdziel nicht nachgerannt, sondern nachgejoggt – flotten Schrittes einer Herde Gnus hinterhergejoggt, bis eines der Tiere die Lust oder den Atem verloren hat. Statt wilden Tieren joggen wir heute mentalen Zielen hinterher.

Zuerst war ich ja skeptisch. Zu Beginn kostete es jedes Mal Überwindung, unterdessen fällt es mir schwerer, nicht joggen zu gehen. Sogar meine Senkfüsse haben sich über die Jahre damit angefreundet. Unterdessen jogge ich sogar mit meiner Tochter im Kinderwagen. Unsere Rallye durch Matschepfützen gibt ein seltsames Bild ab. Sie sitzt im Wagen und spornt mich an, gibt mir Anweisungen – wie ein kleiner Personal Trainer.

Natürlich gibt es negative Punkte: Joggen unter null Grad ist eine Qual. Auch die Tierwelt hat kein Verständnis für diesen Sport. Junge Hunde stellen sich mir regelmässig in den Weg, wollen Aufmerksamkeit. Ebenfalls hört man immer wieder von Greifvögeln, die Joggerinnen und Jogger angreifen. Von einem Mäusebussard attackiert zu werden, ist noch immer die seltsamste Joggingverletzung.

Joggen ist der perfekte Sport für Effizienzfetischisten und Ehrgeizlinge. Leider ist der Sport noch nicht olympisch. Obschon ich gern ein paar kompetitiven Joggerinnen und Joggern zuschauen würde.

Meine Bewertung fürs Joggen: ★★★☆☆

Zur Person
Patrick «Karpi» Karpiczenko