Transparenz hat einen schweren Stand in der schweizerischen Politik. Im Gesundheitswesen haben es gesetzliche Regelungen zur Verhinderung von Interessenkonflikten aber besonders schwer. Dabei sollten Patientinnen und Patienten nur aufgrund von medizinischen Fakten behandelt werden und nicht weil Ärztinnen, Ärzte, Spitäler und andere Leistungserbringer daraus finanzielle Vorteile erlangen.

In der sperrigen Behördensprache ist die Rede von «Versprechen und Annehmen geldwerter Vorteile», Kritiker sprechen von «Anfütterung»

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National- und Ständerat diskutieren seit Jahren immer wieder, wie diese Problematik geregelt werden soll. Mehrfach wurde das Heilmittelgesetz (HMG) deshalb überarbeitet – und doch blieben grosse Schlupflöcher. Immerhin: 2020 traten neue Bestimmungen zur Integrität und Transparenz im Heilmittelbereich in Kraft. 

Keine finanziellen Vorteile für Ärzte

Seither regelt ein Passus explizit, dass die Wahl einer Behandlung nicht durch «Vorteile jeglicher Art» beeinflusst werden darf. Üppige Einladungen an Ärztinnen und umfangreiche Geschenke an Arztpraxen, wie sie früher gang und gäbe waren, sind nicht mehr zulässig.

Erlaubt sind noch Geschenke im Maximalwert von 300 Franken pro Fachperson und Jahr sowie Unterstützungsbeiträge für Forschung, Weiter- und Fortbildung.

Preisrabatte bei Medikamenten müssen Ärzte und Spitäler seither dem Bundesamt für Gesundheit offenlegen. Und: Rabatte müssen grundsätzlich den Patientinnen und Patienten weitergegeben werden.

Pflicht zur Transparenz erweitern

Jetzt nimmt die Gesundheitskommission des Nationalrats ein Thema auf, das der Bundesrat schon 2012 gesetzlich regeln wollte. Doch das Parlament strich den Passus später. Der neue Gesetzesentwurf will Interessenkonflikte von Ärztinnen und Ärzten sowie Spitälern offenlegen.

Also wenn beispielsweise eine Ärztin an einer Firma für Medikamenten-Versandhandel beteiligt ist. Und so indirekt ihr eigenes Einkommen steigert, je öfter sie bestimmte Medikamente verschreibt. Oder wenn eine Apotheke im Besitz eines Medikamenten-Grosshändlers ist und wirtschaftlich daran interessiert ist, möglichst viele (bestimmte) Medikamente zu verkaufen.

Diese Offenlegungspflicht, die das Parlament vor fünf Jahren noch verworfen hat, soll zudem nicht nur die Verbandelung von Ärzten und Spitälern mit der Pharmaindustrie transparent machen, sondern auch Interessenkonflikte wegen Medizinprodukte-Herstellern. Damit soll denjenigen Ärztinnen und Ärzten ein Riegel geschoben werden, die etwa von Herstellern vergünstigte Implantate erhalten, je mehr sie davon einsetzen.

Öffentliches Register gefordert

Der Gesetzesentwurf geht auf eine parlamentarische Initiative des heutigen SP-Ständerats Baptiste Hurni (NE) zurück. Er fordert, dass Ärzte und Spitäler in einem öffentlich zugänglichen Register Beteiligungen «bei Wirtschaftsakteuren» auflisten müssen.

Hier sollen sie auch Leistungen transparent machen, die sie von der Pharmaindustrie oder der Medizinprodukte-Branche «ohne Entgelt» erhalten. Auch Verträge, die die Ärzte an «Wirtschaftsakteure» binden, sollen nach Ansicht von Ständerat Hurni offengelegt werden müssen.

Kommission will Ausnahmen zulassen

Ganz so weit will die Mehrheit der Gesundheitskommission nun nicht gehen. Auf ein öffentlich zugängliches Register will man verzichten.

Die Kommission schlägt etwas schwammig vor, dass sich Patientinnen und Patienten «im Internet oder vor Ort» über mögliche Interessenbindungen informieren können. Und «geringfügige» Beteiligungen an Unternehmen sollen nicht offengelegt werden müssen.

Ebenso eine Ausnahme machen will die Kommission, wenn diese Unternehmen mit Heilmitteln handeln, die nur ein «geringes Risikopotenzial» aufweisen.

Verstösse gegen die neue Transparenzregelung will die Gesundheitskommission mit Bussen von bis zu 50’000 Franken ahnden. Wann das Parlament über den Gesetzesentwurf diskutieren wird, ist noch nicht klar. Bis Mitte Mai können sich politische Akteure in der Vernehmlassung zum Vorschlag äussern.

Quellen