Jeder dritte 15-Jährige hat in den letzten 30 Tagen mindestens ein Nikotinprodukt konsumiert: Zigaretten, Snus, Vapes, Schnupftabak. Tendenz steigend.

Eigentlich sollte sich das ändern, denn vor über zwei Jahren wurde die Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» von der Stimmbevölkerung deutlich angenommen – trotz Widerstand aus Bundesrat, Parlament und Tabaklobby.

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Ungeachtet dessen hat der Ständerat diese Woche einen Entwurf verabschiedet, der diverse Ausnahmen in den Bereichen Promotion und Sponsoring vorsieht. Das Parlament dreht sich damit im Kreis.

«Nicht verfassungskonform»

Bereits vor einem Jahr verabschiedete der Ständerat eine im wesentlichen deckungsgleiche Vorlage. Gutachten des Bundesamts für Gesundheit und des Bundesamts für Justiz zu dieser Vorlage kamen zu einem vernichtenden Urteil: «Nicht verfassungskonform».

Zum Beispiel dürfe der Verkauf durch mobiles Verkaufspersonal an Anlässen nicht erlaubt sein – etwas, was der Ständerat aber gern erlauben will und dafür Ausnahmen ins Gesetz geschrieben hat.

Werbeverbote zeigen Wirkung

«Der Zusammenhang zwischen Tabakwerbung und Konsumverhalten ist durch zahlreiche Untersuchungen belegt», sagte SP-Ständerätin Flavia Wasserfallen in der Debatte diese Woche. Das gelte auch für Verkaufsförderungsmassnahmen wie «den Einsatz von mobilem Verkaufspersonal sowie für Wettbewerbe und Sponsoring».

SP-Gesundheitsministerin Elisabeth Baume-Schneider pflichtete bei. Der Fall Grossbritannien zeige, dass Werbeeinschränkungen Wirkung erzielen. Dort sei die Raucherquote innerhalb von 20 Jahren halbiert worden.

Genützt haben die engagierten Voten nichts.

Kleine Kammer will viele Ausnahmen

Der Ständerat sprach sich deutlich für ein Gesetz voller Ausnahmen aus, ein Gesetz, das notabene im Nationalrat Anfang Jahr bereits abgestürzt ist: Der SVP ging es zu weit, und die Linke beharrte darauf, dass Sponsoring und mobile Verkaufsförderung verboten werden müssten.

Falls der Nationalrat die Vorlage des Ständerats ein zweites Mal ablehnt, käme das einem Totalabsturz gleich. Bei der Umsetzung der Initiative wäre das Parlament wieder auf Feld eins.

«Die Schweiz scheint mehr Interesse am Wohlbefinden der Tabakkonzerne zu haben als an der Gesundheit der Bevölkerung.»

Verband der europäischen Krebsligen

Das jüngste Verdikt des Verbands der europäischen Krebsligen dürfte sich damit nicht so schnell ändern: «Die Schweiz scheint mehr Interesse am Wohlbefinden der Tabakkonzerne zu haben als an der Gesundheit der Bevölkerung.»

Tabakmultis lieben die Schweiz

In der Schweiz sitzen drei der weltweit grössten Tabakkonzerne: Philip Morris (Marlboro, Chesterfield, Philip Morris), Japan Tobacco International (Winston, Camel, American Spirit) und British American Tobacco (Lucky Strike, Barclay, Pall Mall, Parisienne, Vuse).

Wie gross deren Einfluss auf die Schweizer Politik ist, zeigt ein Blick auf den internationalen Tabaklobby-Index: Dort landete die Schweiz auf dem zweitletzten Platz.