So straft der Staat
Gefängnis oder nur Busse? Eine Übersicht über die Konsequenzen, die Straftaten haben können.
Veröffentlicht am 24. Mai 2019 - 16:50 Uhr
Ordnungsbusse
Pia hat bei einem Stoppsignal nicht vollständig angehalten. Eine Polizistin hat das beobachtet und drückt ihr eine Busse in die Hand.
Der Rollstopp kostet 60 Franken.
- Das ist eine Ordnungsbusse im Strassenverkehr . Sie wird im vereinfachten Verfahren abgehandelt. Das gilt, wenn eine Übertretung in der Bussenliste des Bundesrats aufgeführt ist.
- Ordnungsbussen im Verkehr sind für alle gleich, unabhängig von persönlichen Verhältnissen und Vorleben.
- Die höchste mögliche Ordnungsbusse beträgt 300 Franken.
- Es dürfen keine Verfahrenskosten erhoben werden.
- Ordnungsbussen kann man gleich an Ort und Stelle oder innerhalb von 30 Tagen bezahlen. Wer nicht sofort zahlt, muss die Personalien angeben und bekommt einen Einzahlungsschein.
- Wenn die Busse innert 30 Tagen bezahlt wird, ist sie rechtskräftig, und die Sache ist erledigt. Sonst wird ein ordentliches Strafverfahren eröffnet. Wenn man dabei unterliegt, muss man mit Verfahrenskosten von mehreren Hundert Franken rechnen.
Busse
Anton beschwert sich bei Nachbar Max über Lärm in der Nacht. Max wird wütend und versetzt ihm einen heftigen Stoss. Anton stellt einen Strafantrag. Zwei andere Nachbarn können den Vorfall bezeugen. Max wird zur Bezahlung einer Busse verurteilt.
- Die Busse ergibt sich aus dem Gesetz: Wer eine sogenannte Tätlichkeit begeht, wird auf Antrag hin gebüsst.
- Das Gericht berücksichtigt die Verhältnisse des Täters und setzt die Busse so an, dass sie seinem Verschulden angemessen ist. Das Maximum liegt bei 10'000 Franken.
- Wenn jemand die Busse aus eigenem Verschulden nicht zahlt, droht eine sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe, also Gefängnis.
- Der Täter kann beantragen, anstelle der Busse gemeinnützige Arbeit zu leisten.
Geldstrafe
Karin speist in einem edlen Restaurant und schleicht sich davon, ohne zu zahlen. Der Kellner ruft die Polizei, die Karin noch am selben Abend anhält. Das Restaurant stellt einen Strafantrag, Karin wird zu einer Geldstrafe verurteilt.
- Das ist Zechprellerei , auf die gemäss Gesetz eine Geldstrafe folgen kann.
- Geldstrafen setzen sich aus einer bestimmten Anzahl von Tagessätzen zusammen. Wie viele, hängt davon ab, wie schwer das Verschulden gewichtet wird. Das Minimum sind 3, das Maximum 180 Tagessätze.
- Das Gericht bestimmt die Höhe eines Tagessatzes nach persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters. Das Minimum sind 30, das Maximum 3000 Franken. In Härtefällen wird auf 10 Franken reduziert.
- Das Gericht setzt eine Zahlungsfrist. Wer nicht zahlt, riskiert eine Betreibung.
- Wer kein Geld hat, muss mit einer Ersatzfreiheitsstrafe rechnen, also mit Gefängnis.
- Wer die Geldstrafe lieber abarbeiten möchte, kann ein Gesuch stellen (siehe unten «Eine Strafe abarbeiten»).
Freiheitsstrafe
Weil er zu wenig Geld zum Leben hat, bricht Sepp regelmässig teure Mountainbikes auf und verkauft sie weiter. Gestützt auf Zeugenaussagen wird er vom Gericht zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.
- Das ist gewerbsmässiger Diebstahl, gemäss Gesetz droht eine Geld- oder eine Freiheitsstrafe.
- Freiheitsstrafen dauern mindestens drei Tage und höchstens 20 Jahre. Lebenslänglich ist nur möglich, wenn es das Gesetz ausdrücklich bestimmt – etwa bei Mord.
In bestimmten Fällen ist es möglich, eine Busse, eine Geldstrafe oder eine höchstens sechsmonatige Freiheitsstrafe gemeinnützig abzuarbeiten .
- Gesuche werden meist bewilligt, wenn nicht zu erwarten ist, dass der Verurteilte flieht oder weitere Straftaten begeht.
- Die Arbeit muss zugunsten des Gemeinwohls sein, etwa für eine soziale Einrichtung oder eine hilfsbedürftige Person – und zwar ohne Lohn.
- Wenn Verurteilte die gemeinnützige Arbeit auch nach einer Mahnung nicht fristgerecht leisten, dann wird die ursprüngliche Strafe vollstreckt.
Bei einer Strafuntersuchung ist es wichtig, die eigenen Rechte zu kennen. Können Aussagen wie «Ich kann mich nicht erinnern!» bereits gegen einen verwendet werden? Ist man verpflichtet, das Protokoll zur Einvernahme zu unterschreiben? Beobachter-Mitglieder erhalten die Antworten in der Checkliste «So kommen Sie in der polizeilichen Einvernahme nicht unter die Räder».
2 Kommentare
Ein zusätzliches Strafelement ist ja der Strafregistereintrag. Denn der verhindert in gewissen Branchen eine Anstellung, sei es auf Zeit (Sicherheitsdienstleister für die Dauer der Bewährungsfrist, beso. Kt. ZH) oder lebenslänglich (Arbeit mit Schutzbefohlenen und/oder Kindern im Falle bestimmter Katalogstrafen, z.B. Vergewaltigung). Interessant ist, dass die VOSTRA in Art. 3 vor allem die Geldbusse erwähnt. Die Geldstrafe hingegen nur für den Wiederholungsfall und wenn das zugrundeliegende Bundesgesetz das ausdrücklich vorsieht. Gesetzgeberische Lücke?
Schön wär's, wenn das funktionieren würde. Im Kanton Uri wurde unserer Firma für 1/2 Mio.Fr. Ware gestohlen. Die Staatsanwaltschaft hält es nicht für nötig, ein Verfahren zu eröffnen. Helvetia Hindukusch!