So schlagen die Ferien nicht auf den Magen
Damit die schönsten Tage im Jahr nicht auf dem WC enden, lohnt es sich, vor und während eines Auslandaufenthalts einige Regeln zu beachten.
aktualisiert am 29. Juni 2022 - 16:20 Uhr
Exotische Düfte , verführerische Geschmäcke, unbekannte Gerichte: Alles auszuprobieren, was eine fremde Küche zu bieten hat, kann wunderbar sein – aber unter Umständen mit Bauchkrämpfen auf der Toilette enden. Je nach Destination leiden bis zu 70 Prozent aller Touristen irgendwann unter Reisedurchfall. Risikoreich sind vor allem Ferien in afrikanischen Ländern, in Südostasien und in Lateinamerika.
Gemäss einer Studie des Zentrums für Reisemedizin der Universität Zürich sind die ersten Ferientage besonders kritisch. «Der Stresslevel ist zu Beginn einer Reise höher, entsprechend ist der Körper mehr gefordert», erklärt Jan Fehr, Leiter des Departements Public Health am Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention an der Universität Zürich. Häufige Ursache des Reisedurchfalls sind Lebensmittelvergiftungen. Wenige Stunden nachdem man verdorbenes Essen zu sich genommen hat, machen sich diese meist schon bemerkbar. Die Beschwerden im Magen-Darm-Trakt , die durch Bakterien und Viren selbst ausgelöst werden, fangen hingegen erst nach zwei bis drei Tagen an.
Wer unter einer milden Form von Reisedurchfall leidet, kann mit dem Wirkstoff Loperamid versuchen, die Symptome in den Griff zu bekommen. Nach zwei bis drei Tagen sollten die Beschwerden von selbst vergehen. Mittelschwer ist eine sogenannte Reisediarrhö dann, wenn die Ferienpläne angepasst werden müssen. «Es ist in jedem Fall wichtig, den Flüssigkeitsverlust mit isotonischen Getränken wie gesüsstem Tee oder Bouillon auszugleichen, bis der Urin wieder hell ist», erklärt Fehr.
Als schwer gilt ein Reisedurchfall, wenn sich der Bewegungsradius auf Bett und Toilette reduziert. «In dieser Situation muss ein Arzt konsultiert werden. Denn neben Loperamid und Flüssigkeitsersatz kommt hier eine Antibiotikatherapie zum Zug», so Fehr.
Wer sich auch nach mehreren Tagen nicht besser fühlt, Fieber entwickelt, Blut im Stuhl oder im Erbrochenen entdeckt oder einen zu stark konzentrierten Urin feststellt, sollte noch vor Ort zum Arzt. Kindern, Senioren und Leuten mit einer Vorerkrankung rät der Experte hingegen, unbedingt schon früher medizinischen Rat einzuholen.
Die gute Nachricht: Selbst ein schwerer Reisedurchfall ist meistens nach einigen Tagen ausgestanden. Selten sind Parasiten und Würmer der Ursprung allen Übels und verlangen nach einer längeren antimikrobiellen Therapie. Gefährlich wird es in der Regel nur dann, wenn sich eine ernsthafte Erkrankung hinter dem vermeintlich unproblematischen Reisedurchfall verbirgt. «Malaria kann sich zum Beispiel anfänglich durch Durchfall äussern. Auch deshalb ist es wichtig, bei Fieber sofort zu reagieren», betont Infektiologe Jan Fehr.
Wer weiss, welche Gefahren in einem Land lauern, kann sich besser vorbereiten. Es lohnt sich deshalb, sich bereits bei der Planung der Reise über gesundheitliche Risiken und Präventionsmöglichkeiten zu informieren. Die Website www.safetravel.ch liefert eine gute erste Übersicht mit zuverlässigen Informationen zu verschiedenen Reiseländern.
Die Darmflora mit Probiotika schon vor der Abreise zu stärken ist einerseits unnötig, anderseits ist die Datenlage zur Wirkung solcher Mittel zu schwach, sagt Infektiologe Jan Fehr. «Ich würde es daher nicht empfehlen», so sein Urteil. Bei längeren Reisen kommen je nach Destination und Art der Reise Zusatzimpfungen in Frage. Für eine seriöse Beratung, welche Impfungen sinnvoll sind, lohnt es sich, sechs bis acht Wochen vor Ferienstart einen Reisemediziner zu konsultieren. Entsprechende Fachstellen und spezialisierte Praxen finden sich in der ganzen Schweiz.
In keiner Reiseapotheke fehlen sollten Loperamid-Tabletten (zum Beispiel Imodium), die bei Durchfall schnelle Linderung bieten. Isotonische Präparate helfen, einen allfälligen Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Vor allem bei Reisen in Gebiete, in denen es schwierig ist, einen Arzt zu finden, kann es sich lohnen, ein ärztlich verordnetes Antibiotikum mitzunehmen. «Antibiotika sollten allerdings niemals prophylaktisch eingenommen werden», mahnt Fehr.
Eine aktuelle Studie des Departements Public Health der Universität Zürich und des Schweizerischen Tropen- und Public-Health-Instituts zeigt, dass die regelmässige Desinfektion der Hände das Risiko eines Reisedurchfalls reduzieren kann. Ein Desinfektionsmittel gehört somit ins Gepäck. Wichtig ist, nicht nur zwei Tropfen Desinfektionsmittel hastig auf den Handflächen zu verreiben, sondern die vom Hersteller empfohlene Menge zu verwenden und damit die ganzen Hände gründlich einzumassieren, bis die Flüssigkeit verdunstet ist.
Wenn man am Ferienort angekommen ist, lautet die wichtigste Regel: Koch es, schäl es oder vergiss es! Nahrungsmittel, die man selbst geschält hat oder die heiss gekocht wurden, sind tendenziell unproblematisch. Von Salat und sonstiger Rohkost lässt man hingegen besser die Finger. Zusätzlich sollte man nicht nur darauf verzichten, Wasser aus dem Hahn zu trinken, sondern man sollte auch Eiswürfel in Getränken vermeiden. «Buffets – sogar in sternereichen Hotels – können zudem ein idealer Nährboden für Bakterien sein», sagt Jan Fehr. Besser ist es deshalb, in kleineren Restaurants frisch zubereitete Mahlzeiten zu bestellen. Wer auf Nummer sicher gehen will, der kocht selbst.
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