Leserfrage: «Täglich gibt es schlechte Nachrichten. Mein Umfeld ist wütend oder verunsichert. Was kann ich tun?»

Wir sind zurzeit alle von einer aussergewöhnlichen und schwierigen Lage betroffen. Unser gewohntes Gleichgewicht scheint verloren, die Berechenbarkeit der Welt steht in Frage. Es ist die Zeit einer diffusen Gefährdung, nicht unbedingt für jeden Einzelnen «Auffallend mehr Behandlungen als vor Corona» Die Pandemie belastet Junge psychisch mehr als Alte , aber doch für uns als Gesellschaft.

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Uns wird schmerzlich bewusst, dass sich gerade offen zeigt, was immer da war: die Möglichkeit, dass unser Leben ins Wanken gerät, und die Tatsache, dass wir uns im Grunde auf dünnem Eis bewegen. Durch den modernen Machbarkeitswahn sind wir fast empört über dieses Virus. Wie kann es sein, dass wir mit all unseren Möglichkeiten so etwas nicht im Griff haben?

Die abstrakte Krise

Was weltweit für 90 Prozent der Menschen Realität ist, hatten wir für uns fast abgehakt. Tägliche existenzielle Bedrohung durch Kriege, Hunger und Seuchen kennen wir in Westeuropa seit 70 Jahren eigentlich nicht mehr. Noch unsere Urgrosseltern und Grosseltern haben erfahren, dass Sicherheit und langes Leben nicht selbstverständlich sind. Wir aber, hier und heute, kennen kein flächendeckendes Elend, wir sind satt, warm, sicher und leben in einer funktionierenden Demokratie.

Und plötzlich stecken wir in dieser Krise, die wir bewältigen müssen. Damit tun wir uns schwer. Weil es für die meisten von uns abstrakt bleibt. Nicht alle kennen Erkrankte oder jemanden, der einen Angehörigen verloren hat. Eigentlich fühlt man sich wie immer. Trotzdem muss man Einschränkungen auf sich nehmen. Nicht feiern. Maske tragen . Für andere! Ohne dass ein Ende gewiss und absehbar ist.

Eine Art Trance

Vielleicht ist das am schwersten für uns: aushalten, dass keine einfache Lösung in Sicht ist. Dass nach dem Virus vor dem mutierten Virus ist. Hier mischen sich Angst, Trotz und Verunsicherung. Man gerät kollektiv in eine Art Problemtrance.

«Was kann ich tun?» scheint mir die zentrale Frage, die uns alle angeht. Was können wir tun, um diese Krise zu bewältigen? Welche Verantwortung habe ich jetzt heute, und was kann mein Beitrag an die Solidarität Solidarität in der Corona-Krise Rechtliche Fragen zur Nachbarschaftshilfe sein?

«Eine kleine konkrete Handlung im eigenen Raum macht zufriedener als die Frage, wer recht hat und wer es besser weiss.»

Christine Harzheim, Psychologin FSP und systemische Familientherapeutin

Wenn wir diesen Fragen ruhig und konsequent folgen, statt uns anstacheln und aufwiegeln zu lassen Wachsende Verunsicherung wegen Corona-Pandemie «Es droht ein Jo-Jo-Effekt, vor dem alle gewarnt haben» von der einen und der anderen Seite, werden wir wirksam. Wir tragen zur seelischen Bewältigung bei, ganz egal, wie lange Corona noch aktiv ist. Wir werden uns besser fühlen – und weniger unsicher und wütend.

Sich kümmern

Es geht darum, dass jede und jeder Einzelne bereit ist, aktiv Verantwortung zu übernehmen. Und zwar soziale und persönliche Verantwortung.

Soziale Verantwortung bedeutet neben allgemeiner Rücksichtnahme (Maske et cetera) auch ganz konkret die Bereitschaft, die Menschen im engeren Umfeld zu unterstützen. Einkaufen. Ein offenes Ohr am Telefon und sich nicht auf unsinnige Diskussionen «Ein Konstrukt zur Unterdrückung» Wie mit Corona-Skeptikern im Umfeld umgehen? einzulassen, ob das alles nun nötig ist oder nicht.

Schauen Sie hinter die Tiraden und fragen Sie: «Macht dir das Angst?» oder «Was genau ärgert dich so sehr?». Bieten Sie an: «Kann ich etwas für dich tun?» Wenn Sie den Eindruck haben, dass es jemandem akut schlecht geht oder dass irgendwo ein Familienkonflikt Familienleben in der Corona-Krise Was tun, damit die Fetzen nicht fliegen? eskaliert, sprechen Sie es an und helfen Sie, den Schritt zur Hausärztin oder zur Beratungsstelle zu ermöglichen.

Eine kleine konkrete Handlung im eigenen Raum macht zufriedener und gibt mehr Sicherheit als die täglichen öffentlichen und ewig gleichen Showdowns um die Frage, wer recht hat und wer es besser weiss.

Den Radius verkleinern

Hier beginnt unsere persönliche Verantwortung: Wie bewusst kümmere ich mich um meinen seelischen Zustand? Was fühle und denke ich aktuell? Lasse ich mich zum Beispiel permanent fluten von Boulevardmedien oder Kommentaren Coronavirus-News «Die Nachrichten machen uns Angst» in sozialen Netzwerken? Setze ich mich jeder neuen Meinung aus? Oder informiere ich mich im Wochentakt gezielt dort, wo ich vertraue? Wo grenze ich mich aktiv ab? Es hilft, den Radius zu verkleinern. Nicht: Wo wird das alles enden? Sondern eher: Was kann und will ich heute konkret tun, das mir oder anderen guttut?

Zum Schluss noch eine kurz formulierte krisentaugliche Lebenseinstellung, die der politischen Philosophin Hannah Arendt nachgesagt wird: «Ich bereite mich auf das Schlimmste vor, erwarte das Beste – und nehme es, wie es kommt.»

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Quelle: Beobachter Bewegtbild

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