Rechtliche Fragen zur Nachbarschaftshilfe
Schweizerinnen und Schweizer trotzen dem Coronavirus und helfen einander: Sie hüten Kinder oder kaufen für Senioren ein. Was sie dabei beachten sollten.
Veröffentlicht am 18. März 2020 - 10:53 Uhr
«Wer könnte für meine Grossmutter den Wocheneinkauf erledigen?», fragt eine Frau in einer Facebookgruppe. Innerhalb von wenigen Minuten melden sich über zwanzig Fremde, die ihr die Aufgabe abnehmen wollen. Das Coronavirus stellt Eltern, Senioren und chronisch Kranke vor grosse Herausforderungen, weshalb immer mehr Schweizerinnen und Schweizer helfen wollen. Ob Kinder betreuen oder für gefährdete Personen Besorgungen erledigen, in vielen Gemeinden gibt es Initiativen und Apps, die das möglich machen. Wir zeigen, worauf Sie achten müssen.
- Wo kann ich Hilfe anbieten oder Hilfe finden?
- Worauf muss ich achten, wenn ich Kinder betreue?
- Wer haftet bei Unfällen der Kinder?
- Wer haftet, wenn das Tier, auf das ich aufpasse, einen Schaden verursacht?
- Worauf muss ich achten, wenn ich für besonders gefährdete Personen einkaufe?
- Wie hoch ist das Ansteckungsrisiko über Bargeld?
- Kann man sich über Verpackungen mit dem Coronavirus anstecken?
Neben vielen privaten Facebook- und Whatsapp-Gruppen, in denen Menschen Hilfsangebote machen und annehmen, gibt es die Plattform hilf-jetzt.ch, die «Gern gscheh»-Aktionen in Basel und Zürich und die «Five Up»-App vom Schweizerischen Roten Kreuz. Apps, wie beispielsweise Bring!, vereinfachen es, für andere Personen einzukaufen.
Ausserdem können Sie in Ihrer Nachbarschaft oder in Ihrem Wohnblock einen Zettel aufhängen, um Menschen zu erreichen, die keinen Internetzugang haben.
Der Verband Kinderbetreuung Schweiz hat für Tagesfamilien ein Merkblatt für den Umgang mit dem Coronavirus veröffentlicht. Diese Handlungsanweisungen lassen sich auch auf die nachbarschaftliche Kinderbetreuung übertragen. Im Merkblatt heisst es, Eltern sollen das Hausinnere nicht betreten, um ihre Kinder an die Betreuungsperson zu übergeben. Ausserdem sollen diese möglichst viel Zeit draussen, also im Wald oder Garten, verbringen. Drinnen sollen sich möglichst wenig Kinder gleichzeitig im selben Raum aufhalten, empfiehlt die Zürcher Bildungsdirektion.
Wenn Sie fremde Kinder betreuen, befolgen Sie weiterhin die Schutzmassnahmen des BAG. Das heisst, Hände mit Seife waschen, Trinkbecher nicht teilen und Körperkontakt vermeiden. Reinigen Sie ausserdem das Spielzeug regelmässig.
Wenn ein Kind verunfallt, zahlt seine Krankenkasse. Kinder sind dort gegen Unfall versichert, den Selbstbehalt bezahlen die Eltern. Die Krankenkasse könnte Ihnen gegenüber Forderungen geltend machen, wenn Sie Ihre Sorgfaltspflicht bei der Betreuung missachtet haben. Das ist beispielsweise der Fall, wenn Sie das Kind unbeaufsichtigt auf dem Wickeltisch lassen und es sich verletzt. Wenden Sie sich in diesem Fall an Ihre Privathaftpflichtversicherung. Falls Sie Ihre Sorgfaltspflicht grob verletzt haben, kann sie die Zahlung kürzen – und Sie müssen einen Teil des Schadens übernehmen.
Am besten prüfen Sie bei der Privathaftpflichtversicherung , ob und wie hoch diese Schäden gegenüber Dritten aus dem Hütedienst deckt. Es gilt normalerweise: Je älter das Kind ist, desto mehr kann man ihm zutrauen und desto weniger muss man es jederzeit im Auge behalten.
Laut der Stiftung «Tier im Recht» haftet der Tierhalter, wenn beispielsweise ein Hund auf die Strasse läuft und einen Verkehrsunfall verursacht. Als Tierhalter gilt nicht zwingend der Hundebesitzer. Das kann auch eine Person sein, die regelmässig und über längere Zeit auf das Tier aufpasst und es gut kennt. Wenn Sie mit einem Hund aber nur wenige Male Gassi gehen oder nur einen Nachmittag lang auf eine Katze aufpassen, haftet sehr wahrscheinlich der Tierbesitzer.
Anders sieht es aus, wenn Sie mitverantwortlich sind, dass das Haustier einen Schaden
verursacht. Zum Beispiel, wenn Sie den Hund von der Leine lassen und dieser einen Garten verwüstet, obwohl der Hundebesitzer Sie darauf hingewiesen hat, das Tier an der Leine zu lassen. In diesem Fall können Sie als Betreuer oder Betreuerin haftpflichtig werden.
Wer für besonders gefährdete Personen einkauft, soll persönlichen Kontakt mit diesen unbedingt vermeiden. Stellen Sie die eingekauften Waren vor der Haustür ab, klingeln Sie oder schreiben Sie der Person eine Nachricht und gehen Sie nach Hause. Es empfiehlt sich, den Kassenzettel zu fotografieren und dann den Einkäufen beizulegen, damit beide Parteien wissen, wie viel Geld ausgegeben worden ist und zurückbezahlt werden muss.
Obwohl wissenschaftlich nicht geklärt ist, ob man sich über Bargeld mit dem Coronavirus
anstecken kann, empfehlen Fachleute das bargeldlose Bezahlen als sicherere Variante. Deshalb sollten Sie schon im Vorhinein mit der Person, für die Sie einkaufen, Zahlungsinformationen austauschen.
Ausserdem ist es wichtig, sich nach dem Auspacken die Hände mit Seife zu waschen. Laut dem BAG sind aber keine Fälle bekannt, in denen das neue Coronavirus von Lebensmitteln auf den Menschen übertragen worden ist.