Wenn die Regel zur Ausnahme wird
Kürzere Zyklen und mit über 40 plötzlich wieder gereizt wie zu Teenagertagen: Das sind erste Vorboten der Wechseljahre. Sie helfen, sich auf die Menopause einzustellen.
aktualisiert am 3. September 2022 - 12:39 Uhr
Der Wechsel von den fruchtbaren zu den unfruchtbaren Jahren läuft bei jeder Frau anders ab. Schon der Beginn des Klimakteriums ist uneinheitlich, und auch der weitere Verlauf gestaltet sich von Frau zu Frau verschieden.
Es ist ähnlich wie bei der Menstruation: Während sich die eine Frau Monat für Monat krümmt vor Schmerzen oder sich während Tagen psychisch labil fühlt, kann es die andere ganz gelassen nehmen.
Ob eine Frau den Übergang von der zyklisch gestalteten Zeit in die nächste Lebensphase als problemlos oder eher als problematisch erlebt, ist deshalb ganz individuell.
Hormonschwankungen und Anpassungsvorgänge im Körper führen bei manchen Frauen neben Turbulenzen im Zyklus zu weiteren physischen oder psychischen Symptomen. Typischerweise tauchen diese Beschwerden schubweise auf: Sie zeigen sich nicht pausenlos, bis die Frau quasi auf der andern Seite – im Alter – angekommen ist. Vielmehr haben die meisten Frauen – falls sie überhaupt Symptome verspüren – zunächst ein paar Wochen Beschwerden und dann wieder längere Zeit keine mehr. Dann folgt wieder ein «Schub» an Wechseljahrbeschwerden und so weiter.
Die einen erleben zuletzt ein turbulentes Schlussbouquet, andere bemerken das Aussetzen der Mens – und das wars. Insgesamt dauern die Wechseljahre zwischen zwei und fünf Jahren, es kann aber auch kürzer oder länger gehen.
Dass die Menopause naht, wird Frauen meist dann bewusst, wenn ihre Periodenblutungen an Regelmässigkeit verlieren. Zyklusunregelmässigkeiten sind bereits auf den schrumpfenden Eizellvorrat zurückzuführen. Auch die Hormonsuppe in den Adern der Frau ist nun nicht mehr dieselbe wie zu der Zeit, als die im Kalender eingetragenen Blutungen ein regelmässiges Muster zeigten.
Die Prämenopause ist angebrochen, die Vorphase der Wechseljahre, die irgendwann nach 40 beginnt. Typisch für diese Phase ist das Symptom-Trio kurze Zyklen (zum Beispiel 23 Tage), starke Blutungen und ein Wiederaufflammen des prämenstruellen Syndroms (PMS ).
Die struben Tage vor den Tagen – mit den zyklisch auftretenden Beschwerden jeweils einige Tage vor der Menstruation – machen vielen Frauen wieder vermehrt zu schaffen. Besonders wenn sie schon früher unter PMS gelitten haben, fühlen sie sich jetzt dünnhäutig und werden fahrig, weinerlich oder aggressiv.
Mancher Frau kommen die Monate oder Jahre vor der Menopause sogar vor wie eine nicht enden wollende prämenstruelle Phase! Einige Betroffene bekommen öfters Kopfschmerzen und Migräne oder leiden an Wassereinlagerungen: Vielleicht passen plötzlich die Fingerringe nicht mehr. Vor allem aber können die Brüste vermehrt spannen oder schmerzen. Auch Verstopfung und Konzentrationsprobleme sind häufig.
Manchmal sind die Blutungen aber auch schwächer oder seltener. Monate mit regelmässigem Zyklus und solche, in denen der Zyklus holpert und die Menstruation ganz ausbleibt, wechseln sich ab.
Hormonell herrscht in der Prämenopause noch kein eigentlicher Östrogenmangel. Im Gegenteil, ein Östrogenüberschuss (im Verhältnis zum Gelbkörperhormon Progesteron) ist typisch: Denn als Reaktion auf den zunächst sinkenden Progesteron- und Östrogenspiegel steigt der Hormonspiegel des Follikelstimulierenden Hormons (FSH) und des Gelbkörperstimulierenden Hormons (LH) an.
Die Hirnanhangdrüse schickt diese Boten nämlich aus, um die Eierstöcke zur Eibläschenreifung und zur verstärkten Produktion von Östrogen und Progesteron anzutreiben. So als versuche der Körper mit allen Mitteln, das Letzte aus den wenigen noch verbliebenen Eibläschen herauszuholen – eine Art Schlussspurt der reproduktiven Lebensphase. Und so steigt – mit dem Nachlassen des Progesterons und später auch des Östrogens – insbesondere der Pegel von FSH im Blut im Verlauf der Wechseljahre mehr und mehr an.
Die Prämenopause kann unmerklich verlaufen oder auch zwei, drei Jahre oder länger spürbar sein. In dieser Zeit spielt der Hormonhaushalt nicht selten verrückt: Manch eine Frau kommt sich als Spielball ihrer Hormone vor – fast so wie in Teenagertagen, als die neu einsetzende Mens ihr zu schaffen machte.
Viele Frauen nehmen das hormonelle Ungleichgewicht in der frühen Prämenopause allerdings gar nicht als solches wahr, und längst nicht alle durchlaufen diese Zeit, die den Wechsel einleitet, bewusst. Sei es, weil sie von Beschwerden gänzlich verschont bleiben oder weil sie eine stärkere Blutung, vermehrtes Brustspannen oder die dauernden Tränen aus nichtigem Anlass nicht als Zeichen dafür deuten, dass die Wechseljahre vor der Tür stehen.
Klimakterium? Dieses Wort verbinden Frauen in der Mitte des Lebens meist mit ihrer eigenen Mutter oder zumindest mit Frauen, die deutlich älter sind als sie selbst. Also mit etwas, was noch weit, weit entfernt zu sein scheint.
Auch Mediziner scheuen sich, anlässlich solcher Vorboten bei Frauen in den 40ern von beginnenden Wechseljahren zu sprechen. Eigentlich schade, denn es wäre schön, wenn Frauen genug Zeit hätten, sich mit dem Wechsel anzufreunden. Sich bewusst zu werden, dass ein körperlicher Wandel und eine neue Lebensphase bevorstehen. Nicht nur, um sich von der fruchtbaren Zeit gebührend zu verabschieden, sondern auch, um sich ehrlich und ohne falsche Hemmungen mit gleichaltrigen oder älteren Frauen auszutauschen.
Gespräche mit andern Betroffenen sind für den gelassenen Umgang mit den Wechseljahren ohnehin das beste Rezept! So fällt es Frauen leichter, sich – offen und neugierig – auf die Zeit als reife Frau einzustimmen, als wenn sie mit 49 von Wallungen kalt erwischt werden.
Wenn der Zyklus stottert, die ersten Wallungen auftauchen oder die monatlichen Blutungen ganz versiegen: Sollen Frauen dann zum Arzt? Nein. Nur um sich bestätigen zu lassen, dass Sie in den Wechseljahren sind, brauchen Sie keinen Extratermin bei der Frauenärztin.
Wechseljahrbeschwerden sind vorwiegend Befindlichkeitsstörungen. Sie haben in aller Regel keinen Krankheitswert. Sinnvoll ist der Termin aber, wenn Sie unter Ihren Beschwerden leiden, wenn Sie instinktiv finden, «etwas stimme nicht», wenn Sie sich Sorgen machen. Oder wenn Sie das Thema Verhütung mit Ihrer Ärztin besprechen möchten.
Bei vorzeitigem Klimakterium (vor 40 Jahren) oder frühzeitigem Klimakterium (vor 45 Jahren) sollten Sie Ihre Ärztin aufsuchen, um Herz- und Knochengesundheit zu erhalten.
Dieser Text ist ein Auszug aus dem Buch «Cool durch die heissen Jahre» von den beiden Autorinnen Ruth Jahn und Regina Widmer, Beobachter Edition.
Der Beobachter-Gesundheits-Newsletter. Wissen, was dem Körper guttut.
Lesenswerte Gesundheitsartikel mit einem wöchentlichen Fokusthema. Jeden Montag.