«Narben lassen sich nicht mehr wegcremen»
Die häufigste Hautkrankheit, Akne, betrifft nicht nur Teenager. Was im Kampf gegen die Pickel hilft und wann es Zeit ist für eine ärztliche Abklärung, weiss Dermatologin Marianne Meli.
Veröffentlicht am 3. Juli 2020 - 15:03 Uhr
Beobachter: Im Verlauf des Lebens kämpfen fast alle mal mit Pickeln. Was ist der Geheimtrick der wenigen, die verschont bleiben?
Marianne Meli: Gute Gene! Leider kann man diese nicht beeinflussen. Hatten Eltern Pickel, spriessen diese mit grosser Wahrscheinlichkeit auch bei ihren Kindern. Wenigstens sind sie damit nicht allein: Fast alle Teenager haben Pickel
.
Warum setzt Akne meistens in der Pubertät ein?
Weil es dann zu grossen hormonellen Veränderungen kommt. Plötzlich produziert der Körper besonders viele Geschlechtshormone wie Östrogen und Testosteron. Für das Spriessen von Pickeln ist vor allem Testosteron verantwortlich.
Sind Buben häufiger betroffen?
Nicht häufiger, aber stärker. Sie stellen Testosteron nämlich in grösseren Mengen her als Mädchen. Das Hormon kurbelt die Produktion von Talg, also Hautfett, stark an.
Und Talg führt zu Pickeln?
Wenn alles gut geht, gelangt er durch Talgdrüsen problemlos an die Hautoberfläche, und es entstehen keine Pickel. Wird aber zu viel Talg produziert und kommt es zur Verhornung der Ausführungsgänge, können die Drüsen verstopfen, und es entstehen geschlossene Mitesser. Diese sind erst weiss, doch durch Kontakt mit Sauerstoff färbt sich das im Talg enthaltene Melanin schwarz, und es kommt zu den klassischen dunklen Pünktchen, wie wir sie häufig auf der Nase bei offenen Mitessern sehen. Wenn sich in den Talgdrüsen die Aknebakterien vermehren, bilden sich rote oder eitrige Pickel, die in tiefere Hautschichten reichen können (siehe Infobox). Zusätzlich gefördert wird das, wenn wir die Hände im Gesicht haben oder an Pickeln herumdrücken.
Gibt es keine hygienische Art, Pickel auszudrücken?
Die gibt es, schliesslich drückt auch eine Kosmetikerin Pickel aus. Im Gegensatz zu uns aber unter sterilen, hygienischen Bedingungen. Am besten eignet sich eine desinfizierte Nadel, mit der man die Poren vorsichtig öffnet. Dann spannt man ein Kosmetiktüechli über die Fingernägel und drückt ganz leicht. Ist der Druck zu stark, öffnet sich der Pickel nach hinten. Dann wird die Entzündung noch schlimmer.
Besonders häufig spriesst Akne im Gesicht, wo sie jeder sieht. Warum?
Das ist fies, ergibt aber Sinn: Pickel treten da auf, wo viele Talgdrüsen eng zusammenliegen. Manchmal am Décolleté oder Rücken, vor allem aber im Gesicht.
Darunter leiden nicht nur Teenager, sondern auch Erwachsene
.
Leider verschwinden Pickel nach der Pubertät nicht zwangsläufig. Gerade bei Frauen kommt es im Verlauf des Lebens immer mal wieder zu Hormonschwankungen: beim Absetzen der Pille, während der Schwangerschaft, nach der Geburt oder in den Wechseljahren
.
Sind denn immer die Hormone schuld?
Es gibt vieles, was Hautprobleme begünstigen kann: Stress, mangelnde Hygiene, Umweltfaktoren, wie oft man sich ins Gesicht fasst – die Liste ist lang. Wie sich solche Faktoren auswirken, ist aber sehr individuell.
Welche Rolle spielt die Ernährung
?
Diese Frage stellen Patientinnen immer wieder. Ich kann sie beruhigen: eine kleinere, als sie denken. Es gibt Lebensmittel, die das Hautbild beeinflussen können. So zum Beispiel Milchprodukte und Speisen, die zu einem raschen Zuckeranstieg führen. Diese lösen aber keine Akne aus, sondern verschlimmern sie höchstens. Eine komplette Ernährungsumstellung ist in den meisten Fällen weder nötig noch sinnvoll. Wer unsicher ist, verzichtet besser einen Monat auf ein spezifisches Nahrungsmittel. Zeigt sich dann kein Unterschied, darf es zurück in den Kühlschrank.
«Bei Personen, die eine Veranlagung für Depressionen haben, ist man viel vorsichtiger mit der Kur. Wir stellen unter anderem deshalb keine Dauerrezepte aus und sprechen regelmässig mit den Patientinnen.»
Marianne Meli, Hautärztin
Wer etwas gegen seine Akne tun will, stösst beim Googeln auf Hausmittel wie Zahnpasta oder Backpulver.
Vieles davon ist Quatsch. Einige Tricks sind aber auch sinnvoll: Selbst gemachte Peelings aus Zucker öffnen die Poren, Teebaumöl behindert das Wachstum von Bakterien, und Schwarztee-Umschläge können trocknend wirken. Wieso also nicht ausprobieren? Nützt es nicht, so schadet es in den meisten Fällen auch nicht. Die Effekte sind aber klein.
Teure Kosmetika werden hingegen als Wunderwaffen angepriesen. Lohnt sich die Investition in Tonics und Masken?
Es gibt gute Pflegeprodukte
, die bei leichter Akne helfen – sie müssen nicht einmal teuer sein. Am besten fragen Betroffene die Apothekerin oder werfen selbst einen Blick in die Regale. Bei unreiner Haut eignen sich Produkte, die mit Begriffen wie «Aknehaut», «Mischhaut» oder «gegen Unreinheiten» angeschrieben sind. Auch das Wort «nicht komedogen» ist ein guter Wegweiser: Es steht häufig auf Sonnencremes und bedeutet, dass die Inhaltsstoffe keine Mitesser fördern. Reichhaltige oder nährende Cremes überfetten die Haut zusätzlich.
Und wann ist es Zeit, die Hautärztin aufzusuchen?
Spätestens dann, wenn der Leidensdruck zu gross wird.
Das ist bei manchen schon bei wenigen Pickeln der Fall.
Ja, das ist sehr subjektiv. Es gibt auch Menschen, die bei mittelschwerer Akne ganz entspannt sind. Einen Termin bei der Hautärztin empfehle ich immer dann, wenn die Akne entzündet ist und sich Narben bilden. Diese lassen sich nicht mehr wegcremen.
Viele Betroffene warten zu lange. Weshalb?
Sie fürchten sich vor starken Medikamenten. Dabei sind solche gar nicht zwingend nötig. In einem ersten Schritt werden Ursachen und Möglichkeiten analysiert. Vielleicht reicht eine gute Creme schon aus. Oder wir kombinieren sie für ein paar Monate mit einer Antibiotikakur. Erst bei tiefer, vernarbender Akne behandeln wir mit starken Medikamenten.
Ist die Furcht vor diesen begründet?
Ich kann eine Skepsis nachvollziehen – die Medikamente sind nicht ohne. Ihre Inhaltsstoffe bekämpfen nicht nur Pickel, sondern wirken sich auf den ganzen Körper aus. Sie unterdrücken zum Beispiel die Talgproduktion und schaffen ein Milieu, in dem sich Bakterien nicht mehr wohlfühlen. Das führt aber auch dazu, dass Haut, Lippen und Haare austrocknen. Um mögliche Nebenwirkungen im Auge zu behalten, müssen Blut- und Leberwerte regelmässig kontrolliert werden. Frauen dürfen während der Einnahme auf keinen Fall schwanger sein oder werden – das müssen sie sogar unterschreiben. Es könnte sonst zu Fehlgeburten
und Behinderungen kommen.
Auch Depressionen sollen die Akne-Medikamente auslösen.
Studien zeigen, dass Stimmungsschwankungen und Depressionen nicht unbedingt häufiger auftreten. Bei Personen, die schon eine Veranlagung dazu haben, ist man aber viel vorsichtiger mit der Kur. Wir stellen unter anderem deshalb keine Dauerrezepte aus und sprechen regelmässig mit den Patientinnen.
Das hört sich heftig an. Ist Akne nicht das kleinere Übel?
Ich will niemandem Angst machen. Die negativen Schlagzeilen stammen grösstenteils aus der Zeit, in der die Tabletten noch auf das Körpergewicht dosiert wurden. Das macht man heute nicht mehr. Wir beginnen meist mit einer tiefen Dosierung und erhöhen diese, falls nötig. So dauert die Behandlung zwar länger, ist aber weniger aggressiv. Glücklicherweise ist sie sehr effektiv und kann sich deshalb definitiv lohnen.
Im Ausführungsgang der Talgdrüse bilden sich zu viele Hornzellen, die Pore verstopft. Offene (schwarze) oder geschlossene (weisse) Mitesser entstehen.
Der Talg staut sich zurück, darin vermehren sich Bakterien, der Mitesser entzündet sich. Es zeigen sich mit Eiter gefüllte Bläschen (Pusteln) und Knötchen (Papeln).
Die Follikelwand platzt, die Entzündung dehnt sich aus. Es entstehen grosse Pusteln und schmerzhafte Knoten.
1 Kommentar
Probiert es mal mit Hirudoid-Salbe. Kein Witz!
Es ist zwar eigentlich eine Venensalbe, aber sie hilft wirklich gegen Pickel. Einfach jeweils am Abend ganz ganz wenig Hirudoid in den Pickel einreiben. Nach ein paar Tagen wird der Pickel viel kleiner oder sogar verschwunden sein.