Teure Crèmes mit schwacher Wirkung
«Sichtbar straffere Haut in nur 1 Woche». Mit solchen Versprechen bringen Kosmetikhersteller Produkte für über 100 Franken an die Frau. Ein Faktencheck.
Veröffentlicht am 23. März 2020 - 16:51 Uhr
Das Testresultat war vernichtend. Keine einzige Antifaltencrème konnte den Fältchen im Gesicht etwas anhaben. Von blossem Auge sei keine Verbesserung erkennbar.
Das schrieb die Stiftung Warentest, nachdem sich 270 Frauen vier Wochen lang zweimal täglich eingecremt hatten. 16 Stunden nach der letzten Salbung prüften drei Expertinnen die Fältchen unter den Augen. Sie fanden beim Vorher-Nachher-Vergleich keine Unterschiede, obwohl alle Hersteller einen «sichtbaren» Faltenschwund versprochen hatten. Testurteil: «mangelhaft». «Keine sichtbare Wirkung.»
Viele der Antifaltencrèmes stehen noch immer zum Verkauf, obschon der Test vier Jahre alt ist. Etwa das 116-Franken-Dösli mit dem Namen «Advanced Time Zone» von Estée Lauder. Allerdings mussten die Marketingleute zurückbuchstabieren. Neu heisst es nur noch: «Reduziert schnell und deutlich feine Linien und Falten ». Von einer «sichtbaren» Faltenreduktion ist nicht mehr die Rede.
Herstellerin L’Oréal kassierte von den US-Behörden gar eine Rüge wegen falscher Werbeversprechen, weil sie ein Antifaltenmittel als genetisch verjüngend bezeichnete aufgrund pseudo-wissenschaftlicher Studien. Es sei «klinisch bewiesen», dass die Crème der Luxusmarke Lancôme zu «sichtbar jüngerer Haut in nur 7 Tagen» führe, warb der Hersteller.
«Tatsächlich beweisen wissenschaftliche Studien das nicht», schrieb die US -Konsumentenschutzkommission dazu. Die Rüge erhielt L’Oréal schon vor sechs Jahren, doch das «legendäre Anti-Aging-Serum» wird noch immer verkauft. Einfach mit weniger vollmundigen Versprechungen. 50 Milliliter von Lancômes «Advanced Génifique Youth Activating Concentrate» kosten 137.90 Franken.
Schlechte Presse kann der Antifaltenindustrie offensichtlich nichts anhaben. Gekauft wird trotzdem. Die Crèmeproduzenten werfen deshalb laufend neue Zaubermittel auf den Markt. Der japanische Kosmetikkonzern Shiseido wirbt etwa für «Vital Perfection», das 105 bis 145 Franken kostet pro 50 Milliliter. «Sichtbar straffere Haut in nur 1 Woche», lautet einer der Werbeclaims. Das habe ein klinischer Test inklusive Linealmessung der Falten bei 35 Frauen gezeigt.
Der Basler Hautarzt Oliver Kreyden kritisiert das überrissene Werbeversprechen. «In einer Woche geht das sicher nicht.» Zudem seien Studien mit 35 Frauen nicht wissenschaftlich. Wenn er etwas in einem Journal publiziere, brauche es rund 1000 Probandinnen für eine Aussage, die wissenschaftlich belastbar sei.
Antifaltencrèmes haben laut Arzt Kreyden aber sehr wohl einen Effekt. Wenn auch einen kleinen. Sie ziehen Wasser an die Hautoberfläche, was bei jüngeren Personen die Fältchen etwas auffüllen kann. «Das kann man fotografisch belegen.» Der Effekt verschwinde allerdings nach einigen Stunden wieder, erklärt Oliver Kreyden.
Der Kosmetikkonzern Shiseido hält an seinem Werbeversprechen fest. Der Test zeige, dass der Wangenbereich bereits nach einer Woche weniger durchhänge. Das beweise die klinische Evaluation bei 35 Personen, die zwölf Wochen lang die Crème zweimal täglich aufgetragen haben. Das Produkt bringe eine signifikante Verbesserung bei Fältchen. Die Werbebotschaft sei lauter und entspreche den Vorschriften für Kosmetikwerbung.
Hautarzt Oliver Kreyden rät, bei Antifaltencrèmes den Produktpreis im Auge zu behalten: Teurer sei zwar nicht schlechter. Aber auch nicht besser.
5 Kommentare
Auch die Kosmetik-Industrie, gehört zu den verantwortungslosen Industrien, welche "Chemie en masse", Ökosystem - Umwelt - Tier und Mensch skrupellos und ungebremst (BAG, BAFU und Co) gesundheitlich schadet!
Seit es "Kosmetika" gibt, gibt es den "Aberglauben" betreffend Schönheits-Crèmes und deren Möglichkeiten zur "Verjüngung" von natürlich alternder Haut! Wer's glaubt, der soll auch für diesen "Hokus-Pokus-Glauben" bezahlen!
Wenn's nichts nützt dann schadet es wenigstens auch nicht! (Höchstens dem Portemonnaie)
Übrigens Werbungen sind dermassen ätzend, und in ihrer penetranten Häufung wollen sie uns ihre Botschaft aufzwingen.