Wie Cumulus in die Irre führt
Die Migros zeigt Cumulus-Kunden, wie nachhaltig sie einkaufen. Doch die Statistik unterschlägt Wesentliches. Um den Konsumenten ein schlechtes Gewissen zu machen?
Veröffentlicht am 2. Dezember 2019 - 13:48 Uhr
Detailhändler lieben Sternchen*. Das Kleingedruckte, das sich hinter ihnen verbirgt, kann noch so nachteilig sein; der faule Werbezauber wirkt. Das wissen auch die Migros-Angestellten, die das Cumulus-Programm verantworten. Sie wissen schon: «Punkten. Sparen. Erleben.»
Neulich erhielt ich einen netten Brief vom Cumulusteam. Mit einer spannenden Frage drin: «Wie gross ist der Anteil nachhaltiger* Produkte an Ihrem Einkauf?» Die präzise Antwort: 22,3 Prozent. Und das sei im Fall ziemlich durchschnittlich, liess mich die Migros wissen. Denn der Schweizer Schnitt liege bei 20,9 Prozent.
Ich überlegte mir kurz, ob ich jetzt ein schlechtes Gewissen haben soll, entschied mich aber dagegen. Da war ja noch dieses Sternchen. Ob sich nicht eine Ungereimtheit dahinter versteckt? Die präzise Antwort: Ja. Das Sternchen müsste eigentlich bedeuten: *Vorsicht, seltsame Berechnungsweise. Denn die Migros macht es sich etwas gar einfach mit ihrer scheinbaren Nachhaltigkeitstransparenz, die mehr verwirrt als aufklärt.
Das Rechenmodell ist eigentlich einfach. Wo Bio, Eco, ASC, MSC oder etwa FSC draufsteht, ist Nachhaltigkeit drin, sagt die Migros. Der Haken: Auch jene Produktkategorien, die keine solchen Labels kennen, werden zur Berechnung des Nachhaltigkeitsanteils herangezogen. Wenn ich die neue Skiausrüstung bei SportXX kaufe, das neue Iphone bei Melectronics oder die neue Matratze bei Micasa, verschlechtert das mein Rating. Selbst wenn ich daneben ausschliesslich Bio-Lebensmittel kaufen würde, käme ich niemals auf einen Nachhaltigkeitsanteil von 100 Prozent. Wenn ich keine Wahl habe zwischen nachhaltig und herkömmlich, rechnet das die Migros zu meinen Ungunsten aus.
Ein Rating, das es nahezu verunmöglicht, auf die volle Punktzahl zu kommen, ist aber irrführend. Oder, liebe Migros? «Es geht uns hier darum, unseren Kundinnen und Kunden interessante Daten und Informationen zum Thema Nachhaltigkeit zu liefern. Mit dieser Transparenz können wir das Nachhaltigkeitsbewusstsein hoffentlich noch mehr schärfen», lautet die ausweichende Antwort des Sprechers.
Die tiefen Nachhaltigkeitsanteile machen vermutlich einigen Kunden ein schlechtes Gewissen. Das Rating kann ihnen Anreiz sein, mehr Labelprodukte zu kaufen. Diese sind in der Regel teurer und margenträchtiger. Ein gutes Geschäft für die Migros. Die Migros sagt, sie wolle niemandem ein schlechtes Gewissen machen. «Im Vordergrund steht hier nicht der Umsatz, sondern die Nachhaltigkeit.»
Stimmt. Doch eigentlich sagen die personalisierten Nachhaltigkeitsprofile der Cumuluskunden mehr aus über das Angebot der Migros aus als über die Einkaufsgewohnheiten der Konsumenten. Offenbar sind vier Fünftel des Migros-Angebots nicht nachhaltig.
Etikettenschwindel, falsche Preisangaben, haarsträubende Werbung oder sonst ein Reinfall: Für Ärger von Konsumentinnen und Konsumenten ist leider nur allzu häufig gesorgt. Auch Beobachter-Redaktorinnen und -Redaktoren fühlen sich öfters für dumm verkauft. Was sie dabei erleben, lesen Sie unter dieser Rubrik.
2 Kommentare
Ausgerechnet: MIGROS und COOP, schneiden beschämenderweise qualitativ immer wieder miserabel ab, bei "Kassensturz,- und K-Tip-Tests! Tatsache ist, dass die eigentlich dafür Zuständigen beim BAG, BLW, sich keinen Deut um diese teilweise sehr fragwürdigen, respektive auch gesundheitsbelastenden Inhaltsstoffe, Chemie-Rückstände in Grundnahrungsmitteln (Getreideprodukte, Nüsse, Samen, Gemüse, Obst, Getränke, Kosmetika, etc, etc) kümmern! Die Schweizer Bevölkerung, bezahlt (Volks-Subventionen) ja auch für die eigene, bewusste "Wasservergiftung"durch Industrien und industrialisierter LW!?
Migros macht uns auch ein schlechtes Gewissen, beim Einkaufen im Ausland, doch auch sie kauft Produkte im Ausland ein, nur wegen ein paar Rappen besseren Konditionen, aber z.T. deutlich schlechterer Qualität als einheimische Produkte.
Zudem lässt sie auch Unterhalt- und Bauarbeiten von ausländischen Firmen verrichten, weil es günstiger ist.