Ist die Firma vertrauenswürdig?
Wer Waren im Voraus bezahlen will, schaut sich besser die Verkaufsfirma etwas genauer an. Das geht einfach und schnell.
aktualisiert am 21. Februar 2018 - 13:03 Uhr
«Nach all den Jahren dachte ich, ich könne Menschen einschätzen», sagt Max Lenherr*. Trotz seiner langjährigen Erfahrung als Gewerbetreibender täuschte er sich jedoch. Zusammen mit seiner Frau besuchte Lenherr den Ausstellungsraum einer Firma in Rüschlikon ZH, die Saunakabinen anbot. «Wir hatten ein gutes Gefühl, erst recht, weil uns der Inhaber weder zum Kauf drängte noch versuchte, uns teures Zubehör aufzuschwatzen», erzählt Lenherr.
Er bestellte eine Saunakabine mit einer Lieferfrist von sieben bis acht Wochen. Da der Verkäufer fünf Prozent Rabatt bei Vorauszahlung offerierte, zahlte Lenherr gleich den ganzen Verkaufspreis von mehreren tausend Franken ein. Danach passierte nichts und Lenherrs warteten und warteten.
Anfänglich wurden sie vom Firmeninhaber vertröstet. Doch dann wurde es Lenherrs zu bunt und sie verlangten ihr Geld zurück. Selbst darauf reagierte der Verkäufer nicht. Warum? Weil die Saunafirma gar nicht liefern wollte. In den letzten zweieinhalb Jahren wurden gegen sie über 30 Betreibungen eingeleitet. Kein gutes Zeichen. Die Firma stand vor dem Konkurs.
Lenherr hat den klassischen Fehler begangen. Er zahlte im Voraus, ohne zuvor die Bonität der Firma abzuklären. Das hätte er beim Betreibungsamt tun können (siehe «Betreibungsauskunft»). Auf dem Registerauszug hätte er sofort gesehen, dass die Firma immer wieder betrieben wurde. «Ich hätte sicher nicht alles im Voraus bezahlt, wenn ich das gewusst hätte», sagt Lenherr heute.
Die Konsequenz daraus: Max Lenherr leitete eine Betreibung ein, um wenigstens einen Teil des Geldes zurückzubekommen. Aber Illusionen macht er sich keine: «Wir werden an diesem Verlust nicht zugrunde gehen. Dann schwitzen wir halt mehr im Sommer – im Freien.»
*Name geändert
Wer eine Vorauszahlung leistet, sollte sich erst ein Bild über die Seriosität der Firma machen. Worauf Sie dabei achten können, erfahren Beobachter-Abonnenten in unseren Tipps.
Genügen Ihnen die Angaben im Betreibungsregisterauszug nicht, können Sie problemlos weitere Informationen über eine Firma einholen:
- Informieren Sie sich via Handelsregister. Am schnellsten geht das auf www.zefix.ch. Kein gutes Zeichen sind häufige Wechsel in der Geschäftsführung oder im Verwaltungsrat, frühere Liquidationen, eine c/o-Adresse oder ein sehr weit gefasster Firmenzweck.
- Das grösste Insolvenzrisiko besteht gemäss Konkursstatistik bei Firmen aus dem Gross- und Detailhandel sowie aus dem Baunebengewerbe und der Gastronomie, wenn sie als GmbH nur mit einem minimalen Grundkapital von 20'000 Franken gegründet wurden und jünger als fünf Jahre sind.
- Prüfen Sie die Homepage der Firma: Ist sie professionell gestaltet? Gibt sie Einblick in die Tätigkeit der Firma? Schauen Sie unter «Über uns» nach, seit wann die Firma besteht, wer dort arbeitet und ob Referenzen mit aktiven Links angegeben sind.
- Suchen Sie im Internet nach Kunden, die negative Erfahrungen gemacht haben. Die Geschäftspraktiken dubioser Firmen werden oft in Foren diskutiert, inzwischen findet man häufig auch Gruppen auf Facebook. Um beispielsweise Facebook-Gruppen mit Kundenerfahrungen zur Firma XY zu finden, geben Sie bei Google Folgendes ein: XY «schlechte Erfahrungen» site:facebook.com.
- Abonnentinnen und Abonnenten können sich beim Beobachter-Beratungszentrum erkundigen, ob zu einer Firma Reklamationen vorliegen.
Die Bonität einer Firma prüfen Sie am besten mit Hilfe eines Betreibungsregisterauszugs. Diesen können Sie sich beim Betreibungsamt am Geschäftssitz des Unternehmens verschaffen. Verlangen Sie einen Auszug über die letzten fünf Jahre.
Gesuch
Für das Gesuch verwenden Sie das Online-Formular auf www.betreibungsschalter.ch. Der Registerauszug kostet 17 Franken plus Versandspesen. Sie erhalten ihn, wenn Sie mit einem Dokument nachweisen, dass Sie mit der Firma in Vertragsverhandlungen stehen.
Auszug
Auf dem Auszug sind nur Betreibungen aufgeführt, die im Gebiet durchgeführt wurden, für das das Betreibungsamt zuständig ist. Hatte die Firma früher den Geschäftssitz in einem anderen Betreibungskreis, kann man die nötigen Informationen dort mit einem separaten Auskunftsbegehren einholen.
So lesen Sie den Auszug
Der detaillierte Betreibungsregisterauszug vermerkt bei jeder Forderung, in welchem Stadium sie sich befindet und wie das Verfahren allenfalls beendet wurde. Wenn einer oder mehrere der folgenden Punkte zutreffen, ist erhöhte Vorsicht angebracht:
- Der Auszug enthält viele Betreibungen über kleine Beträge von verschiedenen Gläubigern.
- Bei einer oder mehreren Betreibungen ist vermerkt, dass der Zahlungsbefehl nicht zugestellt werden konnte.
- Die Firma wurde schon für Steuern, Mehrwertsteuer oder Sozialversicherungsbeiträge betrieben.
- Bei einer oder mehreren Betreibungen wurde das Pfändungsbegehren gestellt oder der Konkurs angedroht.
Tipp: Rufen Sie Gläubiger an, die die Firma bereits betrieben haben. Deren Name ist im Auszug verzeichnet. Das kann Ihnen Zusatzinformationen über die finanzielle Situation der Firma geben.
Beobachter-Mitglieder erfahren in der Checkliste «Betreibungsregister», welche Betreibungen nicht zwingend auf dem Auszug erscheinen müssen, wenn sie die Bonität einer Person überprüfen wollen.