Personendaten angeben für Kafi und Pizza
Restaurants sollen nach der Wiedereröffnung Personendaten ihrer Gäste aufnehmen. Das wirft datenschutzrechtliche Fragen auf.
Veröffentlicht am 7. Mai 2020 - 15:19 Uhr,
aktualisiert am 27. Mai 2020 - 17:40 Uhr
Neue Regeln ab 6. Juni
Am 27. Mai hat der Bundesrat weitere Lockerungen für die Gastronomie beschlossen. Ab dem 6. Juni können sich wieder mehr als vier Personen als Gruppe in einem Restaurant treffen. Aktivitäten wie Billard und Live-Musik sind ebenfalls ab diesem Datum erlaubt. Allerdings wird die Angabe der Kontaktdaten nicht mehr freiwillig sein. Der Betreiber des Restaurants muss pro Tisch die Personalien eines Gastes aufnehmen und so sicherstellen, dass bei Bedarf alle Kontakte nachverfolgt werden können. Ebenfalls ab dem 6. Juni sind Veranstaltungen mit bis zu 300 Menschen möglich, zum Beispiel auch Hochzeitsfeiern in Restaurants.
Weiterhin gilt: die Gäste dürfen nur im Sitzen essen und trinken, alle Lokale müssen um Mitternacht schliessen. Auch Discos und Clubs müssen diese Sperrstunde einhalten. Sie müssen ausserdem Präsenzlisten führen, und pro Abend sind maximal 300 Eintritte möglich.
Ungezwungen in der Lieblingsbeiz einen Kaffee trinken oder eine Pizza essen – so war das Leben vor Corona. Wenn die Restaurants jetzt nach rund zwei Monaten wieder öffnen dürfen, sieht die Gastrowelt anders aus. Ab dem 11. Mai können wieder Gäste bedient werden, aber nur unter strengen Schutzauflagen. So soll sichergestellt werden, dass sich das Coronavirus möglichst nicht weiterverbreitet, Mitarbeitende und Gäste geschützt sind. Dazu gehört auch, dass Personendaten erhoben werden, damit die Behörden allfällige Infektionsketten nachvollziehen und einschreiten können. So steht es im Schutzkonzept des Branchenverbands Gastrosuisse. Aber was bedeutet das für den Datenschutz?
- Welche Informationen werden die Restaurants von mir verlangen?
- Wie lange werden meine Personendaten vom Restaurant aufbewahrt und was passiert damit?
- Muss ich meine Daten auch angeben, wenn ich Essen zum Mitnehmen kaufe?
- Muss ich meine Daten angeben, wenn ich in der Büro- oder Schulkantine esse?
- Kann mir ein Restaurant den Einlass verweigern, wenn ich meine Personendaten nicht angeben will?
- Ist das Vorgehen datenschutzrechtlich überhaupt erlaubt?
- Was passiert, wenn ich falsche Angaben mache, also zum Beispiel einen falschen Namen angebe?
- Werden meine Daten für Werbung missbraucht?
- Kann ich meine Personendaten nach dem Restaurantbesuch löschen lassen?
- Wie wird sichergestellt, dass meine Daten nicht missbraucht werden?
- Video: Was bedeuten die bevorstehenden Lockerungen für die Gastrobetriebe?
Gemäss Schutzkonzept sollen Vorname, Nachname und Telefonnummer von jeweils einer Person einer Gästegruppe erfasst werden. Ausserdem das Datum und die Zeit des Restaurantbesuchs sowie die Tischnummer. Die Restaurants müssen den Gästen die Möglichkeit geben, die Kontaktdaten zu hinterlegen. Es ist aber für die Gäste freiwillig, ob sie das machen wollen oder nicht. An der Medienkonferenz vom 8. Mai empfahl Bundesrat Alain Berset dies dringend zu tun, damit eine Rückverfolgbarkeit bei einer Infektion gewährleistet werden kann. Die Erfassung dieser Daten dient gemäss Berset primär dazu, die Gäste vor einer Ansteckung durch die Bedienung zu schützen , da sie den Abstand nicht immer einhalten kann.
Betriebe sollen zudem über 14 Tage nachweisen können, welche Tische ein Mitarbeiter bedient hat.
Das Unternehmen
soll gemäss Schutzkonzept die Daten seiner Gäste 14 Tage lang aufbewahren und sie danach vollständig vernichten. Der kantonsärztliche Dienst kann während diesen zwei Wochen, wenn es nötig wird, die Kontaktdaten beim Restaurantbetrieb einfordern.
Bei Gastrosuisse heisst es, «in Selbstbedienungsrestaurants und in nicht öffentlichen Schul- und Betriebskantinen werden keine Kontaktdaten erfasst». In Büros und Schulen gelten andere Schutzkonzepte.
Grundsätzlich gilt: Niemand hat einen Anspruch auf Bewirtung oder Einlass in ein Restaurant, auch wenn Restaurants grundsätzlich der Allgemeinheit zugänglich sind. Es gibt keine Bewirtungspflicht. Aber da die Angabe der Personendaten für das Contact Tracing freiwillig ist, sollte das kein Grund sein, um den Einlass zu verweigern.
In einer früheren Version des Gastrosuisse-Schutzkonzeptes war von einer Pflicht zur Datenerhebung bei allen Gästen die Rede. Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (Edöb) sagt dazu Folgendes: Die Gastrobetriebe müssen sich ans Datenschutzgesetz halten und dabei gilt es, Verhältnismässigkeit und Zweckbindung zu beachten. Generelle Appelle zum Selbstschutz oder an die Solidarität seien zulässig, sofern keine Kontrollen damit verbunden sind. Also zum Beispiel die Restaurantgäste auffordern, auf dem Smartphone zu zeigen, ob man die richtige Nummer angegeben hat. Kontrollen durch Private seien zudem in aller Regel ungeeignet und somit unverhältnismässig, weil Private gar keine Durchsetzungsmittel haben. Grundsätzlich gilt also gemäss Edöb: «Da es nicht die Aufgabe privater Gastronomiebetriebe ist, mögliche Kontakte Infizierter zurückzuverfolgen, darf die Erhebung von Name und Telefonnummer als Seuchenbekämpfungsmassnahme grundsätzlich nur auf freiwilliger Basis erfolgen.»
Da es in der aktualisierten Version des Gastrosuisse-Schutzkonzepts keine Pflicht zur Datenabgabe mehr gibt, ist das Vorgehen mit dem Datenschutz vereinbar.
Sehr wahrscheinlich nichts. Einer Drittperson müsste ein Schaden daraus entstehen, dann könnte diese Schadenersatz verlangen. Aber Lügen per se ist nicht strafbar. Es bräuchte eine gesetzliche Grundlage, die falsche Informationen in diesem Zusammenhang verbietet, und laut den Expertinnen des Beobachter-Beratungszentrums gibt es keine, die hier greifen würde. Da die Daten freiwillig angegeben werden, besteht auch keine Wahrheitspflicht, sagt der Edöb. Und die Gastronomen haben kein Recht, gegen den Willen der Gäste zu überprüfen, ob die Angaben stimmen.
Im Schutzkonzept von Gastrosuisse heisst es, «das Unternehmen verwendet die Daten ausschliesslich für den angegebenen Zweck». Das heisst, die Restaurants dürfen die Personendaten selber nicht verwenden, sondern nur dem kantonsärztlichen Team weitergeben, wenn dieses die Daten einfordert. Sie sollen nur für die Verfolgbarkeit einer allfälligen Infektionskette gebraucht und nach 14 Tagen vollständig gelöscht werden. Alle darüber hinausgehenden Verwendungen der Daten, zum Beispiel für Werbeanrufe, sind nicht erlaubt.
Gemäss Schutzkonzept werden die Daten während 14 Tagen aufbewahrt und anschliessend gelöscht. Da die Daten nur auf freiwilliger Basis erhoben werden dürfen, kann man nach Einschätzung des Edöb eine einmal erteilte Einwilligung jederzeit widerrufen. Und damit die Daten vom Restaurant löschen lassen.
Wie der Edöb sagt, müssen sich die Gastronomieunternehmer an das Datenschutzgesetz halten und damit rechnen, dass sie bei einem Missbrauch zur Verantwortung gezogen werden, wenn eine betroffene Person Klage erhebt.
Lockdown-Öffnung für die Gastronomie
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2 Kommentare
Ja, ich bin ebenfalls dieser Meinung. Solange man nicht die AHV-Nummer oder den Hausarzt angeben muss, ist alles halb so schlimm. Natürlich nur für eine gewisse Zeit.
Wer in einem Restaurant einen Tisch reserviert musste auch schon bisher Namen und Telefonnummer angeben. Jeder Wirt wird in seinem eigenen Interesse keinen unzulässigen Gebrauch von den Daten seiner Gäste machen. Also was soll die ganze Aufregung?