Schweizer klagen mit Vorteil in der EU
Wenns um Entschädigung geht, sind die Gerichte in der EU kulanter als in der Schweiz.
Veröffentlicht am 3. Juli 2018 - 11:05 Uhr,
aktualisiert am 5. Juli 2018 - 10:35 Uhr
Fluggäste erhalten bei grosser Verspätung eine pauschale Entschädigung – jedenfalls in der EU. So hat es der Europäische Gerichtshof entschieden, obwohl das nicht ausdrücklich in der EU-Verordnung steht.
Anders sah es das Bezirksgericht Bülach ZH . Es verneinte eine Pflicht zur Entschädigung bei Verspätung. Denn nur die EU-Verordnung ist bei uns verbindlich, nicht aber die EU-Rechtsprechung dazu. Generell nutzen Schweizer Gerichte diesen Spielraum und entscheiden weniger kundenfreundlich.
Jetzt haben Konsumenten einen kleinen Sieg errungen. Die Swiss gab bei einem um sieben Stunden verspäteten Flug von Genf nach Mallorca nach. Zuerst hatte sie der fünfköpfigen Familie die Entschädigung von 250 Euro pro Person verweigert. Auch die vom Kunden beauftragte Inkassofirma Airhelp biss auf Granit, worauf sie die Swiss einklagte.
Noch bevor die Swiss von der Klage erfuhr, zahlte sie «freiwillig» die 1250 Euro plus Spesen. Nachteil: Das Gericht musste den Fall inhaltlich nicht mehr beurteilen, es gibt keinen grundsätzlichen Entscheid zugunsten der Fluggäste. Die Zahlung ist ein indirektes Schuldeingeständnis der Swiss, finden Airhelp und Beobachter.
Die Swiss wollte die Zahlung nicht kommentieren. Sie werde auch künftig jeden Fall einzeln prüfen.
Lufthansa, Eurowings, Ryanair und Air France-KLM entschädigen auch Schweizer Kunden bei Verspätungen. Edelweiss Air und Easyjet wollen die EU-Verordnung einhalten. Helvetic Airways, British Airways, Aer Lingus, Alitalia und Vueling äusserten sich nicht.
Schweizer Kunden können die heimischen Gerichte meist umgehen und im EU-Raum klagen. Am besten am Sitz der Airline oder am Abflugs- oder Ankunftsort innerhalb der EU. Am einfachsten ist es, eine auf Fluggastrechte spezialisierte Inkassofirma zu beauftragen. Flightright, Airhelp und EUclaim bestätigen, dass sie Schweizer Kunden auch vor EU-Gerichten vertreten. Bei Erfolg fordern sie dafür eine Provision.
Flug annulliert, überbucht oder verspätet: Beobachter-Mitglieder erfahren im Merkblatt «Ihre Rechte als Flugpassagier», was ihnen zusteht und welche Entschädigungssumme sie in den jeweiligen Situationen verlangen können.
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