Teuer bezahlte Cremetiegel
Eine Firma mit Geschäften an bester Lage in Basel, Zürich und Luzern dreht Passantinnen überteuerte Produkte und Schönheitsbehandlungen an.
Veröffentlicht am 27. September 2019 - 15:06 Uhr
Die Verkäuferin hatte leichtes Spiel mit Karla Müller*. Die 61-Jährige, die in ihrer Kindheit schwer traumatisiert wurde, kann nicht Nein sagen, egal, wie sehr sie es möchte.
Angesprochen in der Streitgasse in Basel, fand sich Karla Müller bald im Ladenlokal von Individuel Cosmetique wieder. Man schwatzte ihr eine einstündige Behandlung auf, für die sie 239 Franken bezahlte.
Nach anderthalb Stunden verliess Müller das Geschäft – um rund 1800 Franken erleichtert. Weitere knapp 3000 Franken sollte sie gemäss Vertrag später bezahlen. Als Gegenleistung erhielt sie ein paar Cremetiegel und die Aussicht auf drei Gesichtsbehandlungen mit einem Gerät namens Wish-Pro, das mit Magnetophorese die Haut verjüngen soll. Die Technik wird benützt, um rote von weissen oder malariainfizierte von gesunden Blutkörperchen zu trennen.
Als die Sozialarbeiterin, die Karla Müller in finanziellen Dingen unterstützt, davon erfuhr, schickte sie eine Kündigung des Vertrags . Sie zweifelte nicht daran, dass die Firma den Vertrag würde auflösen müssen. Karla Müller hatte im Gesundheitsfragebogen angegeben, dass sie in den letzten Jahren zwei Krebserkrankungen gehabt hatte. Gemäss Vertrag ein Ausschlusskriterium.
Der Brief kam zurück. Er sei nicht zustellbar, so die Post. Man habe an der Streitgasse keinen Briefkasten, erklärte das Verkaufspersonal. Korrespondenz müsse an den Hauptsitz in Aubonne VD gesandt werden.
Karla Müller und die Sozialarbeiterin versuchten, die Anzahlung persönlich im Laden zurückzufordern. Dort hiess es, man könne das Geld nur zurückzahlen, wenn die Ware ungeöffnet sei. Da die Packungen angebrochen waren, wollte die Verkäuferin den Preis der drei Cremes abziehen. Müller hätte lediglich 246 Franken erhalten. Erst als der Beobachter sich einschaltete, hiess es, das ganze Geld könne zurückbezahlt werden.
Hinter Individuel Cosmetique steht die Firma Espit. Sie gehört drei Israelis, der Geschäftsführer ist ein Treuhänder aus Au SG. Der Laden in Basel ist nur einer von vielen. Alle befinden sich an bester Passantenlage in grösseren Städten wie Zürich, Luzern und Genf.
Die GmbH hat laut Wirtschaftsauskunft Teledata über 250'000 Franken an Betreibungen und miserable Kommentare von ehemaligen Mitarbeitern auf Stellenportalen . Die Rede ist etwa von einem «sehr undurchsichtigen Vertriebssystem» und «einem für die Schweiz ausbeuterischen Lohn». «Es werden unrealisierbare Fantasielöhne vorgelogen. Wer rechnen kann und die Produktpreise sieht, lässt sofort die Finger davon», schreibt jemand. Ein anderer: «Der Lohn ist miserabel, ausser man verkauft Produkte in fünfstelliger Höhe.»
Das dürfte das aggressive Verkaufsgebaren der Angestellten erklären. Beim Westschweizer Konsumentenschutz FRC ist die Firma bestens bekannt: Allein seit Mitte letzten Jahres wurden dort zwölf Fälle gemeldet.
«Wegen des raschen Wachstums der Firma hat nicht jedes einzelne Detail unseres Verhaltenskodexes die erforderliche Aufmerksamkeit erhalten», sagt Mitbesitzer Lior Opek auf Anfrage. Man habe im Einzelfall die notwendigen Anpassungen vorgenommen, damit die Bestimmungen eingehalten und die Erwartungen erfüllt würden. Zudem sei ein Rechtskonsulent mandatiert, der sicherstelle, dass Espit im Bereich Legal and Compliance alle Standards befolge.
Er dürfte genug Arbeit haben. Die Quittungen, die Karla Müller erhielt, weisen nicht einmal eine Mehrwertsteuer-ID auf, teilweise ist sogar der Firmenname falsch geschrieben, etwa Esprit statt Espit. Alles Hinweise auf möglichen Steuerbetrug. Die Basler Steuerbehörde geht der Angelegenheit nach. Es gilt die Unschuldsvermutung.
* Name geändert
5 Kommentare
Ich arbeite in dem Laden und ich kann sagen, dass ich als Angestellter am Anfang betrogen wurde, sie waren nett und nachdem ich den Vertrag unterschrieben hatte, fingen sie an, mich wie einen Sklaven zu behandeln.
Ich habe versucht, den Job zu verlassen, aber sie erpressen mich. Sie sagten, sie würden sich mit RAV in Verbindung setzen und eine schlechte Bewertung über mich abgeben, so dass ich nirgendwo mehr einen Job bekommen würde.
Der Manager schreit uns an und zwingt uns, Überstunden zu machen, ohne zu bezahlen. Wir dürfen keine zwei Wochen Ferien haben und viele andere Dinge, die mich überrascht haben, nachdem ich den Vertrag unterschrieben hatte.
und können wir etwas dagegen tun. bei mir ist das selbe an der Münstergasse - oder Marktgasse oder nach Beleg von T+N Sales GmbH in Cham passiert ... alles andere Adressen ...
Der Verkäufer Cosmin Benjamin scheint unloyal und unehrlich zu sein. Sein Gerede bestätigt er trotz Zusage nicht.
Ich habe leider auch negative Erfahrungen in dem Geschäft in der Marktgasse in ZH gemacht! Besonders mit einer Francesca, die dort arbeitet! Ich wurde mit einer Gratis Gesichtsanalyse reingelockt - die sie als gezielte Strategie und perfekte Vorlage nutzen, um einem dann für die aufgezeigten Problemzonen die nötigen Produkte / Behandlungen anzudrehen. Mein mehrmals betontes „Nein danke, ich will nichts kaufen, ich brauche das nicht!“ wurde nicht respektiert, ignoriert und man hat auf eine sehr perfide Art meine Freundlichkeit und meine „Makel“ ausgenutzt. In meinem Fall waren es die vielen von der Sonne entstandenen Pigmentflecken, die mein Gesicht zieren und mich stören und die sie mit Micro Needling Behandlungen beheben wollten. Dass die Behandlungen so teuer waren, erschien mir zwar anfänglich komisch, aber jegliche Zweifel / Bedenken werden mit Gratis Produkten/Behandlungen weggewischt. Ich kam also mit aufgeschwatzten und überteuerten Produkten sowie 1500.- weniger auf dem Konto für Behandlungen wieder raus. Den Betrag musste ich vor Ort bezahlen. Anzahlungen / Teilzahlungen wären nicht möglich. Als ich zuhause wieder klar denken konnte und zur Vernunft kam nachdem ich die Preise mit anderen Anbietern verglichen habe, forderte ich eine sofortige Rückerstattung.
Das Geld gabs natürlich nicht zurück, stattdessen hiess es, ich könnte das bereits bezahlte Geld gegen Produkte & Beautybehandlungen eintauschen. Also ging ich erneut ins Geschäft und mir wurde dann wieder von Francesca aggressiv ein Produkt für 700.- angedreht und zwar so perfide, dass es zuerst hiess ich könnte es abziehen von den bereits bezahlten 1500.- und dann kam raus, dass ich es zusätzlich kaufen müsste! Schliesslich verlor ich die Nerven, da sie meine Geduld genug strapazierten und habe ihr meine Meinung gesagt. Ich habe entschieden auf das Guthaben zu verzichten, da ich mit diesem Saftladen nie mehr etwas zu tun haben möchte!
Dieses Geschäft ist wirklich unterste Schublade! Es ist ein äusserst aggressives Verkaufsverhalten und das Manipulative ist, dass sie die utopischen Preise „tarnen“ und „rechtfertigen“ mit jensten Gratis Produkten / Behandlungen, die sie einem im Gegenzug „grosszügig“ offerieren. Ich hoffe wirklich, diesen Betrügern wird das Handwerk gelegt. Ich bin mir sicher, es fallen noch einige darauf auf diese Masche rein..
Mir ist in dem Laden von Individuel in Basel ähnliches passiert und ich denke, das Marketing grenzt an Nötigung und Wucher. Nach einer durchaus guten Gesichtsbehandlung für 150 Fra. kam eine zweite Frau ins Behandlungszimmer, die Tür wurde geschlossen und ich wurde für ca 20 Minuten trotz mehrmaliger Bekundung, dass es mir zu teuer ist, mit Angeboten für Behandlungsvertraegen im vierstelligen Bereich überschüttet ohne Möglichkeiten, die Situation zu verlassen. Ich habe mich, eingeschlossen gefühlt. Erst als ich zugestimmt habe, absolut überteuerte Cremes zu kaufen wurde ich rausgelassen.