Viagogo blitzt vor Bundesgericht ab
Viagogo hat unlauter gehandelt. Das hat das Bundesgericht entschieden. Die Ticketplattform hat unter anderem Veranstaltungen des Circus Knie fälschlicherweise als ausverkauft bezeichnet.
Veröffentlicht am 19. November 2021 - 14:42 Uhr
Seit Jahren beschweren sich Kunden beim Beratungszentrum des Beobachters über die Ticketplattform Viagogo. In seinem Urteil vom 27. Oktober 2021 stellte das Bundesgericht jetzt erstmals fest, dass Viagogo gegen das Lauterkeitsrecht verstossen hat:
Viagogo bezeichnete Vorstellungen als «ausverkauft», obwohl beim offiziellen Vertriebspartner des Circus Knie noch viele Tickets erhältlich waren. Die falsche und irreführende Angabe solle die Kunden zum raschen Ticketkauf bewegen, so das Bundesgericht.
Angaben wie «Bitte beachten Sie, dass diese Tickets möglicherweise nicht mehr zu diesem Preis verfügbar sein werden, wenn Sie Ihren Einkauf nun abbrechen» kombinierte Viagogo mit Warteschlaufen und einem Countdown von weniger als zehn Minuten. Damit erzeuge Viagogo einen künstlichen Zeitdruck und verhalte sich unlauter, so das Gericht.
Viagogos Verkaufstricks
Viagogo bot inexistente Sitzplatzkategorien an und bildete einen falschen Sitzplan ab. Gemäss Bundesgericht werde potentiellen Käufern damit die Möglichkeit genommen, andere Angebote zu vergleichen und nach günstigeren Optionen zu suchen. Das Vorgehen von Viagogo verhindere bewusst Markttransparenz und könne dazu führen, dass Nutzer erheblich überteuerte Eintrittskarten erwerben.
Die Preise für die ausgewählten Tickets erhöhten sich während des Bestellvorgangs schrittweise. Am Schluss nannte Viagogo weder gut sichtbar noch nachvollziehbar den Gesamtpreis und setzte die Kunden unter Zeitdruck, damit sie bestellen. Die Preisangaben wurden verdeckt, wenn der Nutzer scrollte. Laut Gericht sei der Bestellprozess förmlich darauf angelegt, dass der Käufer den Gesamtpreis nicht klar erfassen könne und er zu einer sofortigen und unüberlegten Kaufentscheidung veranlasst werde.
Viagogo darf diese Verkaufsmethoden zukünftig nicht mehr anwenden. Kunden können sich sonst beim Staatsekretariat für Wirtschaft (Seco) beschweren oder Strafanzeige einreichen. Das Urteil bedeutet nicht, dass die Kaufverträge über die Tickets per se ungültig sind, es trägt aber zu den Argumenten seitens Konsumenten bei. Übrigens: Ein Strafverfahren wegen Betrug und unlauterer Geschäftspraktiken ist bereits hängig.
- Musterbrief zur Rückforderung des Ticketpreises bei Viagogo (Word-Dokument, .docx)
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