Die Produktion von Rindfleisch ist für mindestens die Hälfte der Fläche verantwortlich, die im Amazonasgebiet gerodet wird. Vor allem in Brasilien muss wertvoller Wald dem Fleischhunger weichen. Fast eine Million Hektaren Wald werden pro Jahr für die Rinderzucht gefällt – in vier Jahren also die Fläche der Schweiz.

Hehre Versprechen – und dann?

Seit einiger Zeit versprechen deshalb Migros und Coop, Produkte, die in Zusammenhang mit Entwaldung stehen, aus dem Sortiment zu nehmen. Coop will bis 2026 dafür sorgen, dass alle kritischen Rohstoffe «mit hohem Abholzungsrisiko» aus Produktionsstätten stammen, wo für die Herstellung der Rohstoffe kein Wald gerodet wird. Solche Rohstoffe sind etwa Soja, Kaffee, Fleisch oder Holz.

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Und die Migros schrieb 2023 in einem Strategiepapier, dass Rindfleischimporte aus Brasilien «seit 2020 aufgrund verschiedener Risiken ausgeschlossen sind». Bereits 2022 versicherte die Detailhändlerin gegenüber der «Bauernzeitung», dass kein brasilianisches Rindfleisch im Sortiment sei.

Studie zeigt: Fleisch aus Brasilien wird trotzdem verkauft

Die Realität ist nicht ganz so rosig. Das zeigt eine aktuelle Studie, die Greenpeace in Auftrag gegeben hat. So landet nach wie vor brasilianisches Rindfleisch in den Regalen von Migros und Coop. Bei der Migros zum Beispiel beim Beef Jerky der Marke Jack Link’s. Teilweise stammt auch das Trockenfleisch der Produktlinie M-Budget von dort.

Bei Coop steht Corned Beef der Marke Bonfine im Fokus. Dort konnte die Greenpeace-Studie die komplizierte globale Lieferkette zum Fleischkonzern JBS und Landwirtschaftsbetrieben im Bundesstaat Mato Grosso zurückverfolgen. Satellitenbilder würden die aktive Entwaldung auf den Betrieben nachweisen.

Brisant: Zum fraglichen Produkt äusserte sich Coop bereits vor zwei Jahren. Damals versprach Coop, dass der Hersteller die verantwortungsvolle Rohstoffbeschaffung garantiere.

Der Beobachter hakt nach

Wie kann so etwas passieren? Gegenüber dem Beobachter kommentierte Coop die aktuelle Studie wie folgt: Man nehme die Vorwürfe sehr ernst und habe umgehend mit dem Hersteller Kontakt aufgenommen. Entwaldungsfreie Lieferketten seien in einer Richtlinie geregelt, zu deren Einhaltung sich der Hersteller verpflichtet habe. Derweil schreibt die Migros, dass das fragliche Fleisch aus Regionen in Brasilien stamme, «die nicht von der Entwaldung betroffen» seien.

Um welche Gebiete es sich handelt, wollte die Migros gegenüber dem Beobachter nicht sagen.

Der Beobachter wollte wissen, wie dies zu den früheren Versprechen der Migros passe. Zum einen werde kein «frisches Rindfleisch aus Brasilien» mehr verkauft, zum anderen erfüllten die verarbeiteten Produkte bereits heute «unsere Verpflichtungen für 2025». Diese sollten sicherstellen, dass Produkte «nicht aus von Abholzung bedrohten Gebieten stammen». Welche Gebiete das genau sind, wollte die Migros nicht sagen.

Schweiz hinkt bei Regulierung hinterher

Für Konsumentinnen und Konsumenten ist es sehr schwer, einzuschätzen, ob Rindfleisch aus einer Produktion stammt, für die kein Wald gerodet wird.

Hunderte Tonnen brasilianisches Rindfleisch landen pro Jahr in den Regalen.

Denn die Schweiz setzt hier auf die Eigenverantwortung der Detailhändler. Offenbar mit durchzogenem Erfolg: Wie die aktuelle Studie zeigt, gelangen jährlich Hunderte Tonnen brasilianisches Rindfleisch in die Schweizer Regale.

EU-Regeln nehmen Firmen mehr in die Pflicht

Einen anderen Weg geht die EU. Dort gilt ab dem 1. Januar 2025 die «Verordnung über entwaldungsfreie Produkte». Sie soll dafür sorgen, dass keine Produkte, die mit Entwaldung in Zusammenhang stehen, den Weg in die EU finden.

Für Rohstoffe wie Rindfleisch, Kakao, Kaffee, Soja oder Holz müssen Unternehmen bald einen Nachweis liefern, dass sie nicht auf abgeholzten Flächen produziert wurden. Trotzdem sieht der Bundesrat «vorderhand keine Anpassung des Schweizer Rechts vor».