Eine neue App, einige offene Fragen
Wer Einkäufe zu verzollen hat, muss dafür nicht mehr an der Schweizer Grenze anstehen. Neu lässt sich das bequem per App erledigen. Doch diese hat ihre Tücken.
Veröffentlicht am 20. April 2018 - 16:41 Uhr,
aktualisiert am 23. April 2018 - 16:15 Uhr
Der Bund will die Einfuhr von Auslandseinkäufen einfacher gestalten. Dazu hat er vor kurzem eine neue App lanciert. Mit «QuickZoll» sollen Reisende ihre Waren künftig selbständig digital verzollen können. Doch so verheissungsvoll die neue App tönt, sie wirft einige Fragen auf.
Musste man einen Einkauf über 300 Franken bis anhin am Schweizer Zoll anmelden und die entsprechende Mehrwertsteuer dafür zahlen, lässt sich das neu bequem per Smartphone regeln: Anzahl Reisende in der App eingeben, den Wert der zu verzollenden Waren (Freimengen und Wertfreigrenzen werden gleich automatisch abgezogen), die Kreditkartendaten – und dann entfällt der Halt an der Grenze und der Gang zum Schalter oder zur Anmeldebox. So sieht der optimale Ablauf aus. Wer «QuickZoll» zum ersten Mal öffnet, dürfte allerdings zunächst einmal stutzig werden.
«Hiermit bestätige ich, dass ich den einheitlichen Mehrwertsteuersatz von 7,7 % bei der Verzollung von Waren akzeptiere», ploppt auf dem Display auf. Um mit «QuickZoll» überhaupt Waren verzollen zu können, muss man dieser Aufforderung zustimmen. Obwohl für bestimmte Güter wie alkoholfreie Lebensmittel, Tierfutter oder Medikamente eigentlich ein reduzierter Satz von 2,5 % gilt. Wer bei einem Grosseinkauf die Freigrenze von 300 Franken überschreitet und nicht am Schalter verzollen will, zahlt also mit der App drauf – zugunsten der Benutzerfreundlichkeit.
«Bei der Entwicklung der App hat sich herausgestellt, dass die Bedienung mit zwei verschiedenen Mehrwertsteuersätzen viel komplexer ist und das Eintippen sehr viel Zeit in Anspruch nehmen würde», sagt Sprecher David Marquis von der Eidgenössischen Zollverwaltung. Kunden müssten dann den Wert der einzelnen Artikel mit dem jeweiligen Satz erfassen. Die Erfahrungen hätten aber gezeigt, dass Lebensmitteleinkäufe meistens innerhalb der Freigrenze erfolgen.
Bei den Konsumentenschützern stösst der einheitliche Mehrwertsteuersatz in der App auf Ablehnung: «Würde man die Option 2.5% zulassen, gäbe es zwar vermehrt Fälle, bei denen die Waren falsch verzollt würden. Trotzdem müsste diese Möglichkeit zumindest als Option zwingend angeboten werden», sagt André Bähler von der Stiftung für Konsumentenschutz.
Für die meisten Waren und Dienstleistungen gilt ein Mehrwertsteuersatz von 7,7 %. Es gibt aber Ausnahmen.
Normalsatz (7,7 %)
- Kleider, Alkohol, Uhren, Autos, Dienstleistungen
Reduzierter Satz (2,5 %)
- Lebensmittel (ohne Alkohol), Medikamente, Bücher, Güter des täglichen Bedarfs
Die Zollabgaben können Nutzer der App frühestens 48 Stunden vor Grenzübertritt begleichen. Sie müssen aber bezahlt sein, sobald dieser erfolgt ist. Auffällig dabei: Für den Zeitpunkt des Übertritts muss bei «QuickZoll» vorgängig ein zweistündiges Zeitfenster angegeben werden. Marquis: «Damit können wir verhindern, dass eine Person mit derselben Quittung mehrmals pro Tag Waren einführt.»
Dass die Quittung ein Jahr aufbewahrt werden muss, ist dagegen keine Eigenheit der App. Die Regel gilt genauso bei der regulären Verzollung und dient dem Schutz der Zollkunden. So könne laut dem Sprecher der Zollverwaltung während einer Reise nachgewiesen werden, dass eine im Ausland gekaufte Tasche bereits verzollt ist.
Auch bezüglich Datenschutz sorgte die neue Verzollungs-App anfangs für Irritationen. Obwohl auf der Website festgehalten ist, dass in der App keine Daten gesammelt würden, finden sich in «QuickZoll» Code-Signaturen von 13 Trackern, unter anderem von Facebook und Google. Auch dass keine Informationen zu Betriebssystem oder Browser erfasst würden, wurde widerlegt.
«Es werden keine Daten gesammelt», hält David Marquis von der Zollverwaltung fest. Zwar seien in der Software mögliche Zugriffsrechte definiert, diese würden aber nicht verwendet. Gewisse Rechte wie der Zugriff auf das Internet oder die Fotos – zur Erstellung der Quittungen – sind gemäss Marquis für die Funktionalität der App zwingend notwendig.
Die meiste Zeit beim Auslandseinkauf verlieren Schweizer Konsumenten am ausländischen Zoll. Wer denkt, mit der neuen App sei das nun anders, der irrt. Auf das Abstempeln der Tax-Free-Formulare und die Rückerstattung der ausländischen Mehrwertsteuer hat «QuickZoll» keinen Einfluss.
Für den Auslandseinkauf in Deutschland beispielsweise wäre dafür eine deutsche Lösung nötig. Der ursprüngliche Plan, per Anfang 2018 die grünen Ausfuhrscheine gegen ein komplett digitales Verfahren einzutauschen, konnte dort aber nicht umgesetzt werden. «Da die Entwicklung rechtlich und technisch komplex ist, ist damit nicht vor 2020 zu rechnen», erklärt die deutsche Generalzolldirektion auf Anfrage. Als Zwischenlösung wurden deshalb mittlerweile unter anderem in Konstanz zusätzliche Stempel-Container aufgestellt. Diese hätten bereits für eine spürbare Beruhigung der Stausituation an den Grenzübergängen gesorgt, so die deutsche Behörde.
Ob übers Internet, im grenznahen Gebiet oder während eines Ferienaufenthalts: Wer im Ausland einkauft, darf den Zoll nicht vergessen. Beobachter-Mitglieder erfahren, woran sie seriöse Onlineshops erkennen und erinnert sie zudem an die aktuellen Bestimmungen bei der Einfuhr von Waren.
1 Kommentar
Quickzoll ist eigentlich eine gute Idee. Leider liegt der Teufel im Detail. Hat man einen Artikel mal eingegeben, kann man ihn nicht mehr ändern oder löschen. Mann kann nur noch die ganze Liste löschen. Also wenn man nur einen Tippfehler hat, dann kann man mit der ganzen Liste gleich wieder von vorne anfangen. Beim BAZG kann man leider nirgends ein Feedback eingeben, daher hoffe ich, die die Programmersteller meine Kritik hier lesen können.