«Die Konsumentenpreise sind im November um 0,1 Prozent gefallen», meldete das Bundesamt für Statistik Anfang Dezember. Eigentlich eine gute Nachricht – die gleich gebliebenen Löhne sind so ein bisschen mehr wert geworden. Wenn da nicht die Krankenkassenprämien wären. Die neue Police ist für viele Berufstätige viel teurer geworden. Doch ausgerechnet dieser happige Posten wird bei der Berechnung der Konsumentenpreise nicht berücksichtigt.

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Vieles sei aber auch günstiger geworden, so die zuständige Bundesstelle – Telekommunikation, Ferien oder elektronische Gadgets. Ein gutes Argument für Arbeitgeber, auf einen Ausgleich der Teuerung zu verzichten. Es gibt ja angeblich keine.

Die Kaufkraft der Pensionierten sinkt

Pech aber auch für alle, die keinen Arbeitgeber mehr haben. Vor allem Rentnerinnen und Rentner leiden stark unter den steigenden Gesundheitskosten. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) hat im November eine Grafik veröffentlicht, deren Aussage dem Bundesamt widerspricht. Dafür hat der SGB die Entwicklung der AHV-Renten mit jener der Krankenkassenprämien verglichen.

Ergebnis: In den vergangenen 20 Jahren sind die Renten um rund einen Viertel gestiegen – die Gesundheitskosten haben sich mehr als verdoppelt. 1997 frassen sie zehn Prozent der AHV-Renten weg, heute verschlingen sie fast 20 Prozent.

«Die Kaufkraft der Rentnerinnen und Rentner ist unter Druck, keine Frage», sagt Daniel Lampart vom SGB. Denn die Anpassung der Renten erfolgt alle zwei Jahre, unter anderem auf der Grundlage des sogenannten Warenkorbs, des Landesindexes der Konsumentenpreise. Darin sind zum Beispiel Ausgaben für Einkäufe in Apotheken enthalten. Doch Krankenkassenprämien, Selbstbehalt und Franchisen fehlen. Die Argumentation des Bundes: Es handle sich dabei nicht um effektive Kosten, sondern um eine «Transferzahlung», eine Art Investition, die wieder zurückbezahlt werde, wenn man krank wird.

Senioren nützt das wenig. Viele von ihnen haben ein Leben lang hohe Prämien für private oder halbprivate Versicherungsmodelle ausgegeben. Ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, an dem ein Spitalaufenthalt viel wahrscheinlicher wird, sind sie gezwungen, das Versorgungsniveau herunterzufahren. Sie können sich die hohen Prämien nicht mehr leisten.

Die EL machen den Unterschied

«Besonders ältere Menschen, die keine Ergänzungsleistungen beziehen, haben zunehmend Mühe», so Lampart vom SGB. Denn das Sozialamt übernimmt entweder die Prämien oder zahlt einen durchschnittlichen Beitrag aus, der sich an der effektiven Höhe der aktuellen Prämien orientiert. Anders sieht es bei Leuten aus, die alles aus dem eigenen Sack bezahlen. Sie müssen mit einem Budget jonglieren, das in den letzten 20 Jahren viel weniger stark gewachsen ist als die Krankenkassenprämien.

Die Sozialberatungen von Pro Senectute Schweiz machen ähnliche Erfahrungen: Personen, die knapp über einem steuerbaren Einkommen von 40'000 Franken liegen, hätten das Nachsehen. «Sie müssen selber für ihre Krankenkassenprämien, Franchise und Selbstbehalt aufkommen und zahlen zusätzlich noch mehr Steuern, während wiederum EL-Bezüger von der Billag-Gebühr befreit sind», sagt Sprecherin Judith Bucher. Unter dem Strich haben diese Senioren weniger Geld im Portemonnaie als Rentner mit Ergänzungsleistungen.

Wenn der Jassklub zu teuer wird

Laut Pro Senectute leiden dann vor allem die sozialen Kontakte. «Die Altersarmut in der Schweiz ist weitgehend unsichtbar», sagt Bucher. Kaum jemand laufe in zerrissenen Kleidern herum – «aber man überlegt sich, ob man beim Kafichränzli des Jassklubs noch dabei sein kann, ob das Zugbillett drinliegt, mit dem man eine Schulfreundin besuchen könnte, ob man sich eine Zeitung oder den Internetanschluss noch leisten kann.»

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund setzt sich nun auf dem politischen Parkett ein: Die AHV-Renten sollen so angepasst werden, dass sie den steigenden Gesundheitskosten wenigstens ein bisschen gerechter werden. Denn es sei nicht tragbar, wenn jemand jeden Monat einen Fünftel seines Geldes für Krankenkassenprämien ausgeben müsse.

Bei der Einführung des neuen Krankenversicherungsgesetzes Mitte der neunziger Jahre hat der Bundesrat versprochen, dass niemand mehr als acht Prozent des Einkommens für Kassenprämien ausgeben soll. Weil Bund und Kantone bei den Prämienverbilligungen sparen, wurde dieses Ziel verfehlt. Nicht nur Pensionierte, auch Alleinerziehende oder Paare zahlen heute bis zu 14 Prozent.

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