Eine Velofahrerin erleidet bei einem Unfall massive Kopfverletzungen – ist gemäss dem IV-Gutachter aber voll arbeitsfähig. Ein Kadermann leidet unter einem Burn-out – seine Begutachtung dauert nur wenige Minuten. Eine Tätowiererin hat Panikattacken – im Gutachten aber steht fälschlicherweise, sie sei drogensüchtig und simuliere. Der Beobachter hat bereits mehrfach über Fälle berichtet, in welche die IV-Gutachterstelle Pmeda AG involviert war. 

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Seit Oktober 2023 vergibt die Invalidenversicherung keine Aufträge mehr an die Firma. Sie stützte sich auf eine Empfehlung der Eidgenössischen Kommission für Qualitätssicherung in der medizinischen Begutachtung (EKQMB). Diese hatte die IV-Gutachten der Pmeda stichprobenweise überprüft und eklatante Mängel festgestellt. Zu Beginn des Jahres 2024 hat das Bundesgericht entschieden, dass jede Person, die von der Pmeda beurteilt wurde, eine erneute Beurteilung verlangen kann.

Die Situation von Betroffenen bleibt schwierig

Nun wird auch der Gesetzgeber aktiv. Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit fordert per Motion, dass das Bundesgesetz über die Invalidenversicherung geändert wird. Versicherte sollen ihren IV-Entscheide künftig überprüfen lassen können – wenn er sich auf ein zweifelhaftes Gutachten stützt. Konkret: wenn das Gutachten von einem Arzt oder einer Stelle verfasst wurde, von deren Zusammenarbeit die EKQMB abrät.

Luzius Hafen ist Anwalt und vertritt Betroffene in IV-Verfahren. Er begrüsst den Vorstoss. Das Bundesgericht habe vor ein paar Monaten ein wasserdichtes Revisionsgesuch gar nicht einmal angeschaut, erzählt er. Nur weil das mangelhafte Pmeda-Gutachten nicht in die von der EKQMB überprüfte Zeitspanne fiel. «Ein eklatantes Fehlurteil.» Für ihn ist darum klar: «Die einzige Möglichkeit ist jetzt noch, dass die Invalidenversicherung politisch gezwungen wird, Revisionen in den betreffenden Fällen vorzunehmen.»

Wer von der Pmeda begutachtet wurde, kann also hoffen. Auch wenn es für die Betroffenen sehr belastend sein kann, sich im Rahmen einer Neubeurteilung nochmals neu begutachten zu lassen. Bislang hat die EKQMB übrigens nur im Fall der Pmeda von einer Zusammenarbeit abgeraten. Obwohl es auch an anderen Gutachterstellen zum Teil massive Kritik gibt. Zum Beispiel an der Medas Lachen, wie der Beobachter kürzlich publik machte.

Als Nächstes wird der Nationalrat über die Vorlage beraten. Wann dies sein wird, steht noch nicht fest.