Mit dem Beobachter günstiger auf die Piste
Immer mehr Skigebiete setzen auf flexible Preise. Mit dem Ski-Scraper-Projekt sorgt der Beobachter für Transparenz. Was eine Tageskarte kostet, wird stündlich aktualisiert.
Leser Robert Kurz ist verärgert. Eigentlich wollten er und seine Familie nach Weihnachten eine Woche Skiferien in Adelboden-Lenk machen. Als er im Internet die Skitickets kaufen wollte, stiess er aber auf eine Neuerung: Mit Beginn dieser Saison hat Adelboden-Lenk dynamische Preise eingeführt .
Leser Kurz – er heisst in Wirklichkeit anders – fragte die Bergbahnen an, wie hoch denn der Maximalpreis für die Wochenkarte sei. «Als Gast muss ich ja abwägen, ob ich das Wetterrisiko selber tragen will. Um diese Entscheidung zu treffen, muss ich wissen, wie viel mehr ich bezahlen muss, wenn ich die Tickets nicht im Voraus buche.»
Doch die Bergbahnen Adelboden-Lenk verweigerten ihm diese Auskunft. Der Maximalpreis werde nicht kommuniziert. Angeblich, weil die Bergbahnen selbst nicht wüssten, ob dieser überhaupt erreicht werde.
Vor allem grosse Skigebiete setzen auf dynamische Preise
Viele Wintersportbegeisterte dürften vor dem gleichen Dilemma stehen wie die Familie Kurz, denn immer mehr Skigebiete setzen auf dynamische Preise. Auf eine Umfrage des Beobachters bei rund 130 Betreibern von Liften und Bahnen in der Deutschschweiz antworteten 21, sie würden die Preise dynamisch festsetzen. Es sind vor allem grosse Skigebiete wie Engadin St. Moritz, Laax, Gstaad oder Zermatt.
Mit dynamischen Preisen ist gemeint, dass der Preis für ein Ticket vom Zeitpunkt abhängt, zu dem man es kauft, aber auch vom Datum, an dem man die Bahnen benutzen will. Generell gilt, dass die Preise tiefer sind, je früher man kauft, und höher, je mehr Leute an einem bestimmten Tag Ski fahren wollen – etwa an Wochenenden.
«Mit dynamischen Preisen wollen die Skigebiete vor allem ihre Gewinne maximieren.»
Sara Stalder, Konsumentenschutz
Mit dem dynamischen Preissystem verfolge man mehrere Ziele, sagt Matthias Werren, Leiter Marketing und Verkauf der Skiregion Adelboden-Lenk. «Wir wollen die Anlagen gleichmässiger auslasten, das Skifahren während der Nebensaison preislich attraktiver gestalten und die Wartezeiten verringern, auch in den Restaurants.» Das nütze sowohl den Gästen als auch den Bergbahnen.
Sara Stalder vom Konsumentenschutz lässt diese Argumentation nicht gelten: «Mit dynamischen Preisen wollen die Skigebiete vor allem ihre Gewinne maximieren, auch wenn sie es anders begründen.» Stalder kritisiert, für Konsumentinnen und Konsumenten verkäme der Kauf von Skitickets zur reinen Lotterie, ein Vergleich zwischen den einzelnen Skigebieten würde enorm erschwert.
«Bis zu 15 Prozent mehr Umsatz»
Mehrere Schweizer Skigebiete, etwa Zermatt und Scuol, setzen bei der flexiblen Preisgestaltung auf die Lösung der Berliner Firma Smart Pricer. «Dynamische Preise sorgen für eine bessere Auslastung, vor allem in saisonalen Randzeiten oder wenn das Wetter nicht perfekt ist. So können Skigebiete bis zu 15 Prozent mehr Umsatz erzielen», sagt Smart-Pricer-Chef Christian Kluge.
Eine im Auftrag von Seilbahnen Schweiz durchgeführte Studie der Hochschule Luzern aus dem Jahr 2020 kam zum Schluss, dass dynamische Preismodelle zu einem etwas höheren Durchschnittsertrag führen und so zu einer Ertragssteigerung der Branche beitragen würden. Die Studie schätzte dieses Potenzial aber als «eher gering» ein. Dass mit dynamischen Preisen Erhöhungen «diskreter möglich» sind, insbesondere wenn keine Preislisten mehr bestehen, wertet die Studie als Vorteil für die Anbieter.
Kleinere Skigebiete wollen kalkulierbar bleiben
Neben wenigen grossen Destinationen wie Davos Klosters oder der Jungfrau-Ski-Region verweigern sich vor allem die kleinen und mittleren Gebiete dem Trend zu dynamischen Preisen. Etwa Melchsee-Frutt, Hoch-Ybrig und die Mörlialp. Als Begründung geben diese Gebiete meist an, sie würden vor allem auf Familien mit Kindern setzen. Für dieses Kundenprofil seien wechselnde Preise nachteilig. So heisst es bei den Stoosbahnen: «Wir möchten dem Gast eine klare Preisstrategie bieten, der Gast soll immer wissen, was er bei uns für wie viel bekommt, etwa mit einer Familientageskarte. So ist das Erlebnis einfacher kalkulierbar.»
Der Beobachter Ski-Scraper
Hier konnten Sie in der Skisaison 2023/24 aktuelle Tageskarten-Preise der 15 grössten Schweizer Skigebiete abrufen. Mit dem Projekt «Ski-Scraper» hat der Beobachter ein wenig Licht in die Blackbox «Dynamic Pricing» gebracht. Auch in der kommenden Saision werden wir an dem Thema dranbleiben.
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4 Kommentare
Guten Tag Herr Stocker. Danke für Ihr Feedback. Der Ski-Scraper ist ein langfristiges Projekt. Sein Nutzwert steigt mit der gesammelten Datenmenge. Wir werden in regelmässigen Abständen und für jedes Skigebiet in einer Grafik die zeitliche Entwicklung der Preise veröffentlichen. Diese Informationen werden bei der Einschätzung helfen, wann eine Tageskarte besonders teuer und wann sie besonders günstig ist.
Beste Grüsse
Und wie komm ich nun günstiger zum Ski-Ticket? diese Beobachter-Headline ist unseriös und irreführend zugleich.
Widerspricht das eigentlich nicht der Preisbekanntgabeverordnung?
Guten Tag Herr Caviezel. Vielen Dank für Ihre Frage! Gegen die Preisbekanntgabeverordnung verstossen die Bergbahnen in der Regel aber nicht. Im Zeitpunkt des Kaufes ist allen klar, wie viel das Ticket kostet. Ob es tags zuvor (oder danach) teurer oder günstiger war, kommt nicht darauf an.