Das war diese Woche richtig wichtig
Wurde die Schweiz diese Woche gerechter, transparenter, fortschrittlicher? Und wo gings rückwärts? Der Überblick des Beobachters für die Woche vom 10. Februar 2025.
Liebe Leserinnen und Leser
Willkommen zu «Richtig wichtig». Der Name ist Programm. Hier ordnen wir immer freitags die vergangene Woche für Sie ein. Es gibt diesmal ziemlich viele – denn gerade tagt das Parlament zur Frühjahrssession. Wir haben Ihnen darum ein paar weitere Meldungen am Schluss knapp zusammengefasst.
So – und jetzt die Themen:
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Sucht in der Schweiz: Glücksspiele boomen – Abhängige sind hochverschuldet
- Ausbau der Erneuerbaren: Dürfen Verbände weiter Einsprache erheben?
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Gesundheitskosten: Nationalrat will Systemwechsel bei Labortarifen
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Und das Zitat der Woche können Sie für bare Münze nehmen
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Sucht in der Schweiz: Glücksspiele boomen – Abhängige sind hochverschuldet
Darum gehts: Diese Woche ist das Suchtpanorama 2025 erschienen. Es zeigt: Die Suchtmittelindustrie erzielt in der Schweiz milliardenschwere Umsätze durch Alkohol, Nikotin und Glücksspiele, während die Volkswirtschaft jährlich 7,9 Milliarden Franken an Suchtkosten trägt. Die Herausgeberin des Panoramas, Sucht Schweiz, kritisiert, dass die Gewinne privatisiert und Schäden sozialisiert werden.
Warum das wichtig ist: Laut Sucht Schweiz sterben in der Schweiz jährlich mehr als 10’000 Menschen aufgrund von Suchtmitteln. Besonders der Boom des Online-Glücksspiels macht der Organisation aktuell Sorgen. Glücksspielsüchtige hätten im Schnitt deutlich über 100’000 Franken Schulden.
Das sagt der Beobachter: Wir berichten regelmässig über Sucht und ihre Auswirkungen. Der Verkauf von süchtig machenden Substanzen oder Apps mit dem Ziel, damit Geld zu verdienen, ist moralisch fragwürdig und sollte streng reguliert sein. Sogar Kindern wird bereits problematisches Verhalten beigebracht. Mit welchen Tricks Online-Spieleanbieter sie zum Geldausgeben verführen, erklärt ein Spielsuchtexperte hier:
⇒ Jetzt lesen: «In Online-Spiele sind Muster eingebaut, die süchtig machen»
Über «Das war richtig wichtig»
Was hat die Schweiz diese Woche gerechter, transparenter, fortschrittlicher gemacht? Und wo gings eher rückwärts? Wo weiterlesen, wenn Sie es genauer wissen möchten? Wir liefern Ihnen immer freitagmittags drei bis vier wirklich wichtige Nachrichten – kompakt, verständlich und mit Haltung aufgeschrieben. Auch als E-Mail abonnierbar.
Ausbau der Erneuerbaren: Dürfen Verbände weiter Einsprache erheben?
Darum gehts: Der Nationalrat will es erschweren, den Bau von Wasserkraftwerken mittels Beschwerde zu verzögern oder gar zu verhindern. Auf diesen Kompromiss hat er sich diese Woche mit grosser Mehrheit geeinigt. Zuvor hatte der Ständerat versucht, das Verbandsbeschwerderecht bei 16 Projekten ganz auszuhebeln – und Ratslinke sowie Umweltverbände gegen sich aufgebracht. Nun ist wieder die kleine Kammer am Zug.
Warum das wichtig ist: Letztes Jahr hat die Stimmbevölkerung über das neue Stromgesetz abgestimmt. Die besagten 16 Wasserkraftwerke sind Teil davon. Mitte-Rechts findet, es könne nicht sein, dass Umweltverbände mit einer Beschwerde nachträglich den Volkswillen aushebeln. Mitte-Links wendet ein, man habe im Abstimmungskampf explizit versprochen, das Beschwerderecht zu erhalten. Der Kompromiss sieht jetzt vor, dass mindestens drei Verbände gemeinsam eine Beschwerde einreichen müssen.
Das sagt der Beobachter: Das Stromgesetz war ein grosser Erfolg für eine breite Allianz im Parlament und diverse Umweltschutzverbände. Letztere waren auch dafür, weil sie via Verbandsbeschwerde quasi einen Notstopp hatten. Der Kompromiss ist elegant. Denn einerseits verhindert er, dass eine kleine Minderheit ein Projekt blockieren kann. Andererseits ist es so immer noch möglich, wirklich exzessive Projekte zu bekämpfen. Wenn die Schweiz ihre Klimaziele auch nur ansatzweise erreichen kann, wird es noch viele solche Kompromisse brauchen.
⇒ Jetzt lesen: Kommt jetzt die Windrad-Wende?
Gesundheitskosten: Nationalrat will Systemwechsel bei Labortarifen
Darum gehts: Die Tarifpartner, nicht mehr der Bund, sollen künftig die Labortarife der Grundversicherung festlegen. Dieser Systemwechsel soll laut Nationalrat Kosten senken und Innovation fördern. Die rot-grüne Minderheit warnt jedoch vor hohen Kosten und Versorgungslücken. Der Bundesrat ist skeptisch gegenüber der Reform. Die Entscheidung liegt nun wieder beim Ständerat.
Warum das wichtig ist: Labortests sind in der Schweiz im Durchschnitt um 67,5 Prozent teurer als in anderen europäischen Ländern. Das zeigt eine Studie im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit (BAG): Dafür wurden die Preise von 45 häufigen Tests mit denen in Belgien, Frankreich und Holland verglichen. Höhere Löhne, Mieten und Energiekosten in der Schweiz sind in der Analyse bereits eingepreist.
Das sagt der Beobachter: Für den Beobachter ist die viel beschworene «Tarifpartnerschaft» ein Propagandabegriff der Leistungserbringer. Er soll ihnen die hohen Profite und Einkommen sichern. Echte Einsparerfolge können nur erzielt werden, wenn die Prämienzahlenden bei der Gestaltung der Tarife mitreden können. Dafür kämpft der Beobachter mit seinem Prämienticker.
⇒ Jetzt lesen: Explodierende Gesundheitskosten: Die wichtigste Stimme fehlt
Das Zitat der Woche
Selten ist man sich so einig im Parlament wie diese Woche, als der Nationalrat mit 185 zu 6 Stimmen beschloss, die Verfassung zu ändern. Vielleicht, weil neu drinstehen soll, was eigentlich niemand bestreitet und ziemlich offensichtlich ist:
«Die schweizerische Währung ist der Franken. Die Schweizerische Nationalbank gewährleistet die Bargeldversorgung.» – Vorschlag des Nationalrats
Warum die Änderung? Es ist der Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Bargeld ist Freiheit». Sie verlangt, dass der Bund «Münzen oder Banknoten immer in genügender Menge zur Verfügung» stellen müsse. Weil ein bisschen unklar ist, wie viel denn genug wäre, sind der Bundesrat und der Nationalrat gegen die Initiative. Man kann jetzt finden, dass hier ein bisschen viel Lärm um nichts gemacht wird. Allerdings hat die Nationalbank letztes Jahr tatsächlich davor gewarnt, dass Bargeld schleichend verschwinden könnte. Aber nicht, weil es jemand abschaffen will. Sondern wenn es die Menschen selbst nicht mehr genügend benutzen würden. Wir haben es also selbst in der Hand! Beziehungsweise in der Hosentasche.
Wenn Sie sich gerne ins Thema vertiefen wollen: Hier haben wir Ihnen 10 Fun Facts zu Schweizer Münzen und Noten zusammengetragen.
Ausserdem wichtig diese Woche
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Die 13. AHV-Rente wird ab Ende 2026 ausbezahlt. Das hat das Parlament diese Woche beschlossen. Wie diese finanziert wird, ist noch offen. Zurzeit befasst sich die zuständige Kommission des Ständerates mit dieser Frage.
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Individualbesteuerung nimmt eine wichtige Hürde. Der Ständerat hat mit 23 zu 22 Stimmen entschieden, ein entsprechendes Gesetz auszuarbeiten – und damit die Heiratsstrafe abzusschaffen.
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Das Gentech-Moratorium wird um fünf Jahre verlängert. Gentechnisch veränderte Organismen dürfen nach dem Willen des Nationalrats weiterhin nicht angebaut werden.
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Generika aus Ländern mit vergleichbar strengen Zulassungsverfahren sollen künftig vereinfacht importiert werden dürfen. Das fordert der Ständerat. Er will damit den Medikamentenengpass bekämpfen.
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Das Parlament will ungerechtfertigt respektive ohne Grund betriebene Personen besser schützen. Ihr Recht, um Nichtbekanntgabe ihrer Betreibungen gegenüber Dritten zu ersuchen, wird gestärkt.
Geschrieben haben diesen Überblick diesmal Oliver Fuchs und Gian Signorell.
Wir bleiben für Sie dran. Bis nächste Woche.