Das war diese Woche richtig wichtig
Wurde die Schweiz diese Woche gerechter, transparenter, fortschrittlicher? Und wo gings rückwärts? Der Überblick des Beobachters für die Woche vom 24. März 2025.
Liebe Leserinnen und Leser
Willkommen zu «Das war richtig wichtig». Hier ordnen wir immer freitags die wichtigsten Nachrichten der vergangenen Woche für Sie ein. Ausserdem hat das höchste Gericht diese Woche zwei bemerkenswerte Entscheide gefällt, die wir Ihnen am Schluss kurz zusammenfassen.
So – und jetzt die Themen:
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Kriminalstatistik: Cybercrime hat noch mal zugenommen
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Graue Emissionen: Diesen ökologischen Fussabdruck hinterlässt die Schweiz wirklich
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Stadt versus Land: Der Bundesrat will den städtischen Kantonen Gelder streichen
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Und das Zitat der Woche handelt vom Spion, der aus dem PC kam
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Kriminalstatistik: Cybercrime hat noch mal zugenomme
Darum gehts: Im vergangenen Jahr sind in der Schweiz über 560’000 Straftaten polizeilich registriert worden. Das entspricht einem Anstieg von 8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wie die neuste Kriminalstatistik (PKS) zeigt. Auffällig ist der erneute deutliche Anstieg der digitalen Kriminalität, die sich seit 2020 verdoppelt hat. Einen starken Zuwachs gab es auch bei angezeigten schweren Körperverletzungen (+17 Prozent) und Vergewaltigungen (+29 Prozent).
Warum das wichtig ist: Die Kriminalstatistik und die Berichterstattung in den Medien beeinflussen das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung. Ausserdem kann man daran langfristige Trends ablesen, etwa den Anstieg von Cybercrime – etwa die Masche, mit gefälschten Prominenten wertlose Kryptowährungen zu verhökern.
Das sagt der Beobachter: Die polizeiliche Kriminalstatistik ist allerdings nur begrenzt aussagekräftig. Sie umfasst die der Polizei bekannt gewordenen Straftaten, auch Hellfeld genannt. Zur Dunkelziffer, also zur Kriminalität, die der Polizei nicht bekannt geworden ist, enthält die PKS keine statistischen Daten. Bei der Interpretation der Ergebnisse muss berücksichtigt werden, dass das Anzeigeverhalten je nach Bereich, in dem die Straftat begangen wurde, stark variiert. Auch die Ressourcen der kantonalen Polizeibehörden, die Richtlinien der Staatsanwaltschaften und Gesetzesänderungen können sich auf die Anzeigequoten auswirken.
⇒ Jetzt lesen: Straftaten, die niemand begangen hat
Über «Das war richtig wichtig»
Was hat die Schweiz diese Woche gerechter, transparenter, fortschrittlicher gemacht? Und wo gings eher rückwärts? Wo weiterlesen, wenn Sie es genauer wissen möchten? Wir liefern Ihnen immer freitagmittags drei bis vier wirklich wichtige Nachrichten – kompakt, verständlich und mit Haltung aufgeschrieben. Auch als E-Mail abonnierbar.
Graue Emissionen: Diesen ökologischen Fussabdruck hinterlässt die Schweiz wirklich
Darum gehts: Neu veröffentlichte Daten der ETH zeichnen ein unschönes Bild der Schweizer Klimabilanz. Pro Tonne CO2, die im Inland ausgestossen wird, werden rund 3,75 Tonnen Treibhausgas – die bei der Produktion von Waren im Ausland entstehen – importiert. Damit ist der «reale» Schweizer Fussabdruck einer der höchsten der Welt.
Warum das wichtig ist: In der Regel würden die frühen Stufen der Wertschöpfungskette – insbesondere die Rohstoffgewinnung und die Vorlieferanten – den grössten Beitrag zum ökologischen Fussabdruck leisten. Die EU reagierte auf dieses Missverhältnis bereits mit dem Lieferkettengesetz. Dieses ist letztes Jahr in Kraft getreten und schreibt vor, dass grosse Unternehmen bis nächstes Jahr ihre Lieferketten überprüfen müssen. Der Bundesrat richtet sich bei der Einhaltung von Klimazielen nach dem sogenannten territorialen oder produktionsbasierten Prinzip. Dieses bezieht sich auf das Pariser Klimaabkommen. Doch nimmt man die importierten Emissionen – berechnet von der ETH – dazu, dann ist der Verbrauch der Schweiz einer der höchsten der Welt. Das Bundesamt für Umwelt «empfiehlt» Schweizer Unternehmen, bei der Auswahl von Lieferanten vermehrt Umweltkriterien zu berücksichtigen und den Hebel zu nutzen, die gesamte Lieferkette auf erneuerbare Energien umzustellen, in den Ländern der Lieferketten Druck auszuüben oder direkt in Klimaschutzmassnahmen zu investieren.
Das sagt der Beobachter: Letztlich stünden Produzenten und Konsumenten gleichermassen in der Verantwortung. Denn als Weltmeister der importierten Emissionen ist der Hebel für eine bessere Klimabilanz nirgends so gross wie in der Schweiz. Er muss nur bewusst genutzt werden. Wer wissen will, wie es dem Klima sonst so geht, liest hier weiter:
⇒ Jetzt lesen: Fieber messen auf dem Vulkan
Stadt versus Land: Der Bundesrat will den städtischen Kantonen Gelder streichen
Darum gehts: Der Bundesrat will mit seinem Sparpaket den sogenannten soziodemografischen Lastenausgleich um 140 Millionen Franken kürzen – also um rund einen Viertel. Nun wehren sich die städtischen Kantone. Damit käme das ganze System des Ausgleichs ins Wanken, sagte der Präsident der kantonalen Finanzdirektoren diese Woche zu SRF.
Warum das wichtig ist: Wirtschaftlich starke Kantone und der Bund helfen den finanziell schwächeren Kantonen. Das ist das Prinzip des nationalen Finanzausgleichs. Er besteht aus zwei Säulen: dem Ausgleich der Ressourcen (damit auch die finanzschwachen Kantone genug Geld haben, um etwa Schulen oder Spitäler zu betreiben) und dem Ausgleich der Lasten (damit Kantone mit besonderen Herausforderungen diese nicht allein stemmen müssen). An Letzterem will der Bundesrat jetzt rütteln: Städtische Regionen – die überproportional belastet durch soziale Probleme und hohe Bevölkerungsdichte sind – sollen weniger bekommen.
Das sagt der Beobachter: Im Bundesrat steht es aktuell zwei zu fünf: Zwei Bundesräte kommen aus Kantonen, die mehr in den Finanzausgleich einzahlen, als sie zurückbekommen. Die Regierung sollte sehr vorsichtig sein, wenn sie an der Balance des Föderalstaats herumbastelt. Es ist nicht so, dass der Bundesrat gerade besonders viel Vertrauensvorschuss hätte. Wie wir vor ein paar Monaten resümiert haben: «Langsam, aber sicher kann man von einer Vertrauenskrise sprechen.»
⇒ Jetzt lesen: Politisieren Bundesrat und Parlament an der Bevölkerung vorbei?
Mein Name ist Bot. James Bot. So könnten sich die neusten Mitarbeiter des Schweizer Nachrichtendienstes bald vorstellen. Der NDB will nämlich künftig sogenannte virtuelle Agenten (oder im Schlapphutsprech: VirtA) auf Spionage-Einsatz schicken. Damit will er etwa Chatgruppen überwachen, in denen sich zum Beispiel Extremisten gegenseitig aufstacheln. Diese Woche hat er von der unabhängigen Aufsichtsbehörde die Erlaubnis bekommen. Obwohl noch Fragen offen wären:
«Was aber bei einem VirtA-Einsatz erlaubt ist, ist heute im NDB noch nicht abschliessend geklärt.» – Unabhängige Aufsichtsbehörde über die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten
Das gehe so nicht, finden Kritiker wie die Digitale Gesellschaft. Der Einsatz virtueller Agenten müsse ausdrücklich und spezifisch geregelt werden. Die Aufsichtsbehörde findet, die bestehenden Gesetze reichen. Und ausserdem habe der NDB selber «hohe Hürden» für den Einsatz der VirtAs angelegt.
Ausserdem wichtig diese Woche
- Armasuisse und Empa müssen sich was Neues einfallen lassen, wenn sie der Öffentlichkeit die Akten über den Kauf des Kampfjets F-35 vorenthalten wollten. Das Bundesgericht gab zwei Journalisten recht, die gegen ihre abgelehnten Gesuche um Einsicht geklagt hatten. Diese müssen nun neu beurteilt werden.
- Das Bundesgericht hat den Schaffhauser Ständerat Simon Stocker seines Amts enthoben. Er habe seinen Lebensmittelpunkt zum Zeitpunkt der Wahl primär in Zürich gehabt, befand das Bundesgericht. Stocker will bei der Neuwahl erneut antreten.
Geschrieben haben diesen Überblick diesmal Oliver Fuchs, Valentin Grünig und Gian Signorell.
Wir bleiben für Sie dran. Bis nächste Woche.