Liebe Leserinnen und Leser

Willkommen zu «Das war richtig wichtig». Hier ordnen wir immer freitags die wichtigsten Nachrichten der vergangenen Woche für Sie ein. Vielleicht benötigen Sie diese Woche etwas mehr Zeit, um unseren Überblick zu studieren, denn gerade tagt das Parlament in der Herbstsession, und es wurden wichtige Entscheide gefällt. Wie gewohnt, ordnen wir diese für Sie ein.

Nun die Themen:

  • Migration: Vorläufig Aufgenommene sollen Kinder oder Partner nicht mehr in die Schweiz holen dürfen
  • Kesb verordnet mehr Schutzmassnahmen für Kinder
  • Rechte: National- und Ständerat wollen Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht kündigen
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Anrede

Das Zitat der Woche

Es sind keine erfreulichen Nachrichten, die SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider am Donnerstagnachmittag der Schweizer Bevölkerung überbringen musste: Die Krankenkassenprämien steigen im Mittel um 6 Prozent, in einigen Kantonen beträgt die Erhöhung gar 10,5 Prozent (Tessin). Damit zahlen Versicherte – je nach Kanton – zwischen Fr. 6.80 und Fr. 45.– mehr pro Monat für ihre Grundversicherung. Die Bundesrätin und die Vorsteherin des Bundesamts für Gesundheit, Anne Lévy, betonten zwar, man sei laufend dabei, Kostensenkungsmassnahmen zu erarbeiten und umzusetzen. Doch das genügt dem Konsumentenschutz nicht:

«Die bisherigen politischen Versuche, die steigenden Kosten einzudämmen, blieben ohne grosse Wirkung. Die Lobbyisten der Gesundheitsindustrie im National- und Ständerat waren leider sehr erfolgreich.» – Sarah Lengyel, Leiterin Gesundheit beim Konsumentenschutz

Der Konsumentenschutz fordert deshalb die Einführung eines Referenzpreissystems für Generika und Medikamente, deren Patentschutz abgelaufen ist. Zudem höhere Prämienverbilligungen, denn von der Prämienlast seien immer mehr Haushalte mit mittleren Einkommen stark betroffen, weil sie bisher keine finanzielle Entlastung erhalten haben. Und es seien unabhängige Kontrollen gegen fehlerhafte Arzt- und Spitalrechnungen einzuführen.

Auch der Beobachter will die stetig steigenden Kosten nicht länger einfach hinnehmen, denn Prämien steigen nicht einfach so. Sondern weil einzelne Akteure sich bedienen und Fehlanreize im Gesundheitssystem dies fördern. Der Beobachter deckt während zwölf Monaten die Hintergründe auf – damit im September 2025 die Prämien weniger steigen. Alle bisherigen Artikel unseres Prämientickers finden Sie hier:

Vorläufig Aufgenommene sollen Kinder oder Partner nicht mehr in die Schweiz holen dürfen

Darum gehts: Vorläufig Aufgenommenen soll der Familiennachzug verboten werden: Der Nationalrat stimmte der Motion trotz engagierten Voten der Ratslinken mit 105 zu 74 Stimmen bei 9 Enthaltungen zu.

Warum das wichtig ist: Gleich über mehrere Vorstösse, die das Asylrecht verschärfen wollen, wurde Anfang der Woche im Nationalrat heftig debattiert. Eine Zusammenfassung der Diskussion liefert der «Tages-Anzeiger». Besonders zu reden gab dabei die Motion zu strengeren Regeln beim Familiennachzug. Der Nationalrat setzte sich mit seinem Entscheid gegen den Willen des Bundesrats durch. Die Hürden seien ohnehin hoch, gab Justizminister Beat Jans vor der Debatte zu bedenken. Zudem sei das Grundrecht auf Familienleben in der Verfassung verankert.

Das sagt der Beobachter: Ob Geflüchtete ihre Familie in die Schweiz holen dürfen oder nicht, ist immer wieder Thema in der Politik. Und: Je nachdem, welchen Status die Asylsuchenden haben, gibt es Unterschiede bei den Regeln. Der Beobachter hat anhand des Schicksals zweier Familien – eine mit Schutzstatus S, die andere aus Afghanistan mit dem Status der «vorläufigen Aufnahme» – darüber berichtet. Im Juni kritisierte auch ein Bericht der Schweizerischen Beobachtungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht (SBAA) die Ungleichbehandlung. Bei vorläufig Aufgenommenen würden Grundrechte missachtet:

Über «Das war richtig wichtig»

Was hat die Schweiz diese Woche gerechter, transparenter, fortschrittlicher gemacht? Und wo gings eher rückwärts? Wo weiterlesen, wenn Sie es genauer wissen möchten? Wir liefern Ihnen immer freitagmittags drei bis vier wirklich wichtige Nachrichten – kompakt, verständlich und mit Haltung aufgeschrieben. Auch als E-Mail abonnierbar.

Kesb verordnet mehr Schutzmassnahmen für Kinder

Bund muss sparen: Für total 154’981 Menschen bestand Ende 2023 eine Schutzmassnahme der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (Kesb). Für so viele wie noch nie, wie die Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz (Kokes) diese Woche mitteilte. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der Fälle insgesamt um 3,5 Prozent, bei den Kindern registrierten die Behörden 6,5 Prozent mehr Fälle. Sie machen knapp einen Drittel der Kesb-Fälle aus, wobei der Hauptgrund des Anstiegs mehr Beistandschaften für unbegleitete minderjährige Asylsuchende sei.

Warum das wichtig ist: Laut Kokes stieg 2023 die Zahl der Gerichtsverfahren, in denen Eltern potenziell nicht zum Wohl der Kinder gehandelt haben. Auch die Zahl der gefährdeten Kinder stieg. Unter anderem sind sie mit häuslicher Gewalt konfrontiert, ihre Eltern sind hochgradig zerstritten, oder die Erziehungsberechtigten kämpfen mit Drogen- oder Alkoholproblemen.

Das sagt der Beobachter: Wenn der Verdacht besteht, dass das Kindeswohl gefährdet ist, geht die Behörde den Vorwürfen nach. Obwohl die Kesb in der Bevölkerung mitunter mit grosser Skepsis beäugt wird, leistet sie wichtige Arbeit. So prüft sie etwa sorgfältig, ob eine Mutter tatsächlich ihre Kinder vernachlässigt, wenn deren sechsjähriges Mädchen ungekämmt zur Schule geht; oder ob die Grossmutter einfach nicht einverstanden war mit dem Erziehungsstil der eigenen Tochter:

National- und Ständerat wollen Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht kündigen

Darum gehts: Im April 2024 rügte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Schweiz, sie mache zu wenig für den Klimaschutz. Der Entscheid löste eine hitzige Debatte aus und gipfelte darin, dass die SVP eine Kündigung der Menschenrechtskonvention forderte. Doch nun zeigt sich: Dieser Schritt geht einer Mehrheit des National- und des Ständerats zu weit. Das Parlament entschied, auf eine Kündigung der Europäischen Menschenrechtskonvention zu verzichten.

Warum das wichtig ist: Schon vor der Debatte warnte Amnesty International vor einer gefährlichen Signalwirkung. «Die Schweiz würde sich quasi auf die Stufe von Russland und Weissrussland stellen», fand auch Justizminister Beat Jans. Eine Kündigung der Menschenrechtskonvention würde die Glaubwürdigkeit der Schweiz schwächen und ihrem Ruf schaden. Zudem würde sie aus dem Europarat ausscheiden und sich aussenpolitisch isolieren.  

Das sagt der Beobachter: Vom Tisch ist die Forderung der SVP noch nicht – ähnliche Vorstösse warten. Auch das Klimaurteil des EGMR wird wohl noch eine Weile zu reden geben. Völkerrechtsprofessor Oliver Diggelmann von der Universität Zürich war unter den von der Kommission angehörten Fachleuten. Auch er sieht das Urteil kritisch, wie er im Juni gegenüber dem Beobachter sagte: 

Auch sonst war diese Woche viel los: 

  • Der scheidende SNB-Präsident Thomas Jordan hat am Donnerstag den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 1 Prozent gesenkt. Was heisst das für Mieterinnen und Mieter?
  • Numerus clausus soll abgeschafft werden: Bundesrat Guy Parmelin wollte die Zulassungsprüfung für angehende Ärztinnen und Ärzte zwar beibehalten, aber der Ständerat entschied am Montag mit 32 zu 9 Stimmen, dass sie abgeschafft werden soll. Zuvor hatte der Nationalrat dem Antrag bereits zugestimmt.
  • Priester des Klosters Saint-Maurice tritt zurück: Im Herbst 2023 war ein Ordensmann beschuldigt worden, in den 2000er-Jahren einen Novizen missbraucht zu haben. Vor zwei Monaten erhoben mindestens zwei weitere Frauen Vorwürfe gegen ihn. Nun tritt der Pfarrer zurück. Auch Mélanie Bonnard wirft einem Geistlichen der Abtei Saint-Maurice vor, sie als Kind missbraucht zu haben. Für den Mut, ihre Geschichte öffentlich zu machen, ist sie nun als Kandidatin für den Prix Courage nominiert – zusammen mit vier weiteren Kandidaturen. Wer soll die Auszeichnung erhalten? Stimmen Sie hier ab

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Geschrieben haben den Überblick diesmal Chantal Hebeisen und Jasmine Helbling.

Bis nächste Woche. Wir bleiben für Sie dran.