Höhere Miete? So wird geschlichtet
Wenn Sie eine Mietzinserhöhung angefochten haben, kommt bald eine Einladung zur Schlichtungsverhandlung. Was erwartet einen da?
aktualisiert am 1. Dezember 2023 - 18:36 Uhr
Wo findet die Verhandlung statt?
Bei der Schlichtungsbehörde, die für Ihren Wohnort zuständig ist. Auf der Einladung steht genau, wann Sie wo erscheinen müssen. Die Adresse der zuständigen Behörde finden Sie auch unter www.mietrecht.ch.
Ich bin am Schlichtungstermin abwesend. Kann ich die Verhandlung verschieben?
Ja, in der Regel ist das möglich, wenn Sie nicht teilnehmen können. Am besten teilen Sie der Behörde möglichst rasch mit, dass und weshalb Sie den Termin nicht wahrnehmen können. Nennen Sie gleich ein paar mögliche Alternativtermine.
Wer ist bei der Schlichtungsverhandlung anwesend?
Ihnen sitzen grundsätzlich drei Personen der Schlichtungsbehörde gegenüber: eine Vorsitzende sowie je ein Mieter- und ein Vermietervertreter. Denn die Schlichtungsbehörde ist paritätisch zusammengesetzt. In der Regel führt eine weitere Person das Protokoll. Neben Ihnen wird der Vermieter platziert – oder jemand von der Liegenschaftsverwaltung oder die Anwältin, die den Vermieter vertritt. Da die Verhandlung nicht öffentlich ist, müssen Sie nicht mit Publikum rechnen.
Beobachter-Mitglieder erhalten in der Checkliste «Schlichtungsverfahren» weitere Tipps, wie sie zu einer erfolgreichen Einigung kommen, wenn sie beispielsweise wegen einer Forderung oder wegen Nachbarschaftsstreitigkeiten klagen wollen.
Ich habe keine Lust, den Vermieter anzutreffen. Kann ich mich für die Verhandlung abmelden?
Nein, Sie müssen persönlich erscheinen. Sie dürfen sich aber durch einen Anwalt vertreten lassen, der für Sie spricht. Auch eine Begleitperson dürfen Sie mitbringen. Nicht persönlich anwesend sein müssen Sie nur, wenn Sie in einem anderen Kanton oder im Ausland wohnen, krank sind oder aus anderen wichtigen Gründen nicht erscheinen können.
Was passiert, wenn ich nicht an der Schlichtungsverhandlung erscheine?
Dann gilt Ihr Anliegen als zurückgezogen, und das Verfahren wird als gegenstandslos abgeschrieben – und Sie müssten den neuen, erhöhten Mietzins zahlen. Wenn hingegen die Vermieterschaft unentschuldigt fernbleibt, gilt dasselbe, wie wenn Sie sich nicht einigen konnten ( siehe unten).
Muss ich mich auf den Termin vorbereiten?
Ja, das ist ratsam. Am besten nehmen Sie den Mietvertrag und alle Dokumente mit, die Ihren Standpunkt stützen. Machen Sie sich kurze Notizen, wie Sie Ihr Anliegen begründen wollen, und überlegen Sie, welche Gegenargumente die Vermieterin bringen könnte.
Brauche ich einen Anwalt zur Schlichtungsverhandlung?
Nicht unbedingt. Das Schlichtungsverfahren ist relativ einfach und laienfreundlich – und darauf ausgelegt, dass eine gemeinsame Lösung gefunden wird. Eine anwaltliche Vertretung ist nicht zwingend. Je nachdem kann es sich aber lohnen, einen Mietrechtsprofi an seiner Seite zu haben – zum Beispiel wenn Ihnen gekündigt wurde oder wenn die Gegenseite auch mit einer Anwältin kommt.
Was kostet das Schlichtungsverfahren?
Nichts. Es ist kostenlos, und zwar unabhängig davon, wie es ausgeht.
Was erwartet mich an diesem Termin genau?
Zunächst wird der Vorsitzende Sie auffordern, Ihr Anliegen mündlich zu begründen. Die Vermieterin oder ihre Vertretung kann sich im Anschluss äussern. Wenn Sie beide Ihren Standpunkt dargelegt haben, unterbreitet Ihnen die Schlichtungsbehörde – meist nach einer kurzen Verhandlungspause – einen Lösungsvorschlag. Wenn Sie damit einverstanden sind, können Sie dem Vergleich zustimmen . Sie können auch sagen, dass Sie Bedenkzeit brauchen und erst am nächsten Tag über den Vorschlag entscheiden können.
Muss ich aufstehen und ein Plädoyer halten wie in einem Gerichtsfilm?
Nein. Das Schlichtungsverfahren ist nicht so formell. Vielmehr geht es darum, dass Sie gemeinsam mit der Vermieterin an einem Tisch sitzen und sich auf eine Lösung einigen. Die Verhandlung ist so ausgelegt, dass auch juristisch wenig erfahrene Mieterinnen und Vermieter zurechtkommen. Die Schlichterinnen und Schlichter müssen Ihnen, wenn nötig, Fragen stellen, um den Sachverhalt zu klären.
Wann ist die Verhandlung zu Ende?
Im Idealfall, wenn Sie sich mit der Vermieterin einigen konnten. Dann halten Sie das in einem Vergleich schriftlich fest und unterzeichnen ihn – und damit ist das Schlichtungsverfahren abgeschlossen. Dass Sie das Kriegsbeil auf diese Weise begraben, ist auch in Ihrem Sinn. Denn vor der nächsten Instanz, dem Mietgericht , können je nach Streitwert hohe Gerichts- und Anwaltskosten anfallen, wenn Sie verlieren.
Kann ich von einem Vergleich zurücktreten?
Nein, ein unterzeichneter Vergleich gilt grundsätzlich wie ein rechtskräftiger Entscheid. Wenn Sie unsicher sind, können Sie aber fordern, dass ein sogenannter Widerrufsvorbehalt darin aufgenommen wird. Das bedeutet, dass Sie innerhalb einer gewissen Frist von Ihrer Zusage zurücktreten können. Oder Sie können, wie oben erwähnt, eine Bedenkfrist verlangen, um die Sache mit einer Juristin zu besprechen – etwa vom Beratungszentrum des Beobachters.
Was passiert, wenn wir uns nicht einigen können?
Dann stellt die Schlichtungsbehörde eine Klagebewilligung aus. Grundsätzlich bekommt sie diejenige Partei, die das Verfahren ins Rollen gebracht hat. Da Sie eine Mietzinserhöhung angefochten haben, geht die Klagebewilligung aber an die Vermieterschaft. Mit einer Klagebewilligung kann man innert 30 Tagen das Mietgericht anrufen.
Die Schlichtungsbehörde kann aber einen definitiven Entscheid fällen, wenn die Streitsumme nicht mehr als 2000 Franken beträgt und Sie es beantragen. Oder sie kann ein Urteil vorschlagen. Der Entscheid gilt, sofern ihn keine Partei innert 20 Tagen seit der schriftlichen Eröffnung ablehnt.
Beratung zum Mietrecht beim Beobachter
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Es gibt verschiedene Gründe, wie es zu einer Mietzinserhöhung kommen kann. Ein steigender Referenzzinssatz sowie die Weitergabe der Teuerung an die Mieterschaft betrifft viele, während eine Hausrenovation nur die dort wohnhaften Mieterinnen und Mieter tangiert. Erfahren Sie als Mitglied des Beobachters, was die Anforderungen an die Vermietenden sind und wie man sich als Mieter wehren kann.
- 1Welcher Mietzins ist angemessen?
- 2Was sind orts- und quartierübliche Mietzinse?
- 3Mietzinserhöhung infolge des gestiegenen Referenzzinssatzes
- 4Mietzinserhöhung infolge Teuerung und Kostensteigerung
- 5Mietzinserhöhung infolge Renovation der Mietwohnung
- 6Anforderungen an die Mitteilung der Mietzinserhöhung durch den Vermieter
- 7Mietzinserhöhung anfechten
- 8Kündigungsschutz bei Anfechtung der Mietzinserhöhung
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