Gesund dank feinem Herbst- und Wintergemüse
Regionales Herbst- und Wintergemüse hat auf dem Speiseplan oft einen schweren Stand. Dabei ist es viel schmackhafter als importiertes Treibhausgemüse – wenn man es richtig zubereitet.
aktualisiert am 2. November 2023 - 11:06 Uhr
Eine Tomate ist auch im Winter tiefrot und hat eine makellose Haut. In diesen dunklen Tagen ist sie aber mehr Schein als Sein. Denn Sommergemüse hat im Winter meist nicht mehr Gout als ein Kaugummi kurz bevor man ihn ausspuckt.
Geschmack ist das Eine, Gesundheit das Andere: Immer wieder liest man, dass Gemüse, das nicht saisongerecht wächst, mehr Giftstoffe einlagert. So reichert sich zum Beispiel im Kopfsalat in der dunklen Jahreszeit mehr Nitrat an als im Sommer. Ganz zu schweigen von den Meldungen über pestizidbelastete Importprodukte. Und erst die langen Transportwege, die dem Gemüse die Frische nehmen und seine Ökobilanz verschlechtern.
Die Lösung fürs kulinarische Dilemma liegt nahe: im eigenen Garten , auf dem Markt und auch bei den Grossverteilern. Bloss: Welche Gemüsesorten werden im Winter geerntet? Wie bereitet man sie zu? Und womit lassen sie sich kombinieren?
Heute lernen wir in Kochkursen eher, wie man Algen um Klebreis drapiert, als wie man Wirsing um Spätzliteig wickelt. Mit Ingwerwurzeln, Bambussprossen oder Okraschoten können wir mehr anfangen als mit Schwarzwurzeln, Zuckerhut und Pastinaken. Bei Rüben denken wir bloss an Karotten und von Kohl bekommen wir Blähungen.
Einverstanden: Der unpässliche Wind lässt sich nicht wegreden. Allerdings wussten unsere Grossmütter noch, wie man die Gasbildung im Darmtrakt verhindert – beispielsweise mit Kümmel oder Wacholder. Auch ein Schuss Säure, wie zum Beispiel die von Weisswein oder einem geraffelten Apfel, unterstützt die Verdauung – und hat den angenehmen Nebeneffekt, dass der zuweilen penetrante Kohlgeruch gezähmt wird.
Auch heute noch kombiniert man das Kohlgemüse gern mit deftigen Fleischgerichten. Wegen des übermässigen Verbrauchs von Ressourcen für die Fleischproduktion sind Sauerkraut mit Schweinebraten oder Rotkraut mit Rehpfeffer bei umweltbewussten Zeitgenossen allerdings ebenso verpönt wie Zucchetti aus Spanien oder Bohnen aus Kenia.
Ein Blick über den Tellerrand genügt, um auch für dieses Problem eine Lösung zu finden. Denn im Gegensatz zu Generationen vor uns, die ohne Kochsendungen und Internet aufgewachsen sind, können wir uns von der internationalen Küche inspirieren lassen – etwa von der indischen, die geschätzte 500 Millionen Vegetarier auf dem Subkontinent mit äusserst kreativ zubereitetem Gemüse versorgt.
Falls in der Küche Langeweile aufkommt, experimentiere man mit Kurkuma, Kardamom, Koriander oder Kreuzkümmel. Der Einsatz dieser Gewürze lässt nicht nur die Geschmacksvielfalt exponentiell anwachsen, sie unterstützen auch die Verdauung ähnlich gut wie Grosis Geheimwaffen.
Alles Kohl oder was? Nein, da wäre unter anderem noch eine Vielzahl von Rüben. Allein die Karotte gibt es in unzähligen Geschmacksvariationen und Farbspektren. Doch leider ist sie in unserem Bewusstsein ausschliesslich orange und schmeckt immer ungefähr gleich. Überhaupt: Wer meint, Wintergemüse sei eintönig, sollte sich mal bei den vergessenen Sorten umsehen – wie zum Beispiel Haferwurzel, Spitzkraut oder Federkohl .
Allerdings ist das mit etwas Aufwand verbunden. Denn seltenes Gemüse bekommt man bis auf ein paar gut verkäufliche Pro-Specie-Rara-Sorten nicht bei den Grossverteilern, sondern nur beim Gemüsehändler oder im Bioladen seines Vertrauens – wenn es nicht im eigenen Garten oder auf dem begrünten Balkon wächst.
Aber zurück zu den Wurzelgemüsen wie Rande, Rettich und Co. Rüben sind bekanntlich Lagergemüse , die im Sommer wachsen und ihre Nährstoffe in den Wurzeln speichern – wovon wir im Winter profitieren können. Sellerie zum Beispiel ist eine richtige Mineralstoffbombe. Egal, ob Kalzium, Kalium oder Eisen, die unscheinbare Knolle erzielt um ein Vielfaches höhere Werte als etwa die Tomate. Dieses Nachtschattengewächs kann auch bei den Vitaminen meist nicht mithalten. Einzig bei den Vitaminen A und C schlägt die Tomate den Sellerie.
Aber keine Sorge: Diese Vitamine kann man im Winter aus Karotten und Kohl beziehen. Das Rüebli ist unschlagbar, was den Gehalt von Vitamin A und seiner Vorstufe Betacarotin betrifft. Und Rosenkohl enthält doppelt so viel Vitamin C wie die gleiche Menge Orangen . Dass der Körper mit Wintergemüse alles bekommt, was er braucht, ist eigentlich nur logisch – schliesslich haben unsere Vorfahren die kalten Monate auch ohne Treibhausgewächs und Importgemüse überstanden.
Saison: August bis Januar
Plus: Seine festen Blätter eignen sich gut für Rouladen und andere Wickel.
Tipp: Nach dem Blanchieren mit Eiswasser abschrecken, so bleibt die Farbe erhalten.
*Wirsing
Saison: Ganzes Jahr
Plus: Enthält überdurchschnittlich viel Folsäure.
Tipp: Wer meint, er möge Randen nicht, kennt wahrscheinlich nur die vorgekochten aus dem Plastikbeutel. Frisch aus dem Ofen, mariniert mit Olivenöl, Zitronensaft und Thymian, sind sie am besten.
*rote Bete
Saison: Oktober bis Februar
Plus: Für passende Saucen und Kombinationen braucht man bloss bei Spargelrezepten nachzuschlagen.
Tipp: Wer sie erst nach dem Kochen schält, bekommt keine braunen Hände vom oxidierenden Saft. Mit etwas Essig bleiben die Wurzeln schön hell.
Saison: November bis April
Plus: Schmeckt roh, gekocht oder gebacken sehr gut.
Tipp: Ist er zu bitter, schneidet man den Strunk weg, gibt Zucker bei oder kombiniert mit Früchten. Auch in Milch einlegen kann helfen. Das Gleiche gilt für Verwandte wie Endivie (Frisée), Zuckerhut oder Radicchio.
*Brüsseler
Saison: Oktober bis März
Plus: Lässt sich wie Kartoffeln verwenden – und ebenso variantenreich zubereiten.
Tipp: Wer zu Blähungen neigt, sollte ihn schälen.
Saison: Ganzes Jahr
Plus: Enthält dreimal so viel Vitamin C wie Kopfsalat.
Tipp: Lässt sich sehr gut mit Pilzen, Ei, Kernen, Tofu oder Fleisch kombinieren – und wird so garantiert nie langweilig.
Saison: Ganzes Jahr
Plus: Lässt praktisch alles mit sich machen: kochen , braten, backen und sogar frittieren kann man ihn.
Tipp: Harmoniert gut mit Käse und Muskat (Gratin), Früchten und Nüssen (Salat).
Saison: Mitte Juni bis Mitte Mai
Plus: Ähnliche Eigenschaften wie die Zwiebel, da er mit ihr verwandt ist.
Tipp: Wer Blähungen vorbeugen will, kocht ihn vor dem Weiterverarbeiten in Salzwasser auf.
Saison: August bis Januar
Plus: In unzähligen Formen und Farben erhältlich.
Tipp: Kürbisgerichte werden mit einem geraffelten Apfel fruchtiger. Kürbis harmoniert gut mit Curry, Ingwer und Linsen.
Saison: Oktober bis März
Plus: So leicht verdaulich , dass sie als erste Festnahrung für Babys empfohlen wird.
Tipp: Lässt sich prinzipiell wie Rüebli verwenden. Schmeckt nach dem ersten Frost am besten, da die Kälte die enthaltene Stärke in Zucker umwandelt.
Saison: Ganzes Jahr
Plus: Wegen des hohen Karotingehalts gut für Augen und Haut.
Tipp: Auch mal weisse, gelbe oder rote Karotten probieren.
*Karotten
Saison: September bis März
Plus: Enthält bei gleicher Menge doppelt so viel Vitamin C wie Orangen.
Tipp: Schmeckt am besten , wenn er schon etwas Frost abbekommen hat - und ist dann auch leichter verdaulich.
Saison: September bis Mai
Plus: Einst als «Kriegsgemüse» verpönt, wird sie heute von der Sterneküche wiederentdeckt.
Tipp: Wem sie zu erdig schmeckt, der peppt sie mit etwas Zitronensaft auf.
*Räbe oder Herbstrübe
Saison: Ganzes Jahr
Plus: Ist sehr günstig und nach der Tomate das weltweit am häufigsten angebaute Gemüse.
Tipp: Der Kohlgeruch lässt sich mit Säure zähmen – zum Beispiel aus Zitronensaft, Essig oder Wein.
*Kabis
Saison: Ganzes Jahr
Plus: Enthält Allizin, ein schwefelhaltiges ätherisches Öl, das antibiotisch wirkt.
Tipp: Beim Schneiden durch den Mund atmen und ein scharfes Messer verwenden. So fliessen weniger Tränen.
Saison: Juni bis Mitte Februar
Plus: Im Gegensatz zu anderen Kohlarten verursacht er keine Blähungen.
Tipp: Wer Inspiration für die Zubereitung sucht, sieht sich am besten in der asiatischen Küche um.
In der Saisontabelle sehen Sie auf einen Blick, welches Obst und Gemüse wann Saison hat: Saisontabelle (PDF)