Einträge schneller löschen – so gehts
Seit Anfang 2019 können Betriebene Einträge im Register verschwinden lassen. Aber nur, wenn der Gläubiger nicht vor Gericht geht.
aktualisiert am 22. März 2022 - 09:10 Uhr
Eine neue Wohnung finden, wenn man einen Eintrag im Betreibungsregister hat? Das ist etwa so einfach wie barfuss das Matterhorn besteigen. Darum tun alle alles für ein sauberes Betreibungsregister.
Doch so einfach ist das nicht. Selbst Tugendbolde, die pedantisch alle Zahlungsfristen einhalten, können Pech haben. Wie Claudia Brunner*: «Ich habe noch nie eine Rechnung versäumt.» Doch nun ist sie in eine klassische Abofalle geraten: Sie lud einen Film aus dem Internet herunter und bekam plötzlich eine Rechnung über mehrere Hundert Franken. Zu Unrecht: Die muss sie nicht bezahlen, es gibt dafür keine vertragliche Grundlage. Der Hinweis auf das kostenpflichtige Abonnement war im Kleingedruckten versteckt, sonst war nur die Rede von einem Gratisangebot.
Das hilft Claudia Brunner wenig. Ein Inkassobüro nimmt sie nun in die Mangel und droht mit Betreibung. «Was, wenn die mich wirklich betreiben? Dann kann ich nicht wie geplant umziehen», sagt Brunner verzweifelt. Stimmt: Es ist zwar höchst unwahrscheinlich, aber das Büro kann sie durchaus betreiben. Obwohl an der Forderung null und nichts dran ist.
So ist das in der Schweiz: Jeder kann jeden ohne Weiteres oder sogar aus reiner Bosheit betreiben. Der Gläubiger muss die Betreibungskosten zwar vorschiessen, doch die sind gering: Bei einer Forderung zwischen 500 und 1000 Franken gerade mal gut 53 Franken. Das Betreibungsamt darf nicht prüfen, ob an der Forderung etwas dran ist, sondern muss dem angeblichen Schuldner den Zahlungsbefehl zustellen.
Betroffene können sich zwar wehren und Rechtsvorschlag erheben . Damit ist das Betreibungsverfahren gestoppt. Aber: Die Betreibung erscheint trotzdem im Register. Nun ist der Ball beim Gläubiger: Er kann den Rechtsvorschlag beseitigen lassen. Dazu muss er einen Richter überzeugen, dass die Forderung gerechtfertigt ist. Das ist aufwendig: Er muss ein Begehren stellen und die Gerichtskosten vorschiessen. Andernfalls passiert gar nichts und der Schandfleck bleibt trotzdem für fünf Jahre im Register sichtbar. Um das zu verhindern, zahlen etliche Gepiesackte unberechtigte Forderungen, nur damit der angebliche Gläubiger die Betreibung zurückzieht.
Doch für unschuldig Betriebene gibt es seit 1. Januar 2019 eine einfache Lösung. Sie müssen – wenn sie bereits Rechtsvorschlag erhoben haben – nur noch drei Monate darben, nachdem sie den Zahlungsbefehl erhalten haben. Wenn der Gläubiger nicht innert dieser Frist aktiv wird und einen Richter anruft, können vermeintliche Schuldner für 40 Franken beantragen, dass der Eintrag nicht mehr bekannt gegeben wird.
Der Gläubiger hat dann 20 Tage Zeit, die Sache anzugehen. Sonst wird der «Schuldner» erlöst, sein Betreibungsregister ist unbefleckt. Abgefahren ist der Zug für den Gläubiger nicht: Er kann immer noch klagen, bis zu einem Jahr nach Zustellung des Zahlungsbefehls.
Auch die Betriebene muss rechtzeitig reagieren, um von dieser Regelung profitieren zu können: Das Gesuch muss sie innerhalb von einem Jahr stellen, seitdem sie den Zahlungsbefehl erhalten hat.
Claudia Brunner ist froh: «Dann zahle ich die Rechnung nicht. Bald wird mein Registerauszug wieder sauber sein, und der Traumwohnung steht nichts mehr im Weg.»
*Name geändert
Haben Sie gegen eine Betreibung Rechtsvorschlag erhoben und hat der Gläubiger nicht mehr darauf reagiert? Beobachter-Mitglieder können mit dem Musterbrief «Eintrag im Betreibungsregister löschen» beim Betreibungsamt vorstellig werden.
3 Kommentare
Gemäß dem Betreibungsamt in Fällanden ZH kann nur der Gläubiger einen Eintrag löschen.
Dies wurde mir so am 17.04.24 mitgeteilt. Kann das sein dass die Regelung von 2019 beim Amt in Fällanden noch nicht angekommen ist?
Wie ist es möglich, dass ein moderner Rechtsstaat so etwas erlaubt: "Das Betreibungsamt darf nicht prüfen, ob an der Forderung etwas dran ist, sondern muss dem angeblichen Schuldner den Zahlungsbefehl zustellen." Wie kann eine solche Regelung begründet werden?
Das Gericht prüft es. Aber nur der Voraussetzung, dass der "Schuldner" bzw. der Betriebene sich wehrt. Der Betreibungsweg ist die Schnellstrasse für den "Gläubiger" bzw. für derjenige, der betreibt.