Plötzlich bezahlen für Filme und Serien?
Ärger mit Streaming-Portalen: Nach fünf Tagen wird das Probeabo automatisch zum teuren Jahresabo. Müssen Betroffene zahlen?
Veröffentlicht am 17. Oktober 2018 - 15:51 Uhr,
aktualisiert am 18. März 2019 - 15:36 Uhr
Schon früher schaute sich Andrea Gomes* Serien online an. Das Streaming war zwar gratis, die vielen Werbefenster nervten sie aber schnell, sodass sie das Angebot nicht mehr nutzte. Bis vor kurzem: Auf der Suche nach einem Film stiess sie auf die Online-Plattform Ibostream.de. Hier sollte sie sich registrieren, um streamen zu können. Vorname, Nachname, E-Mailadresse, akzeptieren. In einem zweiten Schritt kamen Adresse und Telefonnummer hinzu, danach konnte Gomes ihren Film schauen. In der Eile übersah sie allerdings den kleingedruckten Hinweis auf der ersten Seite: «5 Tage kostenlos testen. Danach 29,99€ pro Monat (Laufzeit 12 Monate).»
Die Rechnung liess nicht lange auf sich warten. Kosten: 359,88 Euro. Andrea Gomes erschrak: Ein Jahresabo wollte sie nie und braucht sie nicht.
Ähnlich ging es vielen weiteren Betroffenen, die sich in den vergangenen Monaten beim Beratungszentrum des Beobachters meldeten. Sie erhielten Rechnungen von folgenden Streaming-Portalen:
- Ibostream
- Sobastream
- Streamdome
- Tutoflix
- Streamogo
- Soloflix
- Kinoplex
- Lexflix
- Aloflix
- Windflix
Weitere unseriöse Streaming-Plattformen dokumentiert das Österreichische Institut für angewandte Telekommunikation (ÖIAT) in einer regelmässig aktualisierten Liste. Der Grossteil der zweifelhaften Anbieter ist online bereits nicht mehr auffindbar. Abgesehen von den verschiedenen Domains haben sie auffallende Gemeinsamkeiten: Die Websites weisen meist ein identisches Design auf, versenden eine Zahlungsaufforderung nach fünf Tagen und sind in England im Handelsregister eingetragen. Wahrscheinlich steckt jeweils derselbe Anbieter hinter der Masche, wie Onlinewarnungen.de vermutet.
Besonders dreist: Einige der Plattformen, so zum Beispiel Aloflix, haben Videos falscher Anwälte auf Youtube geladen. Googelt man nun «Aloflix Rechnung», so erscheint unter den Treffern prominent das Youtube-Video «AloFlix.de – Rechnung bezahlen?». In diesem erklärt ein Manfred Fischer, weshalb die Kosten zu begleichen sind. Der selbsternannte Anwalt für Allgemeines Vertragsrecht ist aber weder online noch im deutschen Anwaltsverzeichnis auffindbar. Auch lässt sich das Video nicht kommentieren.
Gleich vorweg: Wer seine Lieblingsserie streamt, muss kein schlechtes Gewissen haben – das ist in der Schweiz legal. In anderen EU-Ländern müssen Nutzer von Streaming-Angeboten theoretisch mit einer Abmahnung rechnen. Dies, weil die Betreiber der Websites über keine Erlaubnis der Rechteinhaber verfügen, wie Rechtsanwalt Martin Steiger auf seiner Website schreibt. Doch darf die Rechnung auch ignoriert werden, wenn Ibostream auf ein kostenpflichtiges Abo hinweist?
«Wenn Sie Ihr Abonnement während der kostenfreien Testphase nicht abbestellen, wird Ihr Account automatisch auf einen Premium-Account mit einer Laufzeit von einem Jahr umgestellt», schreibt Ibostream in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf der Website. Kundenfreundlich ist das nicht, wie Beobachter-Experte Davor Smokvina erklärt: «Automatische Vertragsverlängerungen sind zwar legal und üblich. Da der Vertrag aber gar nicht erst gültig zustande gekommen ist, kann er auch nicht einfach automatisch verlängert werden.»
Ibostream weist auf der Website zwar auf die Kosten hin, allerdings in unzureichender Form: Die sogenannte «Button-Lösung», eine gesetzliche Regelung zur Erhöhung der Transparenz im Onlinehandel, schreibt vor, dass sich der Preis entweder gut sichtbar auf dem Button zur Annahme des Angebots oder in unmittelbarer Nähe davon befinden muss. Bei Ibostream steht der Preis oberhalb des Formulars, aber nicht neben dem Button. Ausserdem wird auf der zweiten Seite des Registrierungsvorgangs gar nicht mehr auf das kostenpflichtige Angebot verwiesen. Nutzer können den Hinweis also schnell übersehen. Ibostream wollte sich gegenüber den Beobachter nicht dazu äussern.
Betroffenen rät Davor Smokvina, die Forderung zu bestreiten: «Weisen Sie darauf hin, dass die Button-Lösung nicht eingehalten wurde. So weiss der Absender, dass Sie die Rechtslage kennen.» Zwar erhalten Betroffene meist noch einige E-Mails der Anbieter, Konsequenzen hat die Zahlungsverweigerung aber in der Regel nicht.
* Name geändert