Ein Verzeichnis mit Haken
Auf der Suche nach einem Psychotherapeuten stossen Patienten oft auch auf Psychotherapievergleich.ch. Doch Fachleute kritisieren das Verzeichnis der Swisscom.
Veröffentlicht am 3. Januar 2020 - 10:59 Uhr
Wer in einer Lebenskrise steckt, kann über die Website Psychotherapievergleich.ch Hilfe suchen. Diplomierte Psychotherapeutinnen und -therapeuten ärgern sich aber über das Portal, das Swisscom Directories betreibt. «Da tauchen Anbieter auf, die alles andere als Psychotherapie machen», kritisiert Philipp Thüler von der Föderation Schweizer Psychologinnen und Psychologen (FSP).
Tatsächlich finden sich auf dem Portal Dutzende Personen, die keinen akademischen Abschluss in Psychotherapie haben. Die Daten werden automatisch aus der Suchplattform Local.ch übernommen. Dort kann man sich ohne Uni-Diplom und anerkannte Weiterbildung in der Rubrik «Psychotherapie» eintragen. «Die Plattform suggeriert deshalb bei vielen Einträgen ein Fachwissen, das gar nicht vorhanden ist», so Thüler. Swisscom Directories argumentiert, dass man es als Betreiber der Plattform nicht als Pflicht erachte, «die fachliche Qualifikation der eingetragenen Anbieter zu überprüfen».
Noch etwas stört die FSP: Auf der Plattform lässt sich ein guter Platz auf der Trefferliste kaufen. Wer sogenannte Rankingpunkte erwirbt, erscheint weiter oben. Zudem können Patientinnen und Patienten Bewertungen abgeben. Worauf die beruhen und wie sie zustande kommen, ist nicht ersichtlich.
Nach einem Gespräch mit Vertretern der FSP gibt Swisscom Directories nun nach. Durch einen Datenabgleich mit dem offiziellen Psychotherapeutenverzeichnis des Bundesamts für Gesundheit versuche man nun, «eine Plattform anzubieten, die ausschliesslich registrierte Psychotherapeuten beinhaltet». Bis Ende Februar 2020 soll es so weit sein.
- Wählen Sie einen Therapeuten, der Mitglied in einem anerkannten Berufsverband ist.
- Vereinbaren Sie ein erstes Gespräch mit zwei verschiedenen Therapeuten, um vergleichen zu können. Schon in der ersten Stunde sollten Sie sich mit ihm oder ihr wohl fühlen. Eine gleichwertige, konstruktive Beziehung zwischen Patient und Therapeut ist entscheidend für den Erfolg.
- Fragen Sie den Therapeuten, ob er Erfahrung hat mit dem Problem, das Sie angehen wollen. Informieren Sie sich über die verschiedenen Therapierichtungen und entscheiden Sie gemeinsam.
- Vereinbaren Sie ein klares Therapieziel. Manchmal haben Patient und Therapeut verschiedene Ziele im Auge. Solche Diskrepanzen werden nur deutlich, wenn man darüber spricht.
- Es kann sinnvoll sein, eine Therapie vor Erreichen der Ziele zu beenden, vor allem dann, wenn Sie sich über längere Zeit nicht verstanden fühlen.
- Stecken Sie gemeinsam einen Zeitrahmen ab. Die genaue Therapiedauer ist zwar nicht immer vorhersehbar. Wenn Sie sich nach Ablauf der vereinbarten Zeit aber nicht besser fühlen, sollten Sie einen Wechsel in Betracht ziehen.
- Grundversicherung: Die Psychotherapie wird dann bezahlt, wenn sie ein Arzt – in der Regel ein Psychiater – durchführt. Der behandelnde Arzt muss nach 40 Therapiesitzungen den Vertrauensarzt des Versicherers über die Weiterführung der Therapie informieren, indem er einen Bericht einreicht. Gestützt auf die Beurteilung des Vertrauensarztes erteilt der Versicherer eine Kostengutsprache für weitere Sitzungen.
Die delegierte Psychotherapie ist ebenfalls bezahlt: Die verantwortliche Ärztin überträgt die Therapie einem Psychotherapeuten, der bei ihr angestellt oder in den gleichen Räumen tätig ist. Die Rechnung stellt die Ärztin; sie gewährleistet auch die korrekte Durchführung.
Wichtig: Sofern Sie in der Grundversicherung ein Prämiensparmodell gewählt haben, bei welchem die freie Arztwahl eingeschränkt ist (z.B. HMO) ist es notwendig, vorgängig Ihre Krankenkasse zu kontaktieren. Wenn Sie sicher gehen wollen, ob die Kosten in Ihrem Fall übernommen werden, verlangen Sie für bevorstehende Therapiesitzungen bei der Krankenkasse eine Kostengutsprache.
- Zusatzversicherung: Ein Grossteil der Krankenversicherer bietet ambulante Zusatzversicherungen an, in denen auch Beiträge an Psychotherapien enthalten sind. Eventuell hat man nicht-ärztliche Psychotherapie in einer Krankenkassen-Zusatzversicherung gedeckt. Eine Deckungsanfrage beim Versicherer verschafft Klarheit.
Allerdings muss eine medizinische Notwendigkeit bestehen, weshalb die meisten Krankenkassen die Überweisung durch einen Arzt verlangen. In jedem Fall sollte vorgängig geklärt werden, ob der gewünschte Therapeut auf der entsprechenden Liste des Versicherers ist.
- Eine Liste mit anerkannten Psychiatern in psychiatrischen Institutionen (nach Kantonen aufgeteilt) findet sich auf der Webseite der Schweizerischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie: www.psychiatrie.ch
- Eine Liste von Psychotherapeuten findet sich auch auf der Webseite der Assoziation Schweizer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten: www.therapieplatzvermittlung.ch
- Übersicht über die verschiedenen Ärzte-Organisationen im Bereich Psychiatrie: www.psychiatrie.ch
- Die Stiftung Pro Mente Sana bietet Personen mit psychischen Problemen rechtliche und psychosoziale Beratung an: www.promentesana.ch; Tel. 0848 800 858 (Normaltarif)
- Beim Dachverband Schweizerischer Patientenstellen erhalten Menschen Hilfe, die Opfer sexueller Übergriffe durch Medizinalpersonen wurden: www.patientenstelle.ch
2 Kommentare
Offenbar hatten Sie eine schlechte Erfahrung mit PsychiaterInnen oder PsychologInnen gemacht, was sehr bedauernswert und verletzend sein kann. Das ist sehr schmerzlich zu hören und tut mir sehr leid! Ich kann nur für die PsychologInnen sprechen: PsychologInnen werden durchaus sehr gründlich ca. 4-6 Jahre "getestet" und bei persönlicher Nichteignung von den Weiterbildungen ausgeschlossen. Denn PsychologInnen für Psychotherapie haben mindestens 200 Stunden Supervision in ihren obligatorischen (postgradualen) Fach-Weiterbildungen nach dem Psychologiestudium, inklusive vieler Videos von Therapiesitzungen, wo sie beobachtet werden und auch Unterstüzung von erfahrenen PsychologInnen bekommen, um ihr therapeutisches Vorgehen und Verhalten zu verbessern. Dennoch sind PsychologInnen für Psychotherapie auch in ihrem weiteren Berufsleben verpflichtet, viele Weiterbildungen und Supervisionen zu absolvieren (mindestens zwei Wochen pro Jahr bzw. 80 Stunden pro Jahr). Sie sehen, es wird sehr viel getan, doch Missverständnisse, ungeschicktes oder gar falsches Verhalten eines/r TherapeutIn kann es trotzdem mal geben. Ich hoffe, dass Sie eine gute Unterstützung finden, z.B. hier: http://www.psychologie.ch/psyc…
Leider sind z.B. selbständige PsychologInnen für Psychotherapie nur durch die Zusatzversicherung teilweise gedeckt (Stand Februar 2020). Dies soll sich bald in den nächsten 1-3 Jahren ändern (dafür aber die delegierte Psychotherapie in der Grundversicherung aufgehoben werden): Jedoch ist dies tatsächlich ein Versprechen seitens des Bundes, welches insgesamt schon 25 Jahren alt ist. Wir werden also sehen....
Gerade auch bei PsychiaternInnen und PsychologenInnen, gilt leider auch: ein Diplom, ist keine Garantie für effektive Eignung der Leute, welche diesen Beruf ausüben! Auch diese Berufsgruppe, wird - leider und - immer noch nicht auf wichtige, effektive Eignung (Persönlichkeit, Charakter, Umgangsformen...) getestet!? Ein klares Manko, welches sich im Berufsalltag bei vielen zeigt!?