Lassen sich Falten wirklich verhindern?
Schlaf, Vitamine, Botox, Laser: Die Empfehlungen gegen das Altern sind endlos. Doch was wirkt tatsächlich?
Veröffentlicht am 24. August 2020 - 10:30 Uhr
Ein Morgen irgendwann Ende zwanzig, Anfang dreissig. Man wacht auf, geht ins Bad, schaut in den Spiegel und fragt sich, wie man über Nacht um fünf Jahre altern konnte. Plötzlich sind da die feinen Linien am Hals und auf der Stirn, die man bislang nur bei allen anderen bemerkt hatte. Plötzlich ist der Teint nicht mehr ganz so frisch und ebenmässig. Plötzlich sind hier einige kleine rote Flecken, die nicht verschwinden wollen, und dort unschöne Pigmentstörungen vom letzten Sonnenbrand .
In diesem Moment schwant es einem: Von hier aus gehts hauttechnisch nur noch bergab. Selbstverständlich darf man diese Sorge nicht laut äussern, denn «Falten erzählen eine Geschichte», «Falten machen ein Gesicht erst interessant », und wehe der, die zugibt, dass sie gleich nach dem verstörenden Blick in den Spiegel «Botox» und «Anti-Aging» gegoogelt hat.
«Sind Anti-Aging-Behandlungen notwendig? Absolut nicht! Ist es dennoch vielen Menschen wichtig, wie sie aussehen ? Ja, war es schon immer und ist es mehr denn je», sagt Inja Allemann, Fachärztin für plastische Chirurgie und für Dermatologie sowie Expertin für Lasermedizin. Und tatsächlich: Wenn man sich die jährlich wachsenden Zahlen des globalen Schönheitsmarkts anschaut – ein Multimilliarden-Dollar-Geschäft –, scheint das Bedürfnis in der Tat riesig.
Doch auch mit den modernsten Hautcremes und fortschrittlichsten Eingriffen kann der Zahn der Zeit nicht gänzlich aufgehalten werden. Die sogenannte intrinsische Hautalterung wird durch die Gene bestimmt. Wie gewichtig dieser Anteil ist, ist wissenschaftlich nicht eindeutig erwiesen. «Schätzungsweise sind es 10 bis 20 Prozent unserer sichtbaren Hautalterung», erklärt Laurence Imhof, Leiterin Physikalische Therapie und Ästhetische Dermatologie am Unispital Zürich.
Gut 80 bis 90 Prozent der sichtbaren Hautalterung werden dagegen durch sogenannte extrinsische Faktoren beeinflusst und sind folglich verhaltensabhängig. Ganz eindrücklich zeigten das verschiedene Zwillingsstudien, bei denen jeweils einer der Zwillinge rauchte. Die Forscher kamen zum Schluss, dass der Alterungsprozess bei den Rauchern vor allem an Augenlidern, Lid- und Tränensäcken zu sehen war. Da das Rauchen die Elastizität der Haut vermindert, traten aber auch mehr Radiärfältchen auf, die unmittelbar am Oberlippen- und Unterlippenrand entstehen.
Mindestens ebenso entscheidend ist in Bezug auf die Hautalterung die Sonnenexposition . Wie frappant sich diese auf die Haut auswirken kann, zeigte etwa das Bild eines LKW-Fahrers aus den USA, das vor einigen Jahren im «New England Journal of Medicine» veröffentlicht wurde. Während die rechte Gesichtshälfte des damals 69-Jährigen zwar dem Alter entsprechend, aber doch relativ glatt wirkte, war die linke Hälfte mit Falten übersät. Der Grund: Am Steuer seines Lastwagens war über Jahrzehnte nur seine linke Gesichtshälfte der Sonne ausgesetzt. Die andere lag im Schatten.
Die Ernährung kann die Haut ebenfalls stark beeinflussen – auch im positiven Sinne. So tragen Nahrungsmittel, die reich an Vitamin A und C, Antioxidantien und Omega-3-Fettsäuren sind, durchaus zu einem positiven Hauteffekt bei, wie Ärztin Allemann bestätigt. Insbesondere Heidelbeeren, Karotten, Avocados und fetter Fisch sind in diesem Zusammenhang richtiggehende Superfoods. Da enden die Möglichkeiten der Anti-Aging-Behandlungen, die durch den Magen gehen, aber bereits.
Der aktuelle Hype um Kollagen- und Hyaluronsäurekapseln, die gemäss Werbeversprechen Falten von innen her bekämpfen, seien kompletter Unfug. «Kollagen und Hyaluron müssen in unserer Haut lokalisiert sein. Schluckt man solche Kapseln, werden die Wirkstoffe im Magen zersetzt. Das ist reines Marketing und bringt überhaupt nichts», so die Fachärztin. Auch Laurence Imhof vom Unispital Zürich sagt: «Es gibt derzeit keine soliden wissenschaftlichen Daten, die belegen, dass diese Präparate tatsächlich Wirkung zeigen.»
Anders sieht es hingegen beim Retinol aus, einem natürlich vorkommenden Retinoid ( Vitamin A). Dieses wird mit tierischer Nahrung vom Körper aufgenommen. Retinoide sind unter anderem für das Wachstum, den Aufbau und die Funktion von Hautzellen sowie die Herstellung von Kollagenfasern entscheidend und beim Thema Anti-Aging deshalb besonders relevant. «In Anti-Aging-Cremes haben Retinol und seine chemischen Abkömmlinge erwiesenermassen die besten Effekte, wenn es darum geht, die Hautalterung zu bekämpfen», so Imhof. Das Problem sei bei vielen Produkten allerdings die Stabilität. So zersetze sich der Wirkstoff häufig bereits, bevor er in die Haut eindringen könne. Die Konzentration der Wirkstoffe ist ebenfalls entscheidend.
«Viele Kosmetikprodukte weisen eine viel zu geringe Konzentration auf. Jene mit dem stärksten Wirkungspotenzial sind wiederum verschreibungspflichtig», erklärt Imhof. Auch deshalb sei es für Laien schwierig, sich in dem Angebotsdschungel zurechtzufinden und nicht auf leere Werbeversprechen und zweifelhafte Studienergebnisse hereinzufallen.
«Das Wichtigste überhaupt ist ein vernünftiger Sonnenschutz. Ohne diesen kann man sich alle anderen Produkte sparen»
Inja Allemann, Fachärztin für plastische Chirurgie und für Dermatologie
Expertin Inja Allemann empfiehlt deshalb, sich lieber beraten zu lassen, anstatt Produkte anhand von Schlagworten und Werbeversprechen zu kaufen: «Eine wirksame Hautpflege braucht nicht nur die richtigen Wirkstoffe, sondern auch eine auf die Haut angepasste Formulierung, wenn sie das bewirken soll, was einem vorschwebt.»
Trotzdem gibt es auch einige allgemeingültige Tipps. «Das Wichtigste überhaupt ist ein vernünftiger Sonnenschutz. Ohne diesen kann man sich alle anderen Produkte sparen», so Allemann. Ergänzt durch Präparate mit Vitamin A und C sowie Antioxidantien kann ein gutes Hautpflege-Fundament geschaffen werden.
Doch selbst eine gut abgestimmte Pflegeroutine bewirkt keine Wunder und dauert. Wer schnellere und stärkere Effekte sehen möchte, dem bietet sich eine schier endlose Palette an minimalinvasiven Schönheitseingriffen. Dazu gehören beispielsweise Faltenbehandlungen mit Botox oder Hyaluronsäure, Laserbehandlungen, um Fältchen zu glätten und Pigmentierungen sowie Rötungen zu reduzieren. Oder chemische Peelings und Microneedling, die für ein ebenmässigeres Hautbild sorgen sollen. «Es gibt nicht die eine Lösung für die Anti-Aging-Behandlung. Es kommt immer auf die Haut und vor allem die Wünsche der Patientin an», so Allemann.
Und was ist mit den Risiken? «Natürlich gibt es diese bei jedem Eingriff. Umso wichtiger ist es, dass man die Behandlung bei einem Experten durchführen lässt, der qualitativ hochwertige Produkte verwendet», mahnt Laurence Imhof vom Unispital Zürich. «Dann aber kann die Kombination aus wirksamen Pflegeprodukten und gezielten Eingriffen einem in der Tat ein jüngeres und frischeres Hautbild verleihen.»
Über die Jahre nimmt die Zellerneuerung der Haut ab, wodurch auch Kollagen, Elastin und der Wasseranteil im Gewebe schwinden. Talg- und Schweissdrüsen fahren ihre Produktion herunter. Gefässe und Poren vergrössern sich. Die Haut wird dünner, trockener und verletzlicher. Falten entstehen, das Hautpigment wird ungleichmässiger.
1 Kommentar
Viele Empfehlungen sind zweifelhaft. Schlaf, Vitamine, Botox und Laser sind gängige Vorschläge, aber ihre Wirksamkeit variiert. Schlaf und gesunde Ernährung sind wichtig, während äußere Maßnahmen wie Botox und Laser kurzfristig helfen können. Langfristig sind jedoch genetische Faktoren und der natürliche Alterungsprozess entscheidend. Vermeintliche Wundermittel sollten kritisch betrachtet werden, da nicht alle Versprechungen halten, was sie behaupten.
vgl. http://news-gesundheit.ch