SBB gewährt Rabatt nur für Auserwählte
Einzelne SBB-Kunden erhalten 500 Franken Rabatt auf das GA. Aber nur, wenn sie einen Brief von den SBB bekommen. Der Preisüberwacher kritisiert das.
Veröffentlicht am 14. März 2019 - 18:57 Uhr,
aktualisiert am 14. März 2019 - 14:06 Uhr
Rund 300'000 SBB-Kunden haben dieser Tage ein Schreiben erhalten. «Geniessen Sie freie Fahrt mit dem GA», frohlocken die SBB. Wer bis Ende April neu ein Generalabonnement kaufe, zahle dank dem personalisierten Gutschein für das 2.-Klasse-GA 500 Franken weniger, in der 1. Klasse 550.
Zum kleinen Kreis der potenziellen Profiteure zählen rund zwölf Prozent der Halbtax-Kunden . Wer schon ein GA besitzt, muss hingegen den Vollpreis bezahlen. Man habe nur jene Halbtax-Kunden angeschrieben, die möglicherweise ein Interesse an einem GA hätten, heisst es bei den SBB. Der Rabatt sei einmalig. Im Folgejahr müssten alle den Vollpreis bezahlen, derzeit 3860 Franken in der 2. Klasse.
Preisüberwacher Stefan Meierhans nennt solche Rabatte Treuestrafen. Sie entstehen, wenn langjährige Kunden mehr bezahlen müssen als Neukunden. Meierhans verweist auf die Wettbewerbsbehörde Grossbritanniens, die neu gegen solche Rabatte vorgeht. Bestehende Kunden sollten nicht mehr bezahlen müssen als neue, sagt die Londoner Behörde.
Vergünstigungen seien zwar kein Preismissbrauch, sagt Meierhans. Wenn aber ein Ungleichgewicht zwischen Neukunden und langjährigen Kunden entstehe, «müssen sich gerade die SBB als staatsnahes Unternehmen fragen, ob sich das mit dem Service-public-Gedanken verträgt».
Ausserdem hätten die treuen GA-Kunden eigentlich entlastet werden sollen. Auf Druck des Preisüberwachers haben die SBB letztes Jahr jedem GA-Besitzer ein Gutscheinbündel im Wert von 120 Franken geschickt. Das sollte unter anderem die starken Aufschläge beim GA etwas mildern. Denn der Preis des GAs ist stärker gestiegen als der Preis der Einzelbillette. Doch kaum ein Gutschein wurde eingelöst. Die SBB mussten für die GA-Kunden nur Gratisleistungen im Wert von rund sieben Millionen Franken erbringen, berichtet der «Blick». Maximal eingeplant waren 57,6 Millionen.
Die Konkurrenzfähigkeit des öffentlichen Verkehrs ist laut Meierhans gefährdet. Der Preisüberwacher erwähnt eine Studie, wonach rund drei Viertel der Bevölkerung das Preis-Leistungs- Angebot der SBB als schlecht oder gerade genügend erachten.