Vorsicht vor 0901-Nummern
Eine neue Betrugsmasche ist in Umlauf: Betrüger geben sich beispielsweise als Post-Mitarbeiter aus, um Opfer dazu zu verleiten, eine kostenpflichtige 0901-Nummer anzurufen.
aktualisiert am 6. Oktober 2016 - 14:46 Uhr
Nicht immer sind Anrufe auf kostenpflichtige Nummern eine schlechte Idee: Die Hotline der SBB läuft ebenso über eine 0900-Nummer wie das Beratungstelefon des Kinderspitals Zürich. Und wer ab und zu bei Wettbewerben mitmacht, beispielsweise bei SRF, dem sind auch die Nummer mit der Vorwahl 0901 nicht unbekannt.
Doch leider gibt es immer wieder Versuche, Konsumenten mit Hilfe solcher Telefonnummern zu betrügen. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hat diese Woche dazu eine Warnung veröffentlicht: Unbekannte rufen an, um ihre Opfer unter verschiedenen Vorwänden dazu zu verleiten, eine kostenpflichtige 0901-Nummer anzurufen. Ein Anruf auf eine solche «Mehrwertdienstnummer» kostet in der Regel mehrere Franken pro Minute. Deshalb werden die Opfer möglichst lange in ein Gespräch verstrickt, was natürlich zu entsprechend hohen Telefonrechnungen führt. Bei diesem Vorgehen handelt es sich unter Umständen um eine absichtliche Täuschung – wenn bewiesen werden kann, dass der Anrufer besonders perfide vorgegangen ist.
Dem Seco sind unterschiedliche Varianten solcher Anrufe bekannt:
- Der Anrufer gibt sich als Mitarbeiter der Post aus. Er sagt, ein Paket sei falsch ausgeliefert worden.
- Der Anrufer verspricht einen speziellen Service für Rentner. Er erklärt, dass eine Beratungsstelle für gesellschaftliche, medizinische und rechtliche Fragen unter einer 0901-Nummer zu erreichen sei.
- Der Anrufer preist eine Gratis-Sprechstunde bei einer Hellseherin an.
- Der Anrufer erzählt, man habe eine Reise gewonnen.
Dabei handelt es sich um folgende Nummern: 0901 901 033, 0901 000 008, 0901 552 553, 0901 737 737, 0901 901 082, 0901 901 100
Interessant: Jede dieser Nummern wird vom Bundesamt für Kommunikation (Bakom) geprüft und freigeschaltet. Die Inhaber dieser Nummern lassen sich sogar auf der Seite der Bakom problemlos aufrufen (eofcom.ch/liste). Für die Nummer 0901 901 033 beispielsweise ist ein Karim Fassatoui eingetragen, wohnhaft in Frankreich. Als Korrespondenzadresse ist eine Anschrift in Mühlau AG angegeben.
Obwohl das Seco eine Warnung für diese Nummer veröffentlicht, bleibt diese (vorerst) in Betrieb. Wie kann das sein? «Es gibt Kriterien, die erfüllt werden müssen, damit jemand eine solche Nummer erhält», erklärt Bakom-Sprecher Reto Hügli. Jede Firma, die beispielsweise eine Korrespondenzadresse in der Schweiz angibt, könne eine solche Nummer beantragen. «Sind diese Bedingungen erfüllt, teilen wir die Nummer zu. Inhaltlich können wir die Angebote nicht prüfen.» Darum seien Beschwerden (beispielsweise wegen unlauterem Wettbewerb) direkt ans Seco zu richten. Aber auch das Bakom selbst überprüfe solche Nummern regelmässig, verspricht Hügli.
Grundsätzlich gibt es drei Kategorien solcher kostenpflichtiger Nummern:
- 0900: Business und Marketing (Helpdesk, Auskunftsdienste, Verkauf)
- 0901: Unterhaltung (Horoskop, Spiele, Wettbewerbe)
- 0906: Erotikdienste
Der Sinn solcher Nummern ist es, die Abrechnung zu erleichtern. Weil eine spezielle Dienstleistung angeboten wird, sind solche Anrufe teurer als ins normale Festnetz – es ist also eine einfache und durchaus legitime Ertragsmöglichkeit. Die gesetzliche Preisobergrenze für einen solchen Anruf liegt bei 10 Franken pro Minute oder einer Grundgebühr von 100 Franken. Maximal dürfen 400 Franken nicht überschritten werden.
«Diese Limiten sind natürlich sehr hoch angesetzt», bestätigt Hügli einen entsprechenden Einwand des Beobachters. Das habe seinen Ursprung darin, dass früher über solche Nummern oft Verkäufe getätigt worden seien, beispielsweise von Tickets. Das sei heute natürlich nicht mehr Gang und Gäbe, diese Aufgabe habe das Internet übernommen. «Deswegen gibt es auch immer weniger solcher Nummern», so Hügli. Im Jahr 2013 – eine neuere Zahl ist noch nicht verfügbar – wurden rund 52 Millionen Anrufe auf 090x-Nummern getätigt, 39 Prozent weniger als im Jahr davor (siehe Fernmeldestatistik des Bakom).
Tipps von Nicole Müller, Expertin Fachbereich Konsum im Beobachter-Beratungszentrum:
- Dubiose Anrufe lieber einfach abhängen und sich nicht in ein Gespräch verwickeln lassen.
- Den Zugang zu 090x-Nummern beim eigenen Telefonanbieter sperren lassen. Achtung: Das bedeutet aber auch, dass man 0900-Servicehotlines nicht mehr anrufen kann – oder diese, falls nötig, kurzfristig freischalten muss.
- Sind Sie getäuscht worden und haben auf eine 090x-Nummer angerufen? Dann können Sie in der Telefonrechnung den Betrag für dieses teure Telefongespräch abziehen und nur den Rest einzahlen. Parallel dazu muss man in einem eingeschriebenen Brief gegenüber dem Telefonanbieter geltend machen, dass der Betrag aufgrund einer absichtlichen Täuschung nicht geschuldet ist. Findet man keine Lösung, kann man sich an die Schlichtungsstelle Ombudscom wenden.
- Beschwerde beim Seco einreichen: Wenn genügend Beschwerden gegen eine Nummer eingereicht werden, d.h. «Kollektivinteressen» verletzt sind, kann gegen den Inhaber der Nummer vorgegangen werden. Mehr Informationen dazu gibt es beim Seco.
Ausführliche Informationen zu sämtlichen Vorschriften finden Sie in der Bakom-Informationsbroschüre «Nummern, die kosten».
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